
Zwischen ihren Festival-Auftritten spielen EXODUS und SACRED REICH in Deutschland eine Handvoll Hallen-Dates zusammen. Für meine Begriffe eine superbe Zusammenstellung, bei der die deutschen Thrasher BATTLECREEK als Opener fungieren dürfen.
Aber das momentane Tour-Umfeld ist brutal. Einen Tag vor dem EXODUS/SACRED REICH-Gig in der Frankfurter Batschkapp waren KING DIAMOND in Wiesbaden am Start. Parallel zur Show wüten HATEBREED in Wiesbaden und überhaupt ist die Konzertfülle im Rhein-Main-Gebiet enorm und viel zu heftig. Da selektieren die Fans schon genau, wo man hingeht. Zudem kommt der Umstand, den nicht wenige als Argument des „nicht anwesend seins“ nennen: Dass bei EXODUS Sänger Steve „Zetro“ Souza raus ist und Rob Dukes in der Band zurück ist. Dukes war und ist nicht wirklich beliebt, was ein nicht zu unterschätzender Faktor ist.
Ich bekomme leider nur noch die letzten beiden Songs von BATTLECREEK mit, da die Fotopass-Geschichte am Eingang längere Zeit in Anspruch nimmt wie ursprünglich. Aber das schlimmste, weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht….
Bei SACRED REICH und EXODUS knipse ich mir den Finger wund um am nächsten Tag beim Auslesen der Fotos festzustellen, dass die verdammte Scheiß-SD-Karte einen Defekt hat und alle Fotos weg sind. Alter, was für ein Albtraum! Mein Kotzfaktor schoss (bin immer noch angepisst!) schlagartig extrem nach oben. Sorry Leute, leider keine aussagekräftigen Aufnahmen, sondern nur die, die ich mit dem Handy für Facebook-Zwecke nebenbei machte.
Aber weiter im Text. BATTLECREEK scheinen gut angekommen zu sein, wenn man den Applaus beim Verlassen der Bühne zum Maßstab nimmt. Die beiden Songs werden ruppig runter gezockt, wobei der Gesang deutliche HC-Referenzen enthält Es fällt auf, dass große Bälle währenddessen vom Publikum hin- und hergeschmissen (geboxt etc.) werden, die die Band während ihres Auftritts ins Publikum geschmissen hat. Nicht gerade old schooliges Thrash Metal-Verhalten, aber auch nicht verwerflich.
SACRED REICH machen von Beginn an keine Gefangenen. Die Thrash Metal-Groove Maschine steigt mit dem Smasher ´The American Way´ in seinen Set ein. Der Sound ist fett, superfein austariert und wirkt trotzdem brachial. Fronter und Bassist Phil Rind wie üblich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, trifft nach all den Jahren immer noch perfekt den Ton.
Die Band ist ein einziges Energiebündel und rammt konzentriert ihre unverkennbaren Riffs und Grooves in die Hallenatmosphäre. Die Fans textsicher und lautstark wie möglich, brüllen mit. Thrash Bomben wie ´One Nation´, ´Love Hate´, ´Who`s To Blame´ machen es unmöglich, still zu stehen oder nicht mitzubrüllen. Rind hält sich mit Statements zurück und lässt Songs sprechen. Bei der Vielzahl von exzellenten Songs in der Discografie stelle ich mir das Zusammenstellen einer Setlist schwierig vor. Aber Rind und Co. wissen genau, was der Fan hören will. Und so hämmert man neben ´Independent´, ´Ignorance´ das unverwüstliche BLACK SABBATH-Cover ´War Pigs´ raus, um zu guter Letzt die SACRED REICH-Überhymne ´Surf Nicaragua´ den Fans an die Stirn zu nageln. Was für ein fulminanter Auftritt der Band, der erneut die Frage aufwirft, warum wurde die Band mit solchen unverwechselbaren Thrash Metal-Hymnen und einem ausgeprägten Gespür für fetteste Grooves nie kommerziell erfolgreicher?
Das riesige EXODUS Backdrop springt einen mit intensiven Farben in Rot und Grün förmlich an. So wie es der musikalische Abriss der Amis ebenfalls tut. War man nicht sicher, wie die Setlist mit Rob Dukes aussehen würde, war nach der Hälfte des Sets klar, absolut Old School. Der 14 Track umfassende Gig macht schnell den Unterschied zwischen ex-Sänger Zetro und Dukes deutlich. Während Zetro, keine Frage, eine Legende, mehr mit Geschrei auffiel, wütet Dukes wie ein Panzer und gibt selbst den ältesten Klassikern ein neues Gesicht. Sein Assi-Verhalten aus frühen Tagen während seiner ersten Zeit bei EXODUS bliebt aus. Auch das sehr HC-lastige Stage Acting früher Tage ist nicht mehr ganz so ausgeprägt. Für meine Begriffe hat Dukes einen guten Weg auf der Bühne gefunden, um die „Alte“ wie die „Neue“ EXODUS-Welt zu verbinden.
Schon der Einstieg mit ´Bonded By Blood´, ´Iconoclasm´ sowie ´And Then There Were None´ stellt klar, was da auf einen einprasseln wird. Eine perfekt eingespielte Band mit nur einem Ziel: Kill. Neben Dukes dominiert Gitarrist Gary Holt die Bühne mit seinem tödlichen Gitarrenspiel und einem Gesicht, das mit sich im Reinen ist und von dem jeder negative Ton in Sachen Dukes abzuprallen droht. Über den zweiten Riffmeister im Line up, Lee Altus, braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Im Doppel mit Holt steht hier eine der effektivsten Riffmaschinerien des Thrash Metal auf der Bühne und lässt nichts anbrennen. Die Songs werden rasant, brutal, geradezu gnadenlos rausgehauen. Dass dazwischen die Bälle von BATTLECREEK weiter über die Köpfe der Fans hüpfen und sich immer mal wieder auf die Bühne verirren, entzerrt die wütende Soundwand und Spielweise und gibt dem Ganzen einen leicht komischen Ansatz. Denn derweil baut sich vor der Bühne zu den Hymnen der Bay Area-Truppe ein großer Circle Pit auf.
Mit den letzten vier Tracks des Sets liefern sie dann den ultimativen Abriss: ´A Lesson In Violence´, ´War Is My Shepherd´, ´The Toxic Waltz´ sowie ´Strike Of The Beast´. Die Dinger fliegen mit einer Wucht und Energie in die Hallenatmosphäre – das wäre mit einem Zetro nicht möglich gewesen. Und um soziale Kompetenz zu zeigen, holt man beim letzten Song kurz vor Ende noch einen jungen Nachwuchsfan auf die Bühne und Altus hängt ihm seine Gitarre um. So ändern sich die Zeiten….
Kurzum, EXODUS haben eine perfekte ´Lesson In Violence´ geliefert und gezeigt, es geht auch ohne Zetro weiter. SACRED REICH mit in die Club Shows einzubinden war ein cleverer Schachzug und zeigt gravierend wie unterschiedlich Thrash Metal sein kann. Geiler Abend, der nur durch diese Scheiß-SD-Karte irgendwie vermiest wurde.
Fotos: Jürgen Tschamler