JahresrückblickeMeilensteine

Die wunderbare Hälfte 2018

Halbjahresbilanz 2018


Die Tage des Jahres 2018 schreiten viel zu schnell voran, viel zu viele heiße Langeisen sind in der ersten Jahreshälfte bereits erschienen. Nicht alle können wir in aller Schnelle nochmal aufzählen. Zudem sind die Geschmäcker wie immer sehr verschieden. Da sich außerdem die nächsten Highlights der kommenden Monate ankündigen, wenden wir heute nochmal einen Blick auf das erste Halbjahr und präsentieren Euch die drei Lieblingsscheiben unserer Redakteure. Vorhang auf für die 15 unentbehrlichsten Stunden des bisherigen Jahres 2018:

 

DAUTHA – Brethren Of The Black Soil

(von Ludwig Krammer)

Pic: Christer Gustafsson

Dynamisch, vielschichtig, tief wie der Marianengraben – dramatischeren Doom-Metal als DAUTHA spielt derzeit keine Band der Welt. Ola Blomkvist hat den Geist der aufgelösten GRIFTEGARD erfolgreich in ein neues Gewand gekleidet, ‚Brethren Of The Black Soil‘ füllt in seinen 58 Minuten sämtliche Seelenkammern mit intensivster, inspirierender Musik jenseits aller Genre-Schablonen. ‚In Between Two Floods’ birgt ganz nebenbei die Refrain-Melodie des Jahres. Meisterwerk!

 

 

BATTLEROAR – Codex Epicus

(von Michael Haifl)

Mit dem epischen Kodex zeigen BATTLEROAR all den Legionen an Epic Metallern den Horizont auf, zu dem diese von nun an blicken müssen. Selbst wenn sich Ur-Anhänger noch immer nicht mit dem Gesang von Gerrit P. Mutz anfreunden können, müssen sie aufgrund dessen tiefgreifender Gesangsdarbietung mehr als nur den Hut ziehen.

´Codex Epicus´ spricht Doom-Kreuzträger, die sich in der letzten Dekade der Geschwindigkeit angenommen haben, sowie Power Metal-Echtheitszertifikatbesitzer an. In aller Klarheit dieser weitschweifigen Materie können BATTLEROAR nur mit edlen Kompositionen protzen, für die sich andere die kleine Fußzehe abschneiden lassen würden, zeigen sich sogar mit ihrem Heros Mark Shelton in bester Gesellschaft und ohne ihren ehemaligen Violinisten auf der Höhe ihrer Schaffenskraft.

 

 

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA – Sometimes The World Ain`t Enough

(von Jürgen Tschamler)

Der letzte Satz meines Reviews zum neuen NIGHT FLIGHT ORCHESTRA-Album war schlicht: Dance and swing – NFO is King! Diesbezüglich hat sich nichts geändert. Die Herren um SOILWORK-Sänger Björn Strid haben das tanzbarste Rockalbum des Jahres geliefert. Man hat es zwar nicht geschafft, den Vorgänger `Amber Galactic` zu toppen, agiert aber zu diesem Album leichtfüßig auf Augenhöhe. Interessanterweise haben sich inzwischen genug Nörgler geoutet was das neue Album betrifft. Dazu kann ich nur den Mittelfinger zeigen! Wenn es euch nicht passt, hört es euch nicht an…. Music is Entertainment. Und positive Unterhaltung gibt es auf diesem Album mehr als genug. Wo das Gros der Classic-/Vintage-Rock-Bands mehr und mehr an Schärfe und Innovationen verliert, legen NFO vor, bzw. sie integrieren mehr Seventies-Disco-Aspekte in ihren Sound als manche vertragen können. Und NEIN, Retro Rock ist nicht zu reduzieren auf das covern von BLACK SABBATH-Riffs, THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA beweisen das. `Sometimes The World Ain`t Enough` ist einfach ein Album für die gute Laune mit unverwechselbaren Songs – und ragt aktuell im Veröffentlichungswahn der Labels meilenweit raus.

 

 

VELVER VIPER – Respice Finem

(von Less Leßmeister)

Ich muss an eine alte Prophezeihung aus der Kinowelt des Monumentalfilms der frühen Achtzigerjahre denken, wenn ich einigermaßen würdige Worte für das Comeback des laufenden Jahres finden will: „Sie wird kommen. Aus dem Norden. Sie wird die Schlangen dieser Erde zermalmen.“ Vielleicht etwas zu martialisch für unsere friedfertige Herzensindianerin, aber sie überzeugt mit dem besten teutonischen Metal, der dem großen Richard Wagner möglicherweise auch gefallen hätte. Stärker als je zuvor erhebt sich Jutta wie ein Phönix aus der Asche, um der Welt eindrucksvoll zu zeigen, welche Königin des Thrones wahrlich würdig ist.

