~ 2023 (Kick the Flame/Broken Silence) – Stil: Liedermacher ~
Eigentlich müsste Lukas Meister erst den Ausgang der drohenden Apokalypse in den Jahren 2024 und 2025 abwarten, um nach einer Reinwaschung der Erde mit neuen Liedern wieder aufzuwarten. Der Liedermacher konnte es allerdings über ein Jahr nach seinem vierten Studioalbum mit dem Titel ´Lieder für vor, während und nach der Apokalypse´ nicht abwarten, schon jetzt neues Liedgut aufzunehmen.
Er ließ die Apokalypse erst einmal Apokalypse sein und tüftelte in den vergangenen zehn Monaten in seinem Moabiter Musikkeller an zehn neuen Kompositionen, die bisweilen hinsichtlich der einen oder anderen Katastrophe natürlich auch die Endzeit tangieren. Somit redet der Songwriter doch wieder über die Tage vor der Apokalypse.
Natürlich dreht es sich selbst bei dem wunderbar epischen Refrain der ´Unrealistische Erwartungen´ eines Hauptstadtbewohners neben den Problemen mit der Mietswohnung und den rüpelhaften Autofahrern um die aktuellen Umweltprobleme. Dennoch klingt hier Gendern beim Singen, wer mag schon korrekt Milliardär*innen trällern, ziemlich armselig. Dagegen beschäftigt sich Meister Lukas in ´Flügel´, natürlich in weiten Höhen mit Klavier und Gitarre vorgetragen, direkt mit der Vergänglichkeit, besonders aus der Sicht von Eltern, so dass sein Ratschlag nur heißen kann, jeden Tag wie den letzten zu leben.
Wunderbar abgehangen singt der Wahlberliner ´Keine Vampire in Angermünde´ über das unendliche Warten an den abgelegensten Bahnhöfen mit dem 9-Euro-Ticket. In solchen Momenten werden nicht nur über Kleinanzeigen angeschaffte Vampir-Sets ausprobiert, sondern auch gleich im Internet zensiert, ohne bei der hastigen Bewertung an die Langzeit-Studie des Kaufs zu denken.
In die Weiten des Americana verzieht sich ausnahmsweise ´Aus dem Leben eines Steins´ und in die von Simon & Garfunkel das liebliche ´Cecilia´. ´Fragen über Fragen´ thematisiert auf amüsante Weise sprachliche Wortkonstrukte, um am Ende den Worthülsen aktueller Politik ebenfalls auf die Finger zu hauen. Selbst für die Liebe unter den ´Schneeflocken´ kommt der nahende Frühling einer Apokalypse gleich, in dessen Szenerie Lukas Meister beinahe einem Damien Rice nahekommt.
´Bald schon´ gedenkt zum Abschluss einem erneuten Wiedersehen mit den Zeugen Jehovas, einem Bankangestellten, den Zugvögeln und einer Jugendliebe. Ganz gleich, ob vor oder nach dem Weltuntergang, der Reinwaschung der Erde, ein Liedermacher hat sogar am Vorabend der Apokalypse, bei ´Schneeflocken im Sommer´, immer eine passende Melodie im Kopf und Lukas Meister allzeit ein paar schelmische Worte in petto.
(8 Punkte)
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