PlattenkritikenPressfrisch

SKAM – No Name

~ 2023 (Sea Note/Drag City) – Stil: Hardcore Punk/Post Punk ~


Die frühen 80er Jahre bedeuteten in den U.S.A vor allem für die linke Szene eine schwere Zeit. Der konformistische, konservative Tenor der Ronald Reagan-Ära löste viel Widerspruch aus, und Hardcore Punk lieferte eine der kriegerischsten Stimmen, die sich gegen die reaktionäre Politik der U.S.-Regierung auflehnte. Mit der Zeit verfestigte sich eine Art Orthodoxie rund um den musikalisch-politischen Schwerpunkt, wie er von den Bands definiert wurde, die beim bahnbrechenden Independent Label „Dischord“ aus Washington D.C. unter Vertrag standen. Ian MacKay war als damaliger Sänger bei den legendären MINOR THREAT das Sprachrohr dieser Szene, und durch die Gründung seiner eigenen Plattenfirma fand die DIY-Ästhetik, die die Szene ohnehin schon seit einiger Zeit pflegte, einen weiteren Höhepunkt.

Genau aus dieser Phase stammen die hier vorliegenden Aufnahmen von SKAM aus dem Großraum Washington D.C., zwischen 1982 und 1983 aufgenommen, und bis dato noch unveröffentlicht. Die Band löste sich bereits kurz nach den Studiobesuchen auf, hinterlassen allerdings eine ganz beachtliche Sammlung an Songs, die eindeutig durch die damalige Zeit geprägt sind.

 

 

Gegründet von den beiden Achtklässlern Vince Forcier und Jack Anderson starteten SKAM mit ihren ersten Proben im Keller ihrer Elternhäuser mit Coverversionen von den ROLLING STONES, LED ZEPPELIN und THE WHO, und als sie schließlich die RAMONES entdeckten waren die Würfel gefallen und die Pedale wurden für die folgenden Jahre ordentlich durchgetreten.

Die frühen Songs auf ´No Name´ haben unbestreitbar THE CLASH-artige Vibes, die sie definitiv von den damaligen Acts aus dem „Dischord“-Umfeld unterscheidet, und in gewisser Weise erinnern sie stattdessen oftmals sogar auch an den Pop Punk-Sound von GREEN DAY zu Beginn der 90er.

Bei den nachfolgenden Aufnahmen entwickelte sich ihr Sound zu einer persönlichen Meisterschaft wilder Riffs und Tempi sowie neuartigen Post Punk-Konzepten, doch gerade als sie sich auf das neue Terrain begeben hatten, wurde ihre Allianz zerrüttet und sie lösten sich bald auf. Anderson schloss sich NO TREND (deren Gesamtwerk wurde 2020 ebenfalls von „Drag City“ wiederveröffentlicht) an und Forcier spielte zuerst bei RACER X, später dann bei SECOND WIND.

Die wiederentdeckten SKAM-Tapes stellen jedenfalls eine wichtige Ergänzung zur Musik dieser bedeutenden Zeit dar, und es ist zudem vor allem auch eine schöne Erinnerung an diese Ära des aufrührerischen Hardcore Punk und den sich damit anschließenden Straight Edge-Werten.

(8 Punkte)

 

https://www.facebook.com/dragcityrecords


(VÖ: 29.09.2023)