Livehaftig

OPEN THE GATES Festival II

~ 05./06.04.2024, DownTown Live, Nikosia / Zypern ~


Auf ein kleines Festival in Zypern gehen? Why not, nie in Zypern gewesen zudem. Das OPEN THE GATES II landet daher zunächst mal auf meiner Potenzial-Liste, weil die italienische True Metal Legende DOMINE an beiden Tagen Headliner ist und mit den einheimischen ARRAYAN PATH und SOLITARY SABRED zudem äußerst kultige Co-Headliner auf dem Billing stehen. Außer DOMINE habe ich keine der Festival Bands je live gesehen und jene natürlich auch nicht in der ´Hurricane Master´- Kategorie gleich zweier Headliner-Gigs mit unterschiedlichen Setlists.

Gute drei Wochen vorher wird das Ganze fix gemacht, die Rahmenbedingungen passen alle, zwei Wochen Urlaub drumherum sind durch. Bei der Ankunft erlebt Zypern gerade die ersten heißen Tage des Jahres mit über 30 Grad und etwas milder bleiben die nächsten Tage sonnig, so dass gar ein paar Schwimm-Runden im Meer drin sind. Abends und in den Bergen (der Mount Olympus misst immerhin 1952 Meter) ist es schon noch recht frisch, aber in Bewegung angenehm, abgesehen vom heutigen Regentief, dass mir diese Zeilen hier erlaubt, ansonsten aber alsbald wieder verschwunden sein wird.

 

Das Festival findet in Nikosia statt, das wie die Insel zweigeteilt in den griechischen Süden und türkischen Norden ist. In Nikosia selbst kann man unkompliziert in den türkischen Teil mit Vorzeigen des Pass herübergehen. Ansonsten beschränkt sich mein Aufenthalt aber auf Südzypern, weil hier auch einfach die Infrastruktur für wechselnde Unterkünfte und Umherreisen besser bzw. besser organisierbar ist.

Veranstalter des Festivals ist Nikolas „Sprits“ Moutafis, der das ganze hier professionell mit kleiner Crew zum zweiten Mal aufzieht (vor zwei Jahren waren SACRAL RAGE Headliner), unermüdlich umherwuselt und trotzdem noch die Muse hat, bei insgesamt vier Acts (SOLITARY SABRED, HARDRAW, MARCH TO DIE sowie beim MANILLA ROAD Tribute) völlig überzeugend die Gitarre zu schwingen! Überhaupt haben viele der Musiker in Zypern mehr als eine Band am Start. Insgesamt ist die Szene in Zypern gemessen an diesem Festival klein, aber verschworen. Jeder scheint hier jeden zu kennen.

Das DownTown Live (das im nächsten März sogar CRIMSON GLORY empfangen wird) ist eine schmucke, wie moderne Location mit zwei Ebenen, wobei die obere nicht benötigt wird. Insgesamt ist die Zuschauerzahl vor allem am zweiten Tag doch eher überschaubar, wenn man zudem berücksichtigt, dass einige der Anwesenden beteiligte Musiker sind. Hier feiert man sich noch gegenseitig vor der Bühne ab! Ich hoffe mal, dass das finanziell am Ende einigermaßen aufging. Ansonsten war es natürlich sehr angenehm, dass man sich jederzeit ohne Gedränge amüsieren konnte.

 

Freitag

Die Eröffnung obliegt mit ARS NOTORIA einer recht jungen Band, die erst eine EP veröffentlicht hat und stilistisch mit ihrem groovigen Metal mit griechischen Lyrics inklusive Sprechgesang nicht ganz zur sonstigen Ausrichtung des Festivals passt. Wirkt auf den ersten Blick recht strange aber durchaus interessant, wenn man es noch nicht kennt. Danach findet wie schon bei der ersten Edition (bei der man zusätzlich einen APOLLO RA-Tribut am Start hatte) ein MANILLA ROAD-Tribut statt, bei dem in mehr oder weniger zwei Schichten einige der in den anderen Bands tätigen Musiker am Start sind.

