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KULT KOMPASS August 2023

Und es war schon Herbst, den Winter bereits im Blick.

Nein, nein, nur keine trübseligen Gedanken aufkommen lassen. Es regnet halt einfach nur hin und wieder einmal, seit Wochen eigentlich. Doch grundsätzlich sind wir noch fast mitten im Sommer. Daher ziehen wir jetzt auch das sonnigste Gesicht auf und erfreuen uns an neuer und äußerst interessanter Musik. Und genießen die letzten warmen Sonnenstrahlen.

Peace, Freunde! Peace!

 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

 

 

Q u i c k – R e v i e w s

 

 

 


AIRSTRIKE – Red Born Reborn
2023 (Nauntowm Music) – Stil: Classic/Hard Rock

Seit 2017 kreist der Name AIRSTRIKE durch die Lüfte von Nordhessen und hat bereits so einige Rockradios auf eine gemeinsame Welle lotsen können.

Das Quartett ist jedoch spätestens mit der Verpflichtung von Sänger Julio Noriega aus Peru für die großen Konzertbühnen bereit, schließlich konnte dieser sein Gesangstalent bereits bei einer Castingshow unter Beweis stellen.

Michi, Flo und Johnny haben mit Julio jedenfalls nach all den Jahren endlich Nägel mit Köpfen gemacht und ihr Debütalbum aufgenommen. ´Red Born Reborn´ ist der Beweis, dass der Classic Rock und Hardrock selbst in deutschen Landen nicht so schnell aussterben wird.

AIRSTRIKE folgen auch nicht den Fußstapfen, die zuletzt RIVAL SONS und GRETA VAN FLEET betreten haben, sondern haben sich ihre eigene Nische gesucht, die zwischen FREE und GUNS N‘ ROSES eine große Bandbreite abdeckt, aber immer noch nach Love & Peace und AIRSTRIKE tönt.

(7,5 Punkte  – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/air.strike.rock


BLACKWATER BAYOU – American Dream
2023 (Independent) – Stil: Southern Rock

Aus Little Rock, Arkansas, kommen BLACKWATER BAYOU und liefern dem Staat angemessen, Southern Rock. Was in der letzten Zeit so an Southern Rock raus kam, war ehrlich gesagt recht ausgelutscht. Sicher setzen BLACKWATER BAYOU auch keine neuen Akzente, aber die Songs wirken zumindest kraftvoller, was wohl auch an der recht transparenten Produktion und der sehr soliden Gitarrenarbeit liegt. Auch bemüht man sich, die Songs nicht zu sehr ins Klischee abgleiten zu lassen.

Mit dem satten Opener und Titeltrack eröffnet das Album gepflegt und beweist, Southern Rock muss nicht immer altbacken klingen. Hier fällt schon die hörenswerte Stimme von Chris Tollett auf. Rifftechnisch kann man über das ganze Album verteilt, immer mal wieder leichte ZZ TOP-Einflüsse vernehmen. Das krasse Gegenteil zu dem tighten Opener ist ´No Tomorrow´, das auch von einem NICK CAVE kommen könnte. Hat was! ´American Dream´ ist ein äußerst gefälliges Southern Rock-Album mit sehr klarer Produktion, sauberen Riffs und nachhaltigen Songs. Guter Einstieg des Quartetts. Kann man empfehlen.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – http://www.facebook.com/BlackwaterBayou


BLIND MAN`S DAUGHTER – Sundressed
2023 (Heavy Metal Records) – Stil: Progressive Metal/Rock

Einen gutgemachten Progressive Metal-/Rock-Mix legen BLIND MAN`S DAUGHTER aus Albuquerque, New Mexico, auf ihrem ersten Album vor. Die Band um Frontfrau und Gitarristin Ashley Wolfe schöpfen aus dem Vollen. Truppen wie DREAM THEATER, STREAM OF PASSION, MALMSTEEN oder auch SYMPHONY X werden als Einflüsse genannt. Dabei geht die Band aber auch den Weg, viel eigene Inspirationen mit einzubringen.

