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CIRITH UNGOL – Dark Parade

~ 2023 (Metal Blade Records) – Stil: Heavy Metal ~


 

Allein wenn Albumtitel wie ´Frost And Fire´ oder ´One Foot In Hell´ zur Sprache gebracht werden, ist eine Erregung und ein Erschaudern unumgänglich. CIRITH UNGOL ist deine, meine und unsere Kult-Band, vor allen anderen Kultformationen.

Fast dreißig Jahre lang musste der Krustenbraten in der Hölle schwarz schmoren, ehe CIRITH UNGOL nach ihrem 1991er Exitus wieder mit einer neuen Langspielplatte die Tore zur Schattenwelt von Ventura öffneten. ´Forever Black´ hieß anno 2020 die Comeback-Scheibe der Mannen aus Kalifornien.

Drei Jahre später beglücken CIRITH UNGOL alle knurrend wartenden Fleischbeißer mit einem weiteren Werk. ´Dark Parade´ wird jedoch hoffentlich nicht den endgültigen Abschied und das absolute Ende einläuten, denn dieses haben sie bereits für alle Live-Shows im Jahre 2024 angekündigt.

Auf dem sechsten Studioalbum von CIRITH UNGOL bricht abermals die massive Kraft aus dem Sündenpfuhl von Ventura über die gesamte Welt herein. Das Quintett nimmt die Welt mit in das Chaos und die Endzeit.

CIRITH UNGOL bleiben somit sich und ihrem Sound schlichtweg treu, echter True und Epic Metal auf eisernen und gefrorenen Höllenpfaden. Selbst Tim Bakers Gesang klingt in seinem hohen Alter durchweg genauso fidel wie der Höllenhund vor fast einem halben Jahrhundert.

Generell kann eine Gruppe nach vierzig Jahren nicht authentischer klingen. Dabei haben CIRITH UNGOL zumindest versucht, die Kompositionen weniger „Tuckern“ zu lassen und „Schlurfen“ mehr in der traditionellen Schwere des Metal, womöglich ein Fingerzeig von den rauen und doomigen Sounds ihres 1984er Werkes ´King Of The Dead´ in die Gegenwart.

Denn CIRITH UNGOL klotzen in der Eröffnung ´Velocity (S.E.P.)´ knallhart mit all ihren bekannten Stärken. Tim Baker lässt seine Stimme immer wieder in der Hitze zwischen den oftmals hochsteigenden Gitarrenmelodien dampfen. Mit einer nahöstlichen Gitarrenmelodie, einem beinahe klassisch zitierten Solo bündeln sie ihre Kräfte in ´Relentless´ noch markanter. Ihre epische Intensität spielen sie im achtminütigen ´Sailor On The Seas Of Fate´ vollends aus. Aus einer akustischen Einführung entwickelt sich das Lied in eine züngelnde Atmosphäre, die immer wieder vom vernebelten Gesang erschaudert und abrupt, in erhöhter Geschwindigkeit alle Fesseln von sich wirft.

Mit scharfen Riffs wandern ´Sacrifice´ und das mit einem erlesenen Gitarrensolo bedachte ´Looking Glass´ durch die Nacht und schüchtern mit Tims Gesang als auch den unaufhörlichen Gitarrenleads ein. Von Zauber- und Schwertgeschichten haben sich CIRITH UNGOL bekanntlich schon lange verabschiedet und setzen mit der „Dark Parade“-Saga, bestehend aus den letzten drei Songs, den absoluten Schlusspunkt und den passenden Soundtrack für den Verfall und Untergang der menschlichen Spezies. ´Dark Parade´, ´Distant Shadows´ und ´Down Below´ steigen und kriechen Saiten-johlend durch den irdischen Sündenpfuhl: „Hell on Earth or in my head?“

(8,5 Punkte)

Michael Haifl 

 

 

 

 

 

 

More of the same aus dem Hause CIRITH UNGOL. Ist das gut oder schlecht? Ist es doof, dass Jim Barazza aus gesundheitlichen Gründen aus der Band austreten musste? Nach Beendigung der Aufnahmen zum Glück. Ist es tragisch, dass die Band nur noch 2024 live spielen will, danach nie wieder? Was passiert hier?

Nun nehmen wir an, was wir bekommen und wir bekommen mit ´Dark Parade´ eine Platte, die sich würdig erweist, den Namen CIRITH UNGOL auf dem Cover zu haben. Schon der Opener ´Velocity´ ist ein urtypischer Vertreter der Ungol’schen Komposition ab 1986. Hier eher mittelschnell, bei den Riffs heavy wie die Hölle mit Leadgitarren fast überall. Und was für tolle Leadgitarren. Melodien zum Zerschmelzen statt sinnlosem Gefiedel. Große Harmonien, hier und da kleine Schnörkel. Dabei ist der Song mit einigen wenigen straight tuckernden Hauptriffs schön eingängig und hat einen unwiderstehlich intensiven Refrain, der in seiner Einfachheit perfekt Deine Sinne kitzelt. Und Tim Baker grollt wieder rostig und schrill ins Mikro, was dem Stück den letztendlichen CIRITH UNGOL Stempel aufdrückt. Aber auch so wäre es bereits ein prototypischer Heavy Metal-Kracher.