 

 

MESSA – Feast for Water

(von U.Violet)

Schwarz die bodenlose Stimmung absoluter Düsternis, Weiß das pure Pulver unbefleckter synaptischer Empfängnis, Scharlachrot der sehnsuchtsvoll zerbissene Mund – Schneewittchen des Doom.

Blues, Post Rock, Dark Jazz, Sludge – diesmal geben MESSA, indem sie zurücknehmen; Spannungsaufbau, Geschwindigkeit, Effekt, auch Saras betörend-kraftvolle Stimme werden ausschließlich zu einem Zweck dosiert: der hypnotischsten Neuinterpretation des Genres in diesem (Halb)Jahr. Augenblicklich suchterzeugend – you’ll instantly forget your limits!

 

 

BULLET – From Dust To Gold

(von Ludwig Krammer)

Während AUDREY HORNE auf ihrem jüngsten Album in meinen Ohren leicht schwächelten, haben die Rock’n’Roll-Tiere aus dem Stall BULLET erneut Überzeugendes abgefeuert. ‚From Dust To Gold‘ fliegt auf Augenhöhe mit dem überragenden Vorgänger ´Storm Of Blades‘ und entfaltet seine ganze Kraft im fantastischen Schlussdoppel ‚Hollow Grounds‘ und ‚From Dust To Gold‘, das beweist wie lebendig der echte Heavy Metal auch am Ende seines fünften Lebensjahrzehnts noch klingen kann.

 

 

HOWLING SYCAMORE – Howling Sycamore

(von Michael Haifl)

So viele Monde scheinen bereits vergangen. Dabei stieg dieses Debüt gerade erst zu Beginn des Kalenderjahres empor. Ein Monolith aus Metall und Avantgarde, ein Eisberg im schmelzenden Polareis der Kreativität und des Einfallsreichtums.

Dabei strahlen HOWLING SYCAMORE bereits aus der Ferne dunkelrot und schwarz herüber. Wer diese farbigen Töne aufsaugt, dürfte niemals enttäuscht werden. Eine außergewöhnliche Bandkonstellation sorgt für die Aufmerksamkeit – Sänger Jason McMaster (ex-WATCHTOWER) steht für die metallische Gesangskraft, Gitarrist Davide Tiso (ex-EPHEL DUATH) für die dunkle Avantgarde – und das Songmaterial für offene Münder.

Dass sie mit einer erlesenen Mittäterbande ein überraschendes Werk abliefern würden, war nicht auszuschließen. Dass sie jedoch solch ein aufsehenerregendes, selbstbetiteltes Debüt erschaffen könnten, stand nicht auf dem Spielplan für dieses Jahr. Haltet offene Ohren bereit.

 

 

THY CATAFALQUE – Geometria

(von U.Violet)

Pic: Aurelija Karaliunaite

Der humusreiche Nährboden der weitläufigen Black Metal-Taiga bringt so manch wundersame Pflanze hervor, die in unberührter Wildnis und vollkommener Freiheit farbenprächtige Triebe ausschlägt. Weitab von Trends und seit ’Rengeteg’ ganz im Alleingang bringt Soundtüftler Tamás Kátai seine anspruchsvollen, aber stets überzeugenden musikalischen Ideen in die Welt, und mit jedem weiteren Album zu vollerer Blüte. Solide Black Metal-Wurzeln in Symbiose mit wucherndem Ambient/Electro, urwüchsigem Neo-Folk, waberndem Dark Wave und schlingendem Jazz streben kraftvoll in die Höhe, umschwebt von ätherischen Frauenstimmen, und entführen in eine unbekannte Welt, mehr Dschungel als Parklandschaft, die es langsam und genüsslich zu entdecken gilt.

Manche überragen einfach alles um sie herum. Dies ist solch ein prachtvolles Gewächs. Oder um es mit Paul Celan zu sagen: ‚Ein baumhoher Gedanke greift sich den Lichtton’ – und zeichnet damit göttliche Melodien ans Firmament.

 

 

LORD VIGO – Six Must Die

(von Less Leßmeister)

Letztes Jahr mit ‘Blackborne Souls‘ noch in der allgemeinen Liste der Empfehlungen, dieses Jahr mit ihrem DRITTEN Longplayer mehr als würdig für eine Einzelvorstellung.