Frau Wolfe und Herr Grosse liefern teils sehr feine Shredder Einlagen (´Saeancer´), anderseits liefern sie vielseitige Riffinfernos, zwischen technisch raffinert und atmosphärisch tiefgängig. Dazu viele Effekte, teils gängige Melodieansätze, anderseits viel Impressionismus. Trotz des hohen progressiven Anteils wirken die Stücke nicht überfrachtet und überraschen immer wieder mit Passagen, die ins düster-melodische abdriften. Das Songwriting generell finde ich recht interessant. Die Vielseitigkeit ebenso. Die ganze musikalische Welt der Truppe manifestiert sich in dem Track ´Dust & Light´, der wirklich alles bietet wofür die Band steht. Der Gesang von Madame wirkt teilweise etwas dünn,  aber im Gesamtkontext der Songs irgendwie perfekt passend. ´Sundressed´ ist für Prog-Nerds sicher ein Album, das es wert ist, angecheckt zu werden.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – http://www.facebook.com/blindmansdaughter.band


CAVALERA – Morbid Visions/Bestial Devastation
2023 (Nuclear Blast Records) – Stil. Thrash Metal

Die Cavalera Brüder und ihre Geschichte mit SEPULTURA muss man nicht neu vorstellen. Sie haben mit SEPULTURA Geschichte geschrieben und sind bis heute die international erfolgreichste Extreme Metal-Band Brasiliens. Ihre ersten beiden Veröffentlichungen, ´Bestial Devastation´ sowie ´Morbid Visions´, sind genreprägend und besitzen Klassiker Status.

Nun haben sich die Brüder entschlossen, diese beiden Kultteile neu aufzunehmen. Max Cavalera: “We re-recorded ´Bestial Devastation´ and ´Morbid Visions´ with the amazing sound of NOW, but with its raw and timeless spirit. The artwork reflects the times we’re living in right now…. Apocalyptic as hell! “. Die Wucht der Neuaufnahmen ist beeindruckend. Transparent, brutal hart und einfach böse. Zudem hat man beiden Alben jeweils einen Bonustrack spendiert, die auf Riffs der damaligen Zeit  beruhen. ´Sexta Feira 13´ auf ´Bestival Devastation´ und ´Burn The Dead´ auf ´Morbid Visions´. Wenn das mal keine sinnvollen Neuaufnahmen sind, dann weiß ich auch nicht. Die Brutalität ist unglaublich intensiv, kaum in Worte zu fassen. Das sollte selbst Fans der Aussage „Früher-war-alles-besser“ überzeugen. Zwei perfekte Re-Releases mit Kultfaktor, deren Wucht einen wegfegt.

(ohne Wertung – Jürgen Tschamler)


DAVY JONES – Wake The Dead
2023 (DJ Records) – Stil: Punkrock

DAVY JONES sind Punkrocker. 1,2,3. DAVY JONES sind Dave (Gitarre, Gesang), Lummsky (Bass, Gesang) und Flo (Schlagzeug, Gesang). 1,2,3.

DAVY JONES sind ein Trio, eines aus dem Sauerland, das zehn kleine, kurze Songs unter drei Minuten mitgebracht hat. 1,2,3. Eine halbe Stunde, dreimal zehn Minuten. 1,2,3. ´Wake The Dead´ heißt die neueste Dreifaltigkeit. 1,2,3. Sie kommt wie ein heißes Geschoss um die Ecke. Sie packt dich. Ist zwar nicht live, aber verdammt nah dran. 1,2,3. ´Wake The Dead´ ist melodisch und schnell, schnell und melodisch, US-amerikanisch, West, Ost, europäisch und skandinavisch. 1,2,3. DAVY JONES könnten Punkrocker aus dem Norden sein. DAVY JONES sind jedoch Punkrocker aus dem Sauerland.

Buchen- und Fichtenwälder also, fast wie Laub-, Fichten- und Kiefernwälder im hohen Norden. 1,2,3.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/davyjonespunk


MICHAEL & TIMOTHY FRANKLIN – Anahata
2023 (Solar Music) 

Michael Franklin brachte sich zuletzt mit den Produktionen von Jon Andersons ´1000 Hands Chapter One´ und Robby Steinhardts ´Not In Kansas Anymore´ wieder zurück ins Gedächtnis der echten Musikliebhaber, schließlich hat er seit den Siebzigerjahren unzählige namhafte Künstler produziert.

Gemeinsam mit seinem Bruder Timothy Franklin widmete er sich nun einem ähnlich konzipierten Projekt: ´Anahata´. Die beiden Herren, die schon mit Brian Wilson, Paul McCartney, Bruce Hornsby, Joe Walsh, Joe Bonamassa, Edgar Winter, Pat Travers und unzähligen weiteren Künstlern zusammengearbeitet haben, konnten auch für dieses Projekt einige gewinnen: Tower of Power, Billy Cohbam, Tommy Calton, Charlie DeChant, Larry Coryell, Danny Jordan, Steady Joseph, Brian Snapp, Steve Walters, Pat Gulotta, Paul Parker und noch viele mehr.

