Livehaftig

RIVAL SONS, DELISSEN GROUP

19.06.2025, Batschkapp, Frankfurt

Meiner journalistischen Sorgfaltspflicht bin ich an diesem Abend nicht nachgekommen.  Zwei Gründe: Zum einen kann und konnte ich mit dem Opener an diesem Abend, DELISSEN GROUP, nicht im Geringsten was anfangen, was sicher zu einer nicht neutralen Berichterstattung geführt hätte. Manchmal geht es einfach nicht und dann stehen solche Entscheidungen im Raum. Zum anderen war es beschissen heiß und es ist in diesem Zusammenhang angenehmer vor der Batschkapp im Biergarten zu sitzen und ein kühles Bier zu genießen. Hatemails und Beleidigungen werden gelesen, aber nicht kommentiert…

Aber der wirkliche Grund an diesem Abend in eine warm-schwitzige Batschkapp zu kommen waren natürlich RIVAL SONS. Die Amis sind eine Ausnahmeerscheinung im Rock-/Hard Rock-Genre und stehen für einen unverwechselbaren Sound. Zwischen den Stadion-Auftritten mit GUNS ‘N ROSES füllte man einige Termine mit Club Shows auf. Nichts gegen Stadien-Auftritte, wo die Band eigentlich hingehört, aber die Intimität eines Clubs im Zusammenhang mit der RIVAL SONS`schen Rockorgie bleibt unschlagbar.

Hier stehen vier exzellente Musiker auf der Bühne die perfekt harmonieren und doch jeder in seiner eigenen Welt spielt. Für mich sind RIVAL SONS eine Art moderne LED ZEPPELIN Variante wenn es um Live-Auftritte geht (ja, habe LZ live gesehen, so alt bin ich…), wobei LED ZEPPELIN eigentlich nicht wirklich relevant für den Hard Rock/Metal sind, was man von RIVAL SONS nicht behaupten kann, hört man sich durch ihre bisherige Diskografie.

Mal ehrlich, LED ZEPPELIN hatten 3-4 großartige, kantige Hard Rock/Metal-relevante Songs und ansonsten ist das langweiliges Geklimpere auf den allermeisten LED ZEPPELIN-Studioalben. Mehr langweiligen kann man sich da nicht. Und nochmal: Hatemails und Beleidigungen werden gelesen, aber nicht kommentiert…

Wenn man von RIVAL SONS spricht, hat man erst einmal Sänger Jay Buchanan vor Augen, der mit einer eher zurückhaltenden Bühnenperformance auffällt, aber durch seine Stimmgewalt dennoch alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der uncoolste Coole ist Bassist Dave Beste. Nichts gegen seine spielerischen Qualitäten, aber man hat schlicht das Gefühl, der Herr fühlt sich gelangweilt oder nicht gefordert. Keine Regungen, schlicht, ich bin da, aber keiner soll mich wahrnehmen. Dagegen bügelt Drummer Mike Miley die Trommelfelle platt und hat mächtig Spaß dabei.

Die Rampensau aus meiner bescheidenen Sicht ist allerdings Gitarrist extraordinär Scott Holiday. Nicht dass er durch wilde Posen und durchgeknallte Bühnenakrobatik auffällt, nein, auch dieser Herr agiert spärlich auf der Bühne, fällt aber mit immer feinem Zwirn auf und ist an der Gitarre ein Meister seiner Zukunft. Alles wirkt bei ihm leicht, spielerisch und dennoch sind die Riffattacken präzise, messerscharf und von einer gewaltigen Größe.

Diese Riffs sind das Fundament der RIVAL SON`schen Songs, die alles andere als kommerzielle Massenware darstellen. Echte Hits hat die Truppe bisher nicht aufzuweisen, vielleicht ist das einer der Gründe, dass man die Herren noch nicht in ihrer vollen Größe wahrgenommen hat. Aber vielleicht ist es auch ein Vorteil für all jene, die diesen unverwechselbaren Stil trotz „Null-Hits“-Tendenz zu schätzen wissen.

Am Ende des Sets an diesem Abend wird eines erneut klar, wieder wurde der wohl intensivste, massivste Song der Band nicht live gespielt. ´Burn Down Los Angeles´ vom 2011er Album ´Pressure & Time´. Schade, dass es der Track nicht mehr in die Setlisten der letzten Jahre gepackt hat. Im Gesamtkontext des Auftritts ist das allerdings verkraftbar, hat es noch genügend „hartes Material“ im Set, dessen intensiver Druck sich bis in die Wirbelsäule vorarbeitet.

Mit dem kräftigen ´End Of Forever´ vom 2019er Album ´Feral Roots´ steigt man ein, wobei sich hier ein gewisser LED ZEPPELIN-Vergleich geradezu aufdrängt. Mit dem treibenden ´Electric Man´ zieht man das Tempo kräftig an. Hier brilliert Scott Holiday mit messerscharfen Riffs und erneut drängt sich der LED ZEPPELIN-Vergleiche auf. Mit dem fast schon doomigen beginnenden ´Open My Eyes´ geht es hochemotional weiter.

Buchanan liefert eine Gesangsperformance, die Gänsehaut geradezu heraufbeschwört. Mit dem folgenden ´Tied Up´ wird es komplexer, der Song wirkt teilweise wie improvisiert. Mit dem krachenden ´Pressure & Time´, für mich einer der Trademark-Stücke der Amis, zwängt sich erneut der LED ZEPPELIN-Vergleich auf, gerade durch die unfassbaren Gesangseinlagen.

So arbeitet sich die Band durch eine recht ausgewogene Setlist aller Alben. Einer der Höhepunkt ist ohne Zweifel wieder einmal ´Shooting Stars´. Diese simple Nummer aus Akustikgitarre und Buchanans Gesang, der alles an sich reißt, ist kaum in Worte zu fassen. Wer hier nicht schwach wird, ist ein Gefühlskrüppel. Gegen Ende des Sets werden noch einmal drei härtere Stücke in die Hallenatmosphäre geballert. Allen voran das ohrwurmhafte ´Do Your Worst´ mit diesen fantastischen Gitarrenparts, in denen Holiday noch einmal ganz deutlich beweist, welch ein begnadeter Gitarrist er ist. ´Keep On Swinging´ könnte, sollte, müsste das ´Whole Lotta Love´ von RIVAL SONS sein. Mit dem drückenden ´Secret´ beendet man einen großartigen Abend, gefüllt mit intensiven Rocksongs von einer Band, die noch lange nicht auf dem Höhepunkt ihres Schaffens angekommen ist.


Fotos: Jürgen Tschamler

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