´Relentless´, ein wogender Doomkracher mit orientalischen Gitarrenmelodien hie und dort, erhaben gesungen von der Leadgitarre, die ohnehin wieder komplett brilliert, hätte sich 1984 bis 1986 bereits bestens auf den ollen Scheiben gemacht. 2023 klingt der Song frisch und durchdringend wie fast vierzig Jahre zuvor. Tim singt ein wenig mehr, aber auch nur dezent. Die Leadgitarrenmelodien und eruptiven Soli meucheln derweil meinen Verstand.

Wenn das der Schwanengesang ist, das Ende, dann ist es ein Abgesang nach Maß, ein Abschied mit einem Knall. More of the same, jep. UNGOL wie sie eben Songs schreiben. Hat so bisher keiner geschafft. Vielleicht ihre Landsleute TYRANT, wobei CIRITH UNGOL mehr zwei Platten voraus sind (Sampler und Live Alben zählen nicht) und immer nur einen Sänger auf den regulären Alben hatten.

´Sailor On The Seas Of Fate´ ist schön sperrig, langsam stampfender epischer Heavy und Doom mit betörenden Gitarrenmelodien auf den schwerfällig rollenden Riffs und mit wiederum unglaublich schönem Refrain und kauzigen Strophen. Sogar ein schneller Abgehpart ist dabei und hier werden wieder geile Melodien aufgebaut.

Seit ich 1992 nach der Fahrstunde aus dem Benz des Fahrlehrers hüpfte, zum Lieblingsplattenladen in Itzehoe marschierte, welcher später mein Leben bestimmen und einnehmen sollte und nicht genannt werden darf, mir das vorrätige ´Frost And Fire´-Originaltape kaufte und seither hingebungsvoller Fan bin, hat mich jede Platte der Band begeistert und war auch immer ein stilistischer Garant für Lieblingsmusik. Und die alten, mit Jungspunden aufgestockten Kerle klingen noch immer hungrig und haben Feuer.

´Sacrifice´ setzt nach dem Flamenco Intro die Linie der Songs fort und lässt auch zu, daaa hispanische Musik immer wieder durchscheint, was in den tänzelnden Beats von Meistertrommler Rob Garven und spanisch klingenden Folkmelodien zwischen den schweren, groovenden Riffwalzen seinen Ausdruck findet. Epik pur. Die Leadgitarre brennt hier förmlich in den Soli.

Auch ´Looking Glass´ ist dann ein Stampfer, dominiert von schweren Riffs und Tims garstig schrillem Sprechgesang. Im Vergleich zu den beiden vorigen Songs etwas weniger aufregend, aber sehr schön gemacht und in den Soloparts absolut fantastisch. CIRITH UNGOL machen langsam, bis hier her sind keine schnellen Songs gegeben. Die titelgebende Hymne, wo Tim wiederum versucht, etwas mehr zu singen, wogt brachial aus den Boxen. Die doppelläufigen Leadgitarrenharmonien, die sich zuweilen auf die mächtige Riffwand legen, berühren das Herz tief. CIRITH UNGOL scheinen aber auch hier wieder passagenweise ihre heftigsten Ideen auszupacken und Tim klingt auf zermalmenden Doomwalzen wie ein komplett schizophrener Dämon. Sogar einen etwas treibenderen Part mit Shuffle Beat und furiosen Soli hat man im Gepäck. Hut ab.

´Distant Shadows´, ein ebenfalls schwerfällig stampfender Epik Doom Kracher, schließt sich an. Der Mix aus fast hymnischen und sperrigen Momenten mit dem Zuckerguss aus betörenden Leadgitarrenharmonien und Tims kommandierendem Gekreische ist perfekt.

Auch wenn ich sie so ungerne aufs Altenteil gehen lasse, weil die Platte wieder voller Hits steckt, die bei aller Liebe zur eigenen Kompositionstradition und dem Talent, auch bei einem Album wie aus einem Guß, jeden Song anders klingen zu lassen, so erfrischend erscheinen, als hätten wir 1984 und mit die extremsten Ausbrüche von Tim Baker seit jeher beinhalten, hiermit haben sie sich selbst ein Denkmal gesetzt.

Irgendwie klingt der Anfang von ´Down Below´ gespenstisch, mit seinen mehrstimmigen, von Tim dominierten Geistervocals und seiner zähflüssigen Art. Musik wie halbflüssiger Teer, aber mit Melodien und Harmonien, die bei aller Extremität noch wirken.

Das hier ist die 2023er Antwort auf ´King Of The Dead´, halt nur zäher, waidwunder, bösartiger. CIRITH UNGOL verweisen sämtlichen Matschedeathmetal und alle Black Metal-Recken auf die billigen Plätze. Die dürfen da mitklatschen. Sludge? Stonerdoom? Wird alles von diesem letzten Song niedergewalzt. Dabei bleiben CIRITH UNGOL immer im Rahmen des originalen Heavy Metal und zeigen mehr als einmal, dass sie Kinder des 70s Hardrocks sind.

10 von 10, weil es besseren Heavysound nicht gibt und niemals geben wird.

Sir Lord Doom

 

 

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Pic: Peter Beste
(VÖ: 20.10.2023)