Im Sinne des Konzeptes ist daher auch auf ´Anahata´ von sanften, spirituellen bis bombastischen Rock-Songs alles möglich.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/MichaleFranklinOfficial/


IGNITION – Vengeance
2023 (Doc Gator Records) – Stil: Power Metal

Mein Gefühl sagt mir, dass diese Band beim herbstlichen Release Regen der Alligatoren etwas untergeht. Irgendwie bekommen die serbischen Thrasher QUASARBORN und der Gelsenkirchener Black Metal Reigen von OLD RUINS scheinbar mehr Aufmerksamkeit, wenn ich sehe, was in Foren so von Fans zu lesen ist. Ich hoffe, das schlägt bei der Band nicht zu große schmerzhafte Wunden, denn auch bei mir lief diese Scheibe als letzte im Testlauf. Momentan aber macht sie sich in der Playlist gut breit.

Das liegt an der hervorragenden musikalischen Mixtur. IGNITION aus dem Ruhgebiet hauen mit ihrem vierten Dreher 12 knackig bangende US Power Metal-Knaller um die Ohren. Mit der Prise Thrash, die eingearbeitet ist, und den melodischen Refrains machen sie sicher vor allem Fans der frühen ICED EARTH Freude. Vielleicht bin ich damit allein, aber für mich ist ´Vengeance´ sogar der echte Nachfolger von ´Burnt Offerings´, der von den Originalen für mich nie geschaffen wurde.

Das Teil macht reichlich Spaß. Und ich denke, ich bin sicher nicht der einzige Hörer, dem beim Hören ´Adrenaline´ ausgeschüttet wird und der dann im ´Beastmode´ durch die Burg bangt.

(8,5 Punkte – Mario Wolski) – www.facebook.com/Ignitionmetalmusic


KÄRBHOLZ – Kapitel 10: Wilde Augen
2023 (Metalville) – Stil: Rock

KÄRBHOLZ sind schneller als erwartet wieder am Start. Die Burschen hatten nämlich gleich zwei Werke in der Mache, so dass sie erst ´Kapitel 11: Barrikaden´ veröffentlichten, das ihnen von beiden wohl am besten gefiel, um nur wenige Monate später natürlich mit einem keineswegs minderguten ´Kapitel 10: Wilde Augen´ schon wieder vorbeizuschauen.

Dabei werden sich die Hörer freuen, die es erregt und schäumend mögen, die den Geist des Punk noch in der Nase riechen wollen. Daher gehen dem Hörer bei ´Kapitel 10: Wilde Augen´ nicht nur die Augen, sondern die Ohren auf, wenn Songs wie ´Willkommen in der zehnten Episode´ und ´Der Himmel soll brennen´ angestimmt werden. Schließlich geben KÄRBHOLZ noch allen etwas mit auf den Weg, nämlich nicht alles ´Schwarz und Weiß´ zu sehen sowie an Traditionen und einem selbst ein ´Halte fest´ auszurufen.

(7,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/Kaerbholzoffiziell  


KINGS NEVER DIE – All The Rats
2023 (Metalville) – Stil: (Melodic) Hardcore

Jawohl, ihr Old Schooler, heute bekommt ihr die olle Schule der Tradition in Form von New Yorker Hardcore und Punk aufgetischt, geboten von KINGS NEVER DIE.

Die fünf Männer kennen ihren klassischen Hardcore, tatsächlich sind sie auch keine Jungspunde mehr. Vor allem Gitarrist Dan Nastasi (DOG EAT DOG), Bassist Evan Ivkovich (WISDOM IN CHAINS) und Schlagzeuger Danny Schuler (BIOHAZARD) dürften keine Unbekannten sein.

Unter dem Banner KINGS NEVER DIE folgt nach zwei EPs nunmehr endlich das Debüt-Scheibchen, das sich gut 30 Minuten dreht. Die Männer legen dabei allzeit ein hohes Tempo vor, brüllen und shouten im Takt, um sich irgendwann in echte Wellenbrecher  reinzusteigern, man höre: ´This One’s For You´ oder ´Were We Friends At All?´.

(7 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/KingsNeverDieBand/


STEVE McALLISTER – I Hope You Are Okay
2023 (Vari-Tone) – Stil: Alternative Rock

In den ersten Minuten von ´Because I Love You Too Much´ könnte der Zuhörer denken, er wäre in einem neuen Werk von Steven Wilson gelandet, doch die Klänge entstammen dem neuen Album des Komponisten Steve McAllister.