Ja, das DRITTE vollständige Album. Die METAL ARCHIVES als Rechercheplattform in allen Ehren, aber mir schwillt der karpatische Kamm, wenn ich trotz Klarstellung vom März anno 2017 immer wieder lesen muss, dass kaum jemand trotz schicken Interviews mit der Band ihren Erstling unter dem Demo-Tisch hervorkehrt. Um fünfzehn Minuten erweitert mit zwei der besten Nummern der Bandgeschichte ‘The Sirens‘ und ‘In Pago Aquilensis (Odium)‘ – letzteres wurde oft als Höhepunkt der Liveshow zelebriert – kann ich doch nicht einer der wenigen sein, der der CD als auch Vinylveröffentlichung von ‘Under Carpathian Sun‘ gehorcht.

Nun gut, der Nebel meiner Verärgerung lichtet sich und macht Platz für das beste epische Kauzmetalalbum dieses laufenden Jahres aus deutschen Landen. Zweimal von uns poetisch und im Detail beleuchtet, lässt sich nichts mehr hinzufügen, als den Nonconnaisseur eindringlich darauf hinzuweisen: LISTEN closely…and obey!

 

 

MUSTASCH – Silent Killer

(von Jürgen Tschamler)

Mit `Silent Killer` melden sich MUSTASCH mehr als amtlich zurück. Ich hatte die Band lange nicht mehr auf dem Schirm, was auch an den nur durchwachsenen letzten Alben lag. Auf `Silent Killer` haben sie sich aber wieder auf ihre Stärken konzentriert. Die hießen in der Vergangenheit Groove, Power, Spielwitz und fette Riffs. Die gibt es auf `Silent Killer` wieder Pfundweise. Und dazwischen finden sich ein paar Tracks, die mit zum Besten gehören, was jemals von MUSTASCH veröffentlicht wurde. Allen voran der groovig-melodische Überflieger `Barrage`. Einer der Top-5 Songs des Jahres 2018 bisher. Der Groove stampf einen in Grund und Boden, die Melodie verfolgt einen wochenlang und den Refrain brüllt man unkontrolliert mit! Immer und überall. Ein Monstertrack! Nicht viel schlechter `Winners`, `Liberty`, `Grave Digger` oder `Lawbreaker`, um die fettesten der fetten Tracks zu nennen. Das Bild auf dem Cover ist da irgendwie selbsterklärend! `Silent Killer` ist ein krachendes Statement von MUSTASCH, das ganz klar nur eine Aussage macht: Wir sind zurück!

 

 

OLD MAN WIZARD – Blame It All On Sorcery

(von Less Leßmeister)

DIE musikalische Überraschung und Erleuchtung kommt dieses Jahr samt ultrakultigem Cover aus Südkalifornien. Selten hat es mir während des ersten Hörens einer Platte den Musikradar in so viele klassische Stilrichtungen verbogen wie dieser Zweitling, der so angenehm uralt und doch so up-to-date klingt, dass es eine wahre Freude ist. Mystisch und musikalisch, mal hart – mal zart. Am Ende dieses musikalischen Meisterwerks vernehme ich in meinem inneren Ohr die Stimme meiner Holden, die mit Begeisterung fordert: „NOCHMAL!“

 

 

MANACLE – No Fear To Persevere

(von Ludwig Krammer)

Pic: Kimo Verkindt

Die mitreißendste US-Metal-Scheibe des ersten Halbjahres kommt aus Toronto. Die 2013 gegründeten MANACLE haben es geschafft, die Energie ihrer Demos in einer herausragenden LP zu bündeln, die jedem Fan von Kultkapellen wie frühen QUEENSRYCHE, FATES WARNING, LIEGE LORD oder OMEN das junggebliebene Herz wärmen sollte. Speziell Sänger Kevin Pereira weiß, mit seiner hohen, kraftvollen und niemals aufdringlichen Stimme zu überzeugen, die ausgefeilten Riffs und das stringente Songwriting sorgen dafür, dass einem die sechs Songs nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Einziges Manko: Nach 28 Minuten ist der Spaß schon vorbei. We! Want! More!

