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JANIS IAN – From Me To You (Live In Bremen 2004)

2025 (MiG Music) - Stil: Folk Rock / Soft Rock

Janis Ian ist sowas wie eine Legende, auch wenn sie wahrscheinlich wenig Menschen in unserem Land kennen. Umso erfreulicher, dass ihr erstes Konzert in Deutschland bei Radio Bremen jetzt erstmals veröffentlicht wird. Was vom ersten Augenblick auffällt, sind zwei Dinge. Erstens, Janis Ian hat eine unglaubliche Stimme, die vom Volumen an Ikonen wie Joan Baez, Joni Mitchell oder an einige meiner Favoritinnen wie Julie Driscoll oder Tori Amos, erinnert. Zweitens, sie hat sehr viel Humor und ist sehr redefreudig zwischen den Songs. Sie erzählt, wie unsicher sie ist, in einem neuen Land fernab von den USA zum ersten Mal zu sein. Ihr ist aufgefallen, dass in Deutschland auch ältere Frauen selbstsicher auftreten und sich kleiden. In den USA wäre eine Frau mit über 50 Jahren praktisch nicht mehr existent. Ihr Einstieg mit dem zarten ´Jessie´ und dem kraftvollen ´From Me To You´ sind äußerst beeindruckend. Dann kommen die ersten Weisheiten für das Publikum und anschließend das schöne ´Days Like These´. Das Publikum lauscht andächtig und spendet nach den Songs viel Applaus.

Janis Ian, Jahrgang 1951, kommt aus New York aus einer Musikerfamilie und hat ab 1967 Alben veröffentlicht. ´Society’s Child´ (auch von den genialen SPOOKY TOOTH und Lou Gramm unter anderen gecovert) war ein erster Hit, ´At Seventeen´ noch ein größerer und brachte ihr mit dem Album ´Between The Lines´ eine Nr. 1 Chartposition und einen Grammy im Jahr 1976 ein. Von Mitte der 70er-Jahre bis in die 80er-Jahre war sie in den Charts präsent. Janis war immer unbequem und bekam deshalb auch immer wieder leichten Ärger. Sie bot schon früh Songs zum Herunterladen an, weil sie die Plattenindustrie massiv kritisiert. Sie gründete ihr eigenes Label, “Rude Girl Records”. Sie schreibt auch Kolumnen und Science Fiction, was auch ihre große Beredsamkeit erklären kann.

Egal, weiter zum Bremer Konzert. ´The Other Side Of The Sun´ ist ein weiterer starker Song, den sie nur mit Ihrem Gesang und ihrer Gitarre (wie über das ganze Album) sehr spannend aufbaut. Sie kann auch rockiger. ´Take No Prisoners´ zeigt sie zunächst etwas kraftvoller im Gitarrenspiel und Gesang. Dann widmet sie sich dem Gitarrenspiel, was auch sehr beeindruckend ist. ´Dead Man Walking´ ist ein weiterer sehr beeindruckender Song und mit ´Watercolours´ endet die erste CD. Nach ihrer Logik, die sie zu Beginn zum Besten gegeben hat, ist der erste Teil ihres Konzerts immer depressiv, weil sie sich erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen muss. Nun, depressiv ist ihre Musik eher selten, aber oft nachdenklich und melancholisch. ´I Hear You Sing Again´ könnte auch Tori Amos glänzend interpretieren. Mit dem emotionalen ´Society’s Child´, dem grandiosen ´Between The Lines´ und das vom Publikum mit Applaus empfangene ´At Seventeen´ folgen dann drei ihrer größten Hits, einen schwachen Song kann ich auch über die fast 100 Minuten nicht erkennen. Und es gelingt ihr, nur mit Gitarre und Gesang, die Faszination und Konzentration der Hörerin / des Hörers über 100 Minuten hochzuhalten. Mit dem Cover von ´I Got You Babe´ und ´The Train Still Runs´ endet ein tolles Konzert.

Eine hervorragende Leistung und sehr beeindruckend. Wie die Persönlichkeit Janis Ian. Wer den Namen noch nicht gehört hat und auf starke Stimmen und gute Songs steht, sollte das Bremer Konzert antesten, wenn auch 21 Jahre seither vergangen sind. Was für eine Stimme und Performance. Essenziell.

(9 Punkte)

https://www.facebook.com/janisianpage

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