Der aus Austin, Texas, stammende Künstler hat schon Dutzende Alben und Filmmusik veröffentlicht, aber ´I Hope You Are Okay´ ist sein erstes Album unter seinem eigenen Namen. Für die Premiere hat er sich sogar einige hochkarätige Mitmusiker ausgesucht: Gitarrist Mike Keneally (Frank Zappa, Steve Vai), Gitarrist Dave Gregory (XTC, Peter Gabriel), Schlagzeuger Rafael Bernardo Gayol (Leonard Cohen, A-ha, Robbie Robertson), Schlagzeuger Dony Wynn (Robert Palmer, Robert Plant) und Dana Colley (MORPHINE) am Saxofon.

Aufgenommen wurde die Scheibe jedoch gezwungenermaßen getrennt, die Files nur von Mann zu Mann zwischen Kalifornien, Arizona, Arkansas, Massachusetts, Texas und England hin und her geschickt, als keiner vor die Tür ging und persönliche Treffen untersagt waren. Dass Steve McAllister einige Jahre lang die Konferenzmusik für das Weltwirtschaftsforum geschrieben hat, müsste ihm allerdings immer noch negativ angekreidet werden. Würde es ihm jedoch nur um den schnöden Mammon gehen, hätte er weiter Werbejingles geschrieben und nicht diese erlesenen und vielfältigen Kompositionen von ´I Hope You Are Okay´.

Denn so wie ein Steven Wilson trägt auch Steve McAllister seine Musik mit Elementen aus den Sechziger- und Siebzigerjahren relativ zeitlos vor.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/SteveMcAllister/


MVI (Mark Vickness Interconnected) – In The Rain Shadow
2023 (Independent) – Stil: Fusion

Komponist/Gitarrist Mark Vickness veröffentlicht nach ´Places´ aus dem Jahr 2017 und ´Interconnected´ aus 2020 das neueste Werk ´In The Rain Shadow´ unter MVI (Mark Vickness Interconnected), denn neben Mark Vickness‘ Gitarrenspiel sind diesmal auch Mads Tolling (Geige), Matt Renzi (Oboe, Englischhorn, Saxofon), Joseph Hebert (Cello), Dan Feiszli (Bass), Ty Burhoe (Tabla) und MB Gordy (Percussions) zu hören.

MVI erschaffen in ihrem anmutigen Zusammenspiel bisweilen eine kammermusikalische oder gar cineastische Atmosphäre, die dem klassischen und jazzigen Hintergrund geschuldet ist. Geradezu hypnotisch wird sie durch die Rhythmusgeber, Bassist Dan Fieszli sowie Ty Burhoe und MB Gordy.

Wer in diese Stimmung eintauchen und wie Mark Vickness dabei die Wolken am Himmel des kalifornischen Owens Valley beobachten kann, findet in der Musik des Septett seinen Frieden.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/mark.vickness


NEURONIUM – Signature
2023 (MiG Music) – Stil: Elektronikmusik

´Signature´ bietet sich für Liebhaber der kosmischen und der Berliner Schule an, um in die Welt von Michel Huygen einzutauchen, der für gewöhnlich entweder unter seinem eigenen Namen oder unter NEURONIUM firmiert.

NEURONIUM war in den Siebzigerjahren ein spanisch-belgisches Trio, das sogar mit VANGELIS zusammengearbeitet hat.

„A solid special compilation album from ultra electronic moods with synthesizers and electronics to neoclassical music but passing thru cosmic and dreamy landscapes…!“ Bereits durch diese Vorstellung dürfte klar sein, in welche Richtung die zwölf Titel aus zehn Studioalben dieser Kompilation tendieren.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/mhuygen?ref=profile


NEUROTOX – Echt
2023 (Metalville) – Stil: Deutschpunk

Nach zehn Jahren gönnen sich NEUROTOX und ihrer Anhängerschaft zum Jubiläum keine schnöde Best Of-Kompilation. Die Punkrocker aus Rheinberg präsentieren aktuell gar einen doppelten Rundumschlag, ein Doppelalbum.

