PlattenkritikenPressfrisch

MEGADETH – Dystopia

~ 2016 (Universal) – Stil: Melodic Thrash ~


Musikalische Wiedergeburt? Beste Scheibe seit ‚Countdown To Extinction‘? Oder doch nur ein weiteres, bald im (wahlweise imaginären) Regal verstaubendes MEGADETH-Album? Nach einem Dutzend Durchläufe bleibt von meiner Seite festzustellen, dass ‚Dystopia‘ tatsächlich einiges von dem bietet, worauf ich als Vergötterer der ersten vier Scheiben längst nicht mehr zu hoffen gewagt hatte: scharfkantige, genüsslich ins Fleisch schneidende Riffs, heilende Hooklines, dazu Songstrukturen, die einen feuchten Scheißdreck auf Genre-Konventionen geben und größtenteils endlich wieder diesen Sog entwickeln, der unserem politisch streitbaren Rattlehead nach ‚Cryptic Writings‘ abhanden gekommen war.

Ob im ‚Hangar 18‘-mäßig daherschlingernden Titeltrack, im direkt anschließenden, an den genialen Wahnwitz der ersten beiden Scheiben erinnernden ‚Fatal Illusion‘ oder dem mit verächtlichem ‚Peace Sells …‘-Blick hingerotzten ‚Post-American World‘ – so vital und inspiriert hat man Mr. Mustaine seit Ewigkeiten nicht mehr vernommen. Welche Verdienste die neu verpflichteten Chris Adler (Drums, LAMB OF GOD) und Kiko Loureiro (Gitarre, ANGRA) dabei hatten, sei dahingestellt; geschadet hat vor allem der Sechssaiter-Austausch nicht. Loureiros vielfarbiger Stil passt wesentlich besser zu MEGADETH als Chris Brodericks doch eher seelenloses Shredding.

Da auch die obligatorische Halbballade ‚Poisonous Shadows‘ (mit weiblichen Background-Vocals) wunderbar flutscht und das FEAR-Cover ‚Foreign Policy‘ einen Platz unter den Top-Fünf-MEGADETH-Bearbeitungen (!) verdient, gibt es keinen vernünftigen Grund, ‚Dystopia‘ nicht in die heimischen Gehörgänge zu bitten. Welcome back, liebster Wirrkopf – verdammt noch mal!

(dicke 8 Punkte)