 

 

ALKALOID – Liquid Anatomy

(von U.Violet)

Pic: Christian Martin Weiss

Frickelei und Spaß dabei – geht nicht? Geht doch! Die deutsche Prog Death-Allstar-Kapelle macht’s vor, zum zweiten Mal servieren die instrumentalen Kapazitäten ein buntes Potpurri verspielter (sic!) Soli, vertrackter Rhythmen und songwriterischer Finesse, stets garniert mit Moreans allwettertauglicher Stimme. Die Spielfreude springt einem schier aus den Lautsprechern entgegen, noch vorwitziger als beim Debüt wird sich hemmungslos aus allen Regalen des musikalischen Supermarktes bedient und schamlos-schräg mit metallhistorischen Versatzstücken jongliert, um ein prächtiges Brillanz-Feuerwerk zu zünden, das im Hörer noch lange Nachglühen wird. Überflieger-Alarm!

 

 

WITCHSKULL – Coven`s Will

(von Jürgen Tschamler)

Das australische Trio ist endlich dort angekommen, wo es hingehört: Bei Rise Above Records. Satte drei Jahre musste man auf neues Futter warten, um festzustellen, dass sich nichts, aber auch gar NICHTS am Sound geändert hat. Und das ist gut so. Denn die Intensität, mit der das Trio seine Stoner- bzw. Power Doom-Hymnen in den Kosmos schmettert, wird nur selten von anderen Bands erreicht. Denn die Herren legen Wert auf ultimative Riffs und noch ultimativere Rhythmen. `Coven`s Will` ist in Sachen mächtigen Riffs mit imposanter Melodramatik nicht zu überbieten. Die Songs marschieren kraftvoll nach vorne, manchmal fast schon an der Grenze zum Power Metal. Und das macht dieses Album so wertvoll, denn man grenzt sich klar von den Genrekollegen ab. `Coven`s Will` ist ein Breitwand-Riffmonster mit simplen, aber brutal intensiven Akkorden das jedoch mit einer hohen Musikalität glänzt. Es wird Zeit, dass die Herren die deutschen Clubs abfackeln.

 

 

NECROS CHRISTOS – Domedon Doxomedon

(von Michael Haifl)

´Domedon Doxomedon´ ist Alpha und Omega. Ein Album, ein Kreislauf. Α und Ω einer Schöpfung, der Geschichte von NECROS CHRISTOS, sowie des historischen Christ.

Alles hat seinen Sinn, alles eine Bedeutung. Die Tore als Eintritt, die Tempel als Aufenthaltsort, in ein eigenes Universum – in das von NECROS CHRISTOS, in ein biblisches. Die Dreifaltigkeit, die dreifache Dreifaltigkeit.

´I Am Christ’ nimmt den Anfang, ´In Meditation On The Death Of Christ´ beschließt die Erzählung, schließt das Kapital NECROS CHRISTOS ab und setzt ein Ende unter Christ und Anti-Christ. Die Vollendung der NECROS-Trinity.

Solange wir auf den dritten Christ warten, hören wir unentwegt – notfalls unentwegt bis in alle Ewigkeit – ´Domedon Doxomedon´, natürlich auf Dreifach-Vinyl.

 

 

Diese Schönheiten sind obendrein schwer zu entbehren:

AMORPHIS – Queen Of Time
ANTLERS – Beneath.Below.Behold

CRONE – Godspeed
DUKES OF THE ORIENT – Dukes Of The Orient
GALAHAD – Seas Of Change

GHOST – Prequelle
ANNA VON HAUSSWOLFF – Dead Magic
KATAKLYSM – Meditations
KHEMMIS – Desolation
LEGEND OF THE SEAGULLMEN – Legend Of The Seagullmen
LEVIATHAN – Can’t Be Seen By Looking: Blurring The Lines, Clouding The Truth
NECRYTIS – Dread En Ruin
OPEN BURN – Divine Intermission
PINIOL – Bran Coucou
THE RECORD COMPANY – All Of This Life
SPIDERS – Killer Machine
STRYPER – God Damn Evil
SUBSIGNAL – La Muerta
VISIGOTH – Conqueror’s Oath
JONATHAN WILSON – Rare Birds
WYTCH HAZEL – II: Sojourn

 

Welch eine Qualität das erste Halbjahr zu bieten hatte, zeigt sich an der Tatsache, dass Alben des Monats nur in der Schönheitsliste am Ende gewürdigt werden. Eine ausgewogene Mischung der erlesensten Scheiben war uns in der Vorstellung der einzelnen Lieblingsscheiben auch wichtig. Bevor Ihr Euch also auf die Neuheiten der kommenden Monate stürzt, solltet Ihr ruhig nochmals einen Blick auf diese Werke des ersten Halbjahrs 2018 werfen.

Euer STREETCLIP-Team

Ute, Ludwig, Less, Jürgen und Michael