Insgesamt 23 Tracks wurden auf ´Echt´ verewigt. Der zweite Silberling ist ein Live-Mitschnitt mit zehn Songs und schenkt umgehend blutige Nasen aus. Der erste Silberling hat dagegen mit den beiden Piano-Versionen von ´Heute Nacht´ und ´Nur einen Herzschlag´ einen Bonus in etwas gemächlicher Form anzubieten, schließlich muss die Nase auch mal zu bluten aufhören. Ganz besonders freut sich der Anhänger jedoch über die elf frischen Kompositionen vorneweg. Denn dort bekommt er alles, was er von NEUROTOX erwartet, einige Kracher wie etwa ´Echt´ und ´Heute Nacht´ oder nachdenklicheres wie ´Für dich´.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/NeurotoxBand


NOVA DOLL – Denaturing
2023 (Black Throne Productions) – Stil: Doom/Stoner Rock/Garage/Punk

Erst 2022 gegründet, legt das kanadische Trio um Gitarristin und Sängerin Casey Cuff ihr Debüt vor. ´Denaturing´ ist ein ungewöhnlicher Mix aus klassischen Doom-/Stoner Elementen, der sich mit Garage-/Punk Rock-Einflüssen battelt. Ein Großteil der Riffs zieht sich wie ein zäher Guss durch die sieben Songs, die immer wieder durch Punk-Attacken aus ihrer eher monotonen Doom-Rhythmik herausgerissen werden. Anderseits dominieren Garage- sowie Punk-Elemente einen Song wie ´Mabon´, der nur hier und da von kurzen verlangsamten Riffs ausgebremst wird.

´Waydown´ wird getragen von einem schweren, treibenden Riffing welches die verstaubten Wüstenstrassen durcheinander wirbelt. ´California Sunshine´ ist eher psychedelisch-artig aufgebaut und wirkt in Passagen zudem ziemlich Noisig. Der Gesang ist eher klar und im Wiederspruch zu den musikalischen Strukturen zu sehen. Was wiederum verwirrt. ´Denaturing´ ist bisweilen kantig, sperrig und man muss schon Muse und Zeit mitbringen, um sich durch das Album zu hören. Letztendlich finden sich neben KYUSS- und HIGH ON FIRE-Einflüssen eben auch die erwähnten punkigen Elemente, die NOVA DOLL zu einem Grenzgänger macht.

(6,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://novadoll.bandcamp.com/


OMNIUM GATHERUM – Slasher
2023 (Century Media Records) – Stil: Melodic Death Metal

OMNIUM GATHERUM offerieren laut Gitarrist Markus Vanhala ihren Liebsten einen kleinen „Snack zwischen zwei Alben“, denn ihre neuste, mit ´Slasher´ betitelte EP hat natürlich nur eine Spielzeit von 18 Minuten.

Dieser Happen beinhaltet natürlich den gewohnten Melodic Death Metal der Finnen, über vier Lieder verteilt. Zudem darf sich Neuzugang Nick Cordle innerhalb des Sextetts an der Rhythmus-Gitarre beweisen, nämlich bei der neuen, rassigen Nummer ´Slaher´ als auch bei dem „Flashdance“-Cover ´Maniac´. Nicht unbedingt essentiell, aber vielleicht delektiert sich der dauerhungrige Bandliebhaber an solch einer Fremdkomposition.

Die beiden anderen Songs, ´Sacred´ und ´Lovelorn´, sind hingegen Überbleibsel von den ´Origins´-Sessions. Nett.

(Ohne Wertung – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/omniumgatherumband/


STARSCREAM – Shatter The Sky
2023 (Rock Company) – Stil: Hard Rock

´Shatter The Sky´ ist die erste EP des aus Eindhoven, Niederlande, kommenden Trios, das sich musikalisch in den rockigen Achtziger sieht, aber auch keine Berührungsängste mit den aktuellen Rockströmungen hat. Sechs Stücke, die ganz klar Einflüsse von DEEP PURPLE, BADLANDS, DIO, WHITESNAKE und auch THIN LIZZY erkennen lassen. Gute gemachte Hard Rock-Stücke ohne große Eigenständigkeit.

Sänger Tim van den Eijnden erinnert hier und da an Ray Gillen oder auch DIO, je nach Song. ´The Fury´ hat in diesem Zusammenhang eher DIO-ähnliche Gesangsstrukturen. Während ´Hold Your Tongue´ etwas Gillen mit rauer-rockiger Note bereithält. Eine Nummer, die etwas an THIN LIZZY erinnert. Die sechs Tracks sind generell nicht schlecht, leiden allerdings an nicht vorhandenen Alleinstellungsmerkmalen und wirken doch zu alltäglich, was die ganze Kiste dann weniger überzeugend macht. Da fehlt der letzte Schritt, um zu überzeugen.

