Livehaftig

LAZULI – Saison 8 Tour

15.04.2018, Substage Café, Karlsruhe


Wieso erst jetzt ein Bericht eines Konzerts vor fast zwei Monaten? Ganz einfach, zum einen war es ein unglaublicher Abend mit Langzeitwirkung, zum anderen war allein durch die diversen anwesenden Photographen davon auzugehen, dass mehrere Leute einen Bericht hierzu schreiben würden – nur, es gibt offenbar überhaupt keinen. Da das keinesfalls so bleiben kann, ruft die Chronistinnenpflicht ganz laut…mais voilà – et c’est parti!

 

  

 

An einem wunderschönen Frühlings-Sonntagabend rufen die führenden French Prog/World Music-Hippies nach Karlsruhe. Schon auf dem Hof winken wir uns fröhlich zu, während sie unterwegs zu einer Photosession sind – herrlich normale, geerdete und fröhliche Menschen, mit keinem Stück unnötiger Distanz zu ihren Fans. Die Halle wird anderweitig bespielt, also geht es hoch ins luftige, teilbestuhlte Substage-Dachcafé zum vermeintlichen Sit-In – doch dass aus letzterem nichts werden würde, wird recht schnell klar. Auch wenn das Durchschnittsalter deutlich höher ist als erwartet, lässt hier keine Seite, sei es auf der Bühne oder davor, stimmungsmässig etwas anbrennen, es wird vom ersten Lied an eifrig mitgesungen, getanzt und gejubelt.

 

 

Zumindest hier in Karlsruhe sind die Südfranzosen kein Geheimtipp mehr, schauen sie doch bei jeder Tour traditionell vorbei. Dass es nur ein Katzensprung über den Rhein in die Grand Nation ist, macht auch verständlich, wieso so viele ihrer Landsleute zu Besuch sind – sie lassen sich einen Abend voller Lebensfreude (’J’attends un Printemps’, ’Je te Laisse ce Monde’), leiser, nachdenklicher (Das beklemmende ’Les Cotes’ zum Flüchtlingsdrama auf dem Mittelmeer, ’Un Linceul de Brume’, ’ Le Temps est à la Rage’ mit den ganz hohen Tönen von Dominiques kristallklarer Stimme) wie auch kraftvoll lauter Töne (’Mes Semblables’, ’Le miroir aux alouettes’) nicht entgehen.

 

 

LAZULI haben ihre neue Platte ’Saison 8’ im Gepäck, die sie in Originalreihenfolge vorstellen und zwischen die neuen Lieder vor allem solche der letzten drei Alben einflechten. Das neue, eher nachdenklich-melancholische Material scheint vielen im textsicheren Publikum bereits bekannt zu sein, aber auch der Neuling kann sich in die wunderbaren Melodien vor allem der Léode (dem von Claude Léonetti entwickelten, einzigartigen Gitarren-Synthesizer-Sampler-Hybrid) und der Gitarren, aber auch der exotischeren Instrumente wie Horn (’Les Sutures’) oder Marimba hineinfallen und sich einfach treiben lassen. Hier ist vieles äusserst progressiv, aber so kunstfertig und songdienlich verarbeitet, dass der Hörer die Idee immer sofort versteht und mitschwingen kann.

 

 

LAZULI-Konzerte gelten als „verzaubernd und erhebend“, und daran hat sehr viel Anteil mitzuerleben, wie viel Freude die Musiker untereinander und mit ihrer Musik haben. Bandleader Dominique Léonetti ist ständig im zumindest lächelnden Blickkontakt mit seinen Mitspielern, wenn er nicht gerade lachend und Pirouetten tanzend über die Bühne fegt, und auch alle anderen gehen immer wieder Duette miteinander ein und freuen sich am gemeinsamen Spiel. Herrlich!

 

 

Dominique übernimmt auch den Großteil der Kommunikation mit dem Publikum, für die er üblicherweise einen Schnellhefter verewendet, aus dem er Erklärungen zu den einzelnen Songs in Landessprache vorliest. Besonders viele Lacher erntet er für seine bedauernswerte Geschichte, wie ein ausgesetzter Hund (’Chronique Canine’) von seinen Bandkollegen auf einer Autobahnraststätte „vergessen“ worden zu sein ;-).

 

 

Wir erfahren weiterhin, dass seine E-Gitarre das Werk seines ältesten Sohnes ist, der heute auch den Merchstand betreibt – eine offensichtlich komplett musikversessene Familie! So vergeht die Zeit wie im Fluge, mir fehlt weiterhin ’Cap’taine Cour de Miel’, aber es gab genügend andere wunderbare Léode-Soli zu hören, und das traumhafte ‚Je te Laisse ce Monde’ liefert genauso eine Gänsehaut-Garantie. Am Ende von ’Les Courants Ascendants’ greift das Publikum den Chorus auf, und singt diesen so ewig nach, dass Band gerührt Gänsehautzeichen macht, bevor sie von der Bühne geht – und wir singen immer noch, als sie zur Zugabe wiederkommen, die mit ‚9 Hands around the Marimba‘ beschlossen wird.

 

 

Doch mit nur einer ist es heute nicht getan, sie müssen noch mal zurückkommen und fangen noch mal von vorne an…aber nein, nach dem zweiten ’J’attends…’ ist nun wirklich Schluss. Schluss, aus, vorbei? Nein, auch nach dem Konzert nimmt sich das Quintett, gut drauf und sympathisch, Zeit für uns und signiert einfach alles, was die Leute anschleppen…ich bedanke mich dabei für den wunderschönen Abend und ernte auch gleich den Dank von Dominique für mein begeistertes Johlen. Wenn das kein Win-Win-Abend war!

Merci beaucoup, LAZULI!

 

 

(Karlsruhe incl. Photoshooting ab 2:31…)

https://www.facebook.com/events/199707167276475/

 

Setlist :

J’attends un Printemps
Un Linceul de Brume
Déraille
Le Miroir aux Alouettes
Mes Amis, mes Freres
Les Côtes
Chronique Canine
Je te Laisse ce Monde
L’Arbre
Mes Semblables
Les quatre Mortes Saisons
De deux Choses Lune
Le Lierre
Les Sutures
Les Courants Ascendants

Encore 1:
Le Temps est à la Rage
Nos âmes saoules
Mon Marim’bat /9 Hands around the Marimba

Encore 2:
Drums Keyboard Jam
J’attends un printemps (reprise)

 

http://www.lazuli-music.com
https://www.facebook.com/Groupe.LAZULI/