Mit RECEIVER folgt ein frühes, phänomenales Highlight. Die Zyprioten haben letztes Jahr, obwohl schon seit 2017 existierend, ihr Debüt ´Whispers Of Lore´ veröffentlicht. Der (epische) True Metal hat wegen der wunderschönen Gitarren-Harmonien einen leicht rockigen Touch. In den Sinn kommen einem dabei u.a. RIOT, wie bspw. beim völlig überragenden ´Unite´. Der große Bassist hat Spaß bis über beide Backen und eine absolut positive Ausstrahlung. Nicht nur Blickfang ist zudem die kleine Sängerin Nikoletta Kyprianou. Nein, ihre Vocals veredeln die Songs absolut einzigartig. Die Gesangslinien sind mega-originell und mitreißend.

 

 

Für solch eine Kombination muss man weit zurückblättern. Eine Sister Federica von WHITE SKULL hatte eine ähnliche Einzigartigkeit (auch wenn stilistisch ganz unterschiedlich). Die Band kann sowohl straight nach vorne wie bei der Mitgröl-Granate ´Raiders Of The Night´, beherrscht aber genauso die episch-hymnische Kategorie (´Arrow´ – „…in a sea of corruption….“). Grandioser Auftritt, das vorhandene Vinyl kann ich aufgrund von Gepäckbegrenzung zwar nicht eintüten, ein Shirt bekomme ich aber noch unter.

HARDRAW haben vor einigen Wochen ihr zweites Album ´Abyss Of Mankind´ herausgebracht. Die Songs klingen (abgesehen von Ohoho-Chören) sehr originell und abwechslungsreich. Die Gitarrenarbeit hat hier teils etwas von MAIDEN, ist aber komplexer. Die Gesangsfärbung von Jimmy Mavrommatis liegt dagegen so zwischen US Metal und südeuropäischem Epic Metal. Er ist hier wohl so etwas wie ein Szene-Urgestein, hat er doch bereits 1991 mit ARMAGEDDON REV16:16 eine EP veröffentlicht. Mit HARDRAW muss ich mich unbedingt mal näher beschäftigen.

 

 

Das letztjährige Debüt der Festland-Griechen von TRIUMPHER wurde viel beachtet, zumal man natürlich MANOWAR-Fans mit anspricht. Leider können sie mich live nicht richtig überzeugen. Der Sound (der ansonsten während des Festivals absolut gelobt werden muss) ist hier sehr undifferenziert, was besonders schade ist, da ja hier instrumental einiges mehr als bei MANOWAR passiert. Der Sänger wirkt zudem zu hibbelig, verschwindet unverständlicherweise viel zu oft im Bühnenhintergrund, obwohl er doch vorne durchaus gute Posen drauf hat.

 

 

Was nun folgt ist bereits das zweite phänomenale Highlight. SOLITARY SABRED liefern eine astreine wie grandiose US Metal-Show ab wie man sie heute kaum noch zu Gesicht bekommt. Bei der insgesamt HELSTAR-lastigen Mucke klingt Petros „Asgardlord“ Leptos wie der junge James Rivera. Unfassbar wie er hier alle Extremhöhen trifft und alle Screams in der Länge hält. 

 

 

Man möchte hier quasi dauerhaft die Kralle in die Höhe halten. Eine gar königliche Leistung, die zudem keine Performance vermissen lässt, Säbelgefuchtel inklusive. Hier ist großes in Bewegung und die Band müsste eigentlich mal zwingend für eines der zahlreichen anderen (deutschen, wie europäischen) Underground-Events gebucht werden.

 

 