(6,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/starscreamrock/


SATAN TAKES A HOLIDAY – Satanism
2023 (Despotz Records) – Stil: Garage Punk / Rock’n’Roll

Satan scheint Schwede zu sein, zumindest verbringt er dort seinen Urlaub und hat sich gleich als Wortführer einer Garagen Rock-Combo angeschlossen. Sechs Scheiben haben SATAN TAKES A HOLIDAY bereits gebrutzelt, die neueste mit dem Titel ´Satanism´ aus dem Feuer geholt, wahrscheinlich aus irgendeinem der unzähligen Kriegsgebiete hier auf Erden.

Dennoch scheint Satan und das gesamte Trio recht fröhlich drauf zu sein, denn sie haben ganz schön poppige Melodien für ihren Garagen’n’Roll im Gepäck ihrer Benzinkanister. Dazu schrammeln sie im High-Energy-Bereich draus los und verstecken sogar ihren alten Elektro-Kasten aus der hintersten Ecke nicht.

Also wenn die Jungs und Mädels aus der Mittelstufe das hier mitkriegen, dann haben SATAN TAKES A HOLIDAY einen neuen Fanclub und überhaupt keine Sekunde Urlaub mehr.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/satantakesaholiday/


SKINDRED – Smile
2023 (Earache / Edel) – Stil: Alternative Rock / Metal

SKINDRED legen ihrer Anhängerschaft mit ´Smile´ ein echtes Sammelsurium ihres gewohnten Spielwitzes vor. Obwohl die Scheibe im Laufe ihrer zwölf Kompositionen vermehrt experimenteller wird, bleibt der erhoffte Spaßfaktor für Crossover-Begeisterte des Reggae-Rap-Dub-Electro-Rock-Pop-Punk-Metal erhalten.

Nach dem massiv tiefergestimmten Opener ´Our Religion´ haben SKINDRED etwa mit ´If I Could´ noch weitere Gassenhauer am Start. Sie öffnen ihre Wundertüte für Rocker wie ´Life That’s Free´ und ´Gimme That Boom´ oder Popper wie ´Black Stars´ und ´Addicted´. Es gibt natürlich mit ´This Appointed Love´ und ´L.O.V.E. (Smile Please)´ keine Schonzeit für Reggae-/Dub-Ausflüge, bevor die Band vollends mit ´Mama´ die Experimentierkiste aufmacht. Boom. Boom.

(7,5 krosse Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/skindredofficial/


SPLINTER – Role Model
2023 (Noisolution/Edel) – Stil: Retro Dance Rock

Die letzte gemeinsame Tour der beiden holländischen Bands DEATH ALLEY und BIRTH OF JOY war die Geburtsstunde von SPLINTER, die auf “Roboter Records”, dem Label von KADAVAR, 2021 ihr Debüt ´Filthy Pleasures´ veröffentlichten. 2023 legt man mit ´Role Model´ den Nachfolger vor und wird noch tanzbarer, noch eingängiger und endscheidet sich für das Genre „Retro Rock vs Indie Dancefloor“- was immer das auch bedeuten mag.

Die 12 Songs auf dem neuen Album sind enorm eingängig, sehr geschmeidig und erinnern nur selten daran, welche Musiker hinter diesem Sound stecken. Aus dem großen Strauß „Genres“ zieht man ein paar „Exoten“ raus, stopft die in den Mixer und ab geht’s. Punk-Pop, Dancefloor, Indie-Melodien, Alternative Pop Rock – der Stil SPLINTERs ist schwer festzunageln. Aber eines wird schnell deutlich, Ohrwürmer hat man drauf.

Wer gut mit THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA und deren kommerziellsten Stücken kann, der darf hier noch ein paar Schritte weiter in diese Richtung gehen und landet dann bei SPLINTER. Hammondorgel und schmirgelglatte Gitarrenläufe harmonieren gut, manchmal fühlt man sich wie in einem Siebzigerjahre Soundtrack. Man höre ´Golden Moon´. Um die Rock-Fraktion nicht zu enttäuschen, liefert man mit ´Medicine Man´ einen rockenden Gegenpol zum Gesamtgeschehen. Ein typisches „Love or Hate“-Album, dieser talentierten Musiker. Kurzum, wer sich einen Mix aus BLONDIE, Achtziger Synthy-Pop und DEATH ALLEY vorstellen kann, der sollte hier mal reinlauschen. Gute- Laune-Soundtrack!

