Livehaftig

BLIND ILLUSION, FUSION BOMB, HATEFUL AGONY

~ 13. September 2019 , Rangierbar/Moshpit, Flörsheim ~


Freitag der 13., theoretisch eher ein ungeeigneter Tag, um eine Tour zu beginnen, insofern man abergläubisch ist. Aber die US-Veteranen BLIND ILLUSION, und mit ihnen die Luxemburger FUSION BOMB sowie HATEFUL AGONY aus München, zeigen dem 13. den Mittelfinger und starten hier die mit „The Slam Asylum Tour 2019“ betitelte Tour. Letztgenannte Band ist an diesem Abend für die ursprünglich angekündigten STAGEWAR eingesprungen, die den Gig ihrerseits canceln mussten.

Der Eintritt an der Abendkasse beträgt gerade einmal schlappe 9 Euro!  Nochmal 9 Euro! Das ist wohl etwas Unterpreist. Mit 15 Euro wäre wohl jeder Band mehr gedient gewesen. Nur so ein Gedanke.

Der kleine Club oder besser Bar ist voll und vor allem heiß. Die Münchner HATEFUL AGONY beginnen pünktlich. Ich stehe allerdings da und staune nur Fragezeichen. Das sind HATEFUL AGONY? Ähm, auf ihrem letzten Album `Plastic Culture Pestilence` (Review siehe hier) sieht man auf der Rückseite des Albums ganz andere Musiker!?  Der Vierer prügelt ganz gut einen runter, aber irgendwie hat das gesanglich nicht mehr viel mit dem Album zu tun,  ansatzweise kommt das nun deutlich zu deathig für meine Begriffe. Überhaupt wirkt das Geballer roh, weniger zu vergleichen mit der Mucke des Albums.

Interessant ist allerdings der Basser. Ein Afrodeutscher (ist das heutzutage noch politisch korrekt, ohne gleich gegeiselt zu werden?). Geiler Typ mit einem irren Stageacting, das irgendwie an die durchgeknallten Moves eines Flea von den RED HOT CHILI PEPPERS erinnert.  Für ihn ist die Bühne eigentlich zu klein.

So gesehen kann die Truppe die Klasse des erwähnten letzten Albums nicht halten, man klingt einfach etwas platt und leider zu durchschnittlich, denn das Album war ein schöner Arschtreter. Nach der Show klärt sich auf, was meinerseits für stirnrunzeln sorgte. Bis auf den Drummer Tom Hörbe sind die Jungs neu in der Band. Der ausgetauschte Rest der Band wollte nur am Wochenende spielen, Tom hat da mehr Motivation und so trennte man sich.

Während man vor dem kleinen Laden bis zum Start von FUSION BOMB frische Luft tankt und Szenentalk betreibt, läuft BLIND ILLUSION Bandleader Mark The Biederman zwischen den Fans durch, scherzt und redet mit jedem der ihn anspricht und gibt Autogramme. Mit den ersten Tönen von FUSION BOMB strömt wieder alles in die „Sauna“.

Die Luxemburger brauchen zwei bis drei Songs bis sie richtig auf Betriebstemperatur sind und liefern dann höchst effizient. Das ist schon ein deutlicher Qualitätssprung von HATEFUL AGONY zu FUSION BOMB. Sänger Miguel Teixeira Sousa ist ein Haarmonster und lässt seine Matte massiv kreisen. Drummer Scott Kutting ist die coolste Sau des Abends. Wer steigt schon mit grünglänzenden, engen Sportshorts hinters Drumkit!?!? Überhaupt ist das Outfit der Jungs im wahrsten Sinne des Wortes „sportlich“….

50 Minuten lang massakriert das Quartett einem die Ohren – mit knalligen Riffattacken und einer äußerst rotzigen Spielweise a la Old School Thrash Metal zu glorreichen Bay Area-Zeiten. Die Ansagen sind kurz, die Mucke massiv. Kollektives bangen vor der Bühne und Mähne schütteln. FUSION BOMB überzeugen, keine Frage. Ein würdiger Opener für die kommenden Shows mit BLIND ILLUSION. Ihr amtliches Debüt `Concrete Jungle` liefert die Songs für diesen Abriss.

Während unten FUSION BOMB einem die Rübe abschrauben, zieht sich oben, neben dem Merch-Stand, Mark von BLIND ILLUSION um und macht sich für den Auftritt fertig.

Nach einer kurzen Umbaupause steht der US-Vierer in der Formation wie beim KIT-Auftritt auf der kleinen Bühne. Dass BLIND ILLUSION rückblickend gesehen nie zur ersten Garde der Bay Area zählten, ist nicht wegzudiskutieren. Ihr 1987er Debüt `The Sane Asylum` war zwar auf eine Art anspruchsvoll, wurde aber weitgehend übergangen. Dass die Band über die Jahre hinweg immer wieder genannt wurde, liegt einzig und alleine, und das muss ebenfalls ehrlicherweise erwähnt werden, am Mitwirken von Ley Claypool, der später mit PRIMUS durchstartete sowie Larry LaLonde, der ebenfalls mit PRIMUS zu Ruhm und Ehre kam und seinem Anteil an POSSESSED. Wären diese beiden Musiker nicht gewesen, wären BLIND ILLUSION heute wohl Geschichte. Meine kleine Einschätzung.

Trotz all dem ist das aktuelle Line-up eine echte Maschine. Das Gitarrendoppel Doug Piercy und Mark The Biederman liefert eine Gitarrenwand die in der ersten Liga anzusiedeln ist. Überhaupt ist Mark ein total unterschätzter Gitarrist, das muss man einmal sagen.

BLIND ILLUSION wirken an diesem Abend wie ein Presslufthammer. Kraftvoll, extrem energisch und mit einem Mordsbums liefert man hier seine Songs. Schon der Einstieg mit `Vengeance Is Mine` und dem angehängten `Slow Death`(von dem Tape-only-Release gleichen Namens) lässt die Kauleiste absacken. Feinster Thrash Metal mit leichten Prog-Einschlag in formvollendeter Art. Äußerst furios wird geliefert.

Der Spielwitz ist enorm und Mark ein netter Entertainer zwischen den Songs. Dougs Einlagen in Deutsch sind auch lustig und so scherzen die beiden Klampfer immer wieder miteinander. Basser Tom Gears liefert präzise, während Drummer Erik Cruz wie eine Maschine den Takt vorgibt. Die Hitze ist inzwischen fast schon unerträglich, was auch an Mark nicht spurlos vorbeigeht und er die Bitte äußerst, in den Songpausen mal kurz die Tür nach draußen zu öffnen. Interessiert aber keinen.

Derweil liefert man weiter. `Death Noise`, `Smash The Crystal`, `Kamikazi`, `Race With The Wizard`, `Metamorphosis Of Monster` etc… und ein brandneuer Track namens `Crow Bar` findet sich auf in der Setlist. In dieser Form fegen die „alten Säcke“ einen Großteil der jungen Bands locker weg. Der Auftritt ist beeindruckend, mehr kann man echt nicht sagen. Hat sich der Weg in die Pampa doch gelohnt.

 

Fanfreundlich werden die Tour-Shirts für schlappe 15 Euro verkauft. Die EP für einen Fünfer. Überhaupt hat man ein ordentliches Merch-Programm am Start – zu fairen Preisen. So muss Untergrund sein.