Selbst für DOMINE eine Herausforderung nach solch einem Auftritt auf die Bühne zu „müssen“. Allerdings müsste angesichts des vorhandenen Songmaterials schon viel schiefgehen. DOMINE wurden 1983 begründet und veröffentlichten nach einigen Demos zwischen 1997 und 2007 letztlich mit Sänger Morby ihre fünf mehr oder weniger überragenden Longplay-Alben. Auch wenn man seitdem kein neues Material mehr auf den Markt gebracht hat, ist die Besetzung konstant geblieben und man kommt immer mal wieder für Liveauftritte zusammen. So treffen wir auch heute auf eine eingespielte Band. Ich platziere mich auf der rechten Seite mit Blick auf Gitarrist Enrico Paoli und rufe mir hier live eigentlich erst wieder so recht in Erinnerung was ein filigraner Maestro dieser Mann doch ist. Man könnte ihm stundenlang zuschauen. Die anfänglichen Soundprobleme sind nach 1-2 Songs überwunden und zum Glück bekommt auch Sänger Morby noch alles gut hin, auch wenn man schon merkt, dass er sich bei hohen Screams schon richtig anstrengen muss. Er ist halt auch nicht mehr der Allerjüngste. Er schont sich aber keineswegs und gibt alles. Der Rest der Band sorgt für die notwendige Untermalung, hier passt alles zusammen. Die Meute vor der Bühne geht jedenfalls völlig steil und morgen soll es sogar noch besser werden….

 

Samstag

Gestern wurde es spät, heute ist der Beginn recht zeitig am Nachmittag, da der Curfew schon recht früh erfolgen muss. Es bleibt daher leider gar nicht so viel Zeit für Sightseeing in Nikosia. Ich spiele sogar vorübergehend mit den Gedanken, mich noch kurz bei dem schönen Wetter im naheliegenden Park zu erholen. Kommt aber nicht in Frage und so bin ich quasi rechtzeitig zu ersten Band wieder vor Ort.

 

 

Opener ist wiederum eine Band, die stark vom restlichen Billing abweicht, SANDARAMET aus dem Libanon. Ihr Stil ist dark, mit modernem Gitarrensound geprägt. Aber auch klassische und theatralische Elemente, wie erhebliche orientalische Einflüsse sind zu finden. Den Gesang teilen sich ungefähr gleichgewichtet Nigol Ozz Belikerekian und Jessica Majdalani. Besonders spielfreudig ist der Gitarrist von der Bühne aus gesehen links, der auch selbst von Maestro Enrico ununterbrochen beäugt wird. Im weiteren Verlauf schaut sich die Band nahezu alle anderen Acts aus den vorderen Reihen an und hat dabei sichtlich Spaß. Sehr sympathisch.

 

 

Als zweites entern MARCH TO DIE die Bühne. Das BATHORY-Shirt des rauen Sängers gibt bereits eine Richtung vor, als Basis ist instrumental aber stark rockig ausgeprägter Doom zu hören. Im Anschluss folgen ACHELOUS die sich ja auch bei uns schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erarbeitet haben. Ihr hymnenhafter Metal klingt eigentlich eher nordisch und halt sehr eingängig. Kompetent vorgetragen.

 

 

Mit RUST.X folgt dann eine Band, die es schon ca. 20 Jahre gibt und die auf relativ eingängigen Heavy Rock setzt. Es sind Lokalmatadoren, Sängerin/Keyboarderin Katarina darf auch an beiden Abenden bei einem DOMINE-Song gastieren. Besonders auffällig spielt Gitarrist Panagiotis Xanthou, der zudem anfangs ein James Schumacher-Gedächtniskäppi trägt.

 

 

Und dann sind sie also da, ARRAYAN PATH, eine der interessantesten Melodic (Power) Metal-Bands überhaupt, um die beiden Leptos Brüder Socratis (Gitarre) und Nicholas (Gesang). Der Gig ist als Special ´Road To Macedonia´-Set angekündigt (ihr erstes Album). Am Ende schaffen es vier Songs davon auf die Setlist. Ansonsten werden Songs aus ihren Alben zwischen 2010 und 2017 gespielt, nichts neueres. Wie schon durch den Blick auf vorherige Setlists erwartet, kommt leider nicht ´Midnight And The First-Born Massacre´ zum Einsatz. Insoweit unverständlich, da sie in diesem Mega-Kracher einen der Top 20 Refrains der Metalhistorie geschaffen hatten. Von ´Terra Incognita´ erhält als Abschlusstrack ´Molon Lave´ den Vorzug gegenüber dem noch weitaus überragenderen ´Ishtar´.