(7,77 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://splinter-music.com/


SVNTAX ERROR – The Vanishing Existence
2023 (Birds Robe Records) – Stil: Alternative/ Art Rock

SVNTAX ERROR präsentieren auf ihrem zweiten Album abermals experimentelle Klänge über acht Songs und eine gute Dreiviertelstunde. Das Quartett aus Sydney bekennt sich dabei zur Melancholie und bisweilen traurigen, skandinavisch geprägten Tonfolgen. ´The Vanishing Existence´ lustwandelt zwischen Post Rock und Art Rock.

Lässt sich der Hörer darauf ein, können die Kompositionen von Ben Aylward (Gesang, Gitarre), Matthew Syres (Gitarre, Theremin), Peter Yates (Bass) und Ben Eadie (Schlagzeug) auch hypnotisch wirken oder beim perfekten Chill-Out zum Einsatz kommen.

Somit werden SVNTAX ERROR besonders in Zeiten des Post Rock empfohlen, wenn die Indikation auf Psychedelia und Experimental ausgerichtet ist.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/svntaxerror


UNEARTH – The Wretched, The Ruinous
2023 (Century Media Records) – Stil: Thrashcore

Trotz der Abstinenz an der Live-Front benötigten UNEARTH fünf Jahre, um der seit einem Vierteljahrhundert eingefleischten Anhängerschaft mit dem achten Album den Nachfolger von ´Extinction(s)´ präsentieren zu können.

Doch UNEARTH sind über diesen Zeitraum weder schlechter noch besser geworden. Sie besitzen immer noch all ihre Stärken, die massive Kraft und die Breakdowns, haben allerdings in ihrem Feuerwerk auch einige Blindgänger versteckt, so dass der ganz große Rundumschlag ausbleibt.

Souverän wie eh und je beglücken UNEARTH weiterhin alle nicht nach Originalität trachtenden Genre-Liebhaber.

(7 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/unearthofficial


MICHAEL VINCENT – Electric Fox
2023 (Independent) – Stil: Rock

Sänger und Gitarrist Michael Vincent hat sich endlich ein Herz gefasst und eine kleine Scheibe über 33 Minuten aufgenommen. Die acht Lieder hat er sogar mit Anthony Fulgar (Drums), Scott Warren (Lead-Gitarre) und David Mendoza (Bass) eingespielt, seiner sogenannten Begleitband U NO WHO.

Auch wenn die Produktion nicht die allerbeste ist, sie zeigt den Songwriter aus der Bay Area in all seinen Facetten, des Alt, Folk und Blues Rock, des Power Pop und Blues. Da darf der Hörer schönen Folk-Rock (´Together´), Power-Pop (´Last Summer´), Indie-Rock (´Fool, My Eye´) oder doch auch moderne Rocker (´(Kinda Like) Forever´) lauschen.

Beim nächsten Mal geht Michael Vincent mit einem großen Produzenten in ein großes Studio und wird die Welt erobern, zumindest die Westküste.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/michaelvincentandyouknowwho/


VOLUME – Requesting Permission To Land
2023 (Independent) – Stil: Acid/Stoner Rock

Zum 20-jährigen Jubiläum legen die Kalifornier VOLUME ihr einziges Minialbum neu auf: ´Requesting Permission To Land´. Zugleich meldet sich die Band auch wieder zurück. Das Album bekam ein neues Artwork, an Sound und Musik hat man nichts geändert. Hört man sich das Album vorurteilsfrei an, dann kommt man zu dem Schluss, das Trio hatte vor 20 Jahren ein Album eingespielt, das nach heutigen Maßstäben immer noch aktuell ist.

Der Retro Sound von VOLUME ist angesiedelt in den späten Sechzigern/ frühen Siebzigern, mit einem Brückenschlag in die Neunziger. Bands wie HAWKWIND treffen auf Truppen wie frühe MONSTER MAGNET oder QUEENS OF THE STONE AGE. Der nicht unerhebliche psychedelische Einfluss ist ebenfalls hervorzuheben. Deutlich in einer verwirrenden Nummer wie ´Headswim´ zu hören. Interessanterweise hört man bei ´Make Believe´ sogar den einen oder anderen THE BEATLES Ansatz raus, als diese in ihrer weniger poppigen Phase waren. ´Requesting Permission To Land´ hat einige sehr coole Momente und zeigt sich enorm zeitlos. Die teils unorthodoxen Songs zeugen von einem enorme hohen Musikverständnis der damaligen Sounds.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://volume-rocks.bandcamp.com/album/colossalfreak


WARFARE D.C. – Reflection
2023 (Divebomb Records) – Stil: Thrash-/Power Metal

Auch die Bay Area ist im Grunde genommen ein Dorf, was man ganz gut bei WARFARE D.C. sieht. Auch wenn die Band nie wirklich eine Rolle in der Thrash Metal-Geschichte der Bay Area gespielt hat oder spielen wird, finden sich auch hier Mucker, die ihre erste musikalischen Erfahrungen machten und sogar Jahrzehnte später wieder in einer anderen Band zusammenfanden. In diesem Fall sprechen wir von Ted Aguilar und Will Carroll, die beide bei WARFARE D.C. zusammen spielten und sich nun bei DEATH ANGEL wiedergefunden haben.

WARFARE D.C. veröffentlichten 1990/91 nur zwei Demos und gaben in der ersten Hälfte 1993 auf. „Divebomb Records“ liefern auf ´Reflection´ die beiden Demos ´Lethal Injection´ und ´Victims´ in den ursprünglichen Mixen des jeweiligen Veröffentlichungsjahres sowie die gleichen Demos mit neuen Mixen aus 2023. Über Sinn und Unsinn kann man jetzt streiten, aber man liefert in der gewohnten Qualität mit 20-seitigem Booklet und in 500er Auflage. WARFARE D.C. waren mit ihren musikalischen Ergüssen in den frühen Neunzigern auf dem Niveau von Bands wie EPIDEMIC, HORDE OF TORMENT, WREKKING MACHINE oder auch VIO-LENCE. Also nicht wirklich überspektakulär. Alles solide eingehämmert und dem Zeitgeist entsprechend. ´Lethal Injection´ wurde damals übrigens von Sean Killian (VIO-LENCE) produziert, um ein bisschen Name dropping zu betreiben. Kurzum, um die Bay Area Sammlung zu erweitern ist das Teil okay, musikalisch allerdings eher dritte Stumpf-Thrash-Liga.

(knappe 7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://tribunalrecords.bandcamp.com/album/reflection


WINGER – Seven
2023 (Frontiers) – Stil: Melodic Rock

Where Are Your Heroes? (´Proud Desperado´) Sorry, diese Zeile muss ich jetzt einfach aus dem Kontext reißen. ´In The Heart Of The Young´ erschien mir wie ein letztes melodisches Aufbäumen vor den Wellen von Grunge und Crossover. WINGER habe ich danach nicht mehr wahrgenommen, 33 Jahre danach sind wir nun schon bei ´Seven´. Die kommt von Frontiers. Von wo sonst? Das ist die Firma, die gerne und immer wieder alte Helden unterschiedlichen Formats ausgräbt und mehr oder minder erfolgreich vermarktet. Hier haben sie ein Juwel im Köcher.

Mit ´Seven´ schenken uns WINGER ein komplett starkes Melodic Rock Album. Das Ding verschafft uns eine echte kleine Zeitreise. Starke Songs von Anfang bis Ende. Kein Ton ist zu wenig und keine Note zu viel. Alles ist am richtigen Platz. Jeder Chorus sitzt wie angegossen. Das rockt echt mehr als die letzten BON JOVI. Und anstelle der obligatorischen Schlussballade haben Kip Winger und seine Gang am Ende mit ´It All Comes Back Around´ ein echtes kleines Epos.

Wo die Helden sind? Noch da. Oder eben zurückgekommen. Und manche scheinen fast stärker als je.

(8 Punkte – Mario Wolski) – facebook.com/WingerTheBand/


XYSMA – No Place Like Alone
2023 (Svart Records) – Stil: Garage/Stoner Rock

Die kurze Unterbrechung von gerade einmal 25 Jahren haben XYSMA nunmehr endgültig hinter sich gelassen. Den neuen Lebensabschnitt beginnen sie mit Rock-Musik, genauer gesagt mit Garagen Rock und Stoner Rock. Den Death’n’Roll und Grindcore ihrer frühen Jahre haben sie natürlich schon lange hinter sich abgelegt.

XYSMA tönen heutzutage eher wie viele bunte und rückwärtsgerichtete Rock-Formationen. Die Kompositionen tauchen auch in die Sechziger- und Siebzigerjahre ein, samt Gitarre und Orgel, entdecken dabei sogar Prog Rock und Proto Metal.

Folglich: Entdecker mit der Vorliebe für vielfältige Sounds dürfen hier beherzt zugreifen.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/Xysma

 

 

 

 

Bis zum nächsten Klick. Euer Michael und das gesamte SaitenKult-Team

 


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