 

 

Insgesamt natürlich ein bedeutendes Ereignis, diese Band mal live spielen sehen zu können. Der Spielfluss wird etwas durch die vielen Gastauftritte gestört, die extra für diesen Gig organisiert werden. Das ist aber natürlich ok, schließlich möchte man den Fans etwas bieten, die ARRAYAN PATH regelmäßig(er) sehen können. Am beeindruckendsten hierbei, wie könnte es anders sein, das Vocal-Duett in ´Epic Of The Sorrowful Argonaut´ mit dem „Asgardlord“ von SOLITARY SABRED. Der Gitarrist auf der linken Seite scheint recht neu zu sein. Außerdem noch bei vielen Songs dabei, Christoforos Gavriel, der seit 2017 zum Line-Up zählt und gestern mit einem kultigen HEAVENS GATE-Leibchen den Festivalshirt-Award für sich beanspruchen kann. Mit den teils drei Gitarren wird also ordentlich Druck gemacht und so wird meinerseits eine bislang noch bestehende Live-Lücke erfolgreich geschlossen.

 

Wir sind mittlerweile schon etwas knapp mit der Zeit und so müssen sich DOMINE sputen. Sie legen mit ´Thunderstorm´ auch los wie die Feuerwehr und lassen direkt ihren Best-Of-Überhaupt-Überragend-Übersong ´Arioch, The Chaos Star´ folgen. Ich bin schon jetzt restlos begeistert. Man braucht hier Faust und Kralle gar nicht mehr herunternehmen, außer vielleicht bei den balladeskeren Passagen. Morby screamt was das Zeug hält und sorgt selbst bei seinem Gitarristen Enrico dabei immer wieder für überraschendes Staunen und Grimassen. Kurzum, das Ganze ist tatsächlich nochmals einen Tick geiler als gestern, mit noch mehr Fluss und der Sound ist einen Tick leiser, damit aber angenehmer als gestern. Insgesamt zwei brillante Metal Shows von DOMINE, das muss in diesem Jahr erst mal jemand nachmachen.

 

Fazit

Ich bin froh, diesen Trip in Angriff genommen zu haben, und mein Dank geht insbesondere an Veranstalter Nikolas der hier so ein richtig cooles kleines Festival aufgezogen hat. Efcharisto poly! Eine Ehre, dabei gewesen sein zu dürfen. Es gab viele sehenswerte Bands, die ich sonst vermutlich niemals zu Gesicht bekommen hätte. Ein paar der Auftritte werden sich mit Sicherheit in der 2024 Bestenliste wiederfinden, so viel ist schon jetzt klar. Also, haltet euren (nächsten) Zypern-Urlaub lieber noch mal zurück bis das „Open The Gates III“ stattfindet. Metal & Travel is the Law!

 

 

Setlist SOLITARY SABRED

The Skeleton King
Solitary Sabred
Damnation
The Undead Cry for Vengeance
Redeemer
Bound by the Lich
Assassins of Carthage
Spectral Domain
Psionic Transmogrification
Burn Magic, Black Magic
Gates of Namtar

Setlist DOMINE (Freitag)

Hymn
The Mass of Chaos
Thunderstorm
The Aquilonia Suite
The Prince in the Scarlet Robe
Uriel, the Flame of God
The Lady of Shalott
The Hurricane Master
The Eternal Champion (A Suite in VII Parts)
Dragonlord (The Grand Master of the Mightiest Beasts)
Encore:
The Ride of the Valkyries
Defenders

Setlist ARRAYAN PATH

Gabriel Is Rising
The Fall of Mardonius
Ira Imperium (The Damned)
Dawn of Aquarius
Osiris
Piri Reis
Epic of the Sorrowful Argonaut
Road to Macedonia
Molon Lave

Setlist DOMINE (Samstag)

Anthem
Thunderstorm
Arioch, the Chaos Star
The Battle for the Great Silver Sword (A Suite in VII Parts)
Icarus Ascending
The Hurricane Master
The Sun of the New Season (An Homecoming Song)
True Believer
The Eternal Champion (A Suite in VII Parts)
Dragonlord (The Grand Master of the Mightiest Beasts)

 

https://www.facebook.com/profile.php?id=100078538340096