PlattenkritikenPressfrisch

KULT KOMPASS November 2021

Ho, ho, ho!

Ich glaube, ich trage mal heute einen roten Hut und rufe: Ho, ho, ho! Aber stopp! Ich bin nicht der Cola-Weihnachtsmann, sondern als Nikolaus trage ich natürlich eine Mitra auf dem Kopf. Ho, ho, ho! Reingelegt.

Auf jeden Fall habe ich einen Sack voller Silbertaler mitgebracht, die lassen sich in so Geräten abspielen und dann kommt Musik aus kleinen Kästen. Hooo, hooo, hoooo!

Auch wenn ich natürlich in den letzten Tagen etwas anderes zu tun hatte. Ihr wisst, Geschenke und so schnüren. Präsentiere ich Euch heute im Namen all meiner Kolleginnen und Kollegen den Höhepunkt, nicht des Jahres, der Flashback folgt erst noch, sondern des Monats.

Ho, ho, ho!

Wir haben die Monatsherrlichkeit und eine schöne Anzahl an knackigen Reviews geschnürt und in Eure schwitzigen Stiefel gelegt. Hoffe, Ihr habt nicht kurz vorher reingepinkelt, das wäre schlecht.

Hooo, hooo, hoooo!

Ach, die Rute habe ich ja auch noch in der anderen Hand … Patsch … Patsch … Patsch.

Hooo, hooo, hoooo!

 

 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

 

 

 

 

Q u i c k – R e v i e w s

 

 


ALABAMA 3 – Step 13
2021 (Submarine Cat Records/Rough Trade) – Stil: Roots-Futurists

ALABAMA 3 sind im Grunde ihres Herzens Punker. Ihre Americana-Music in britischer Umsetzung stieß auch in vielen Ecken der Erde auf Begeisterung. Wer sich noch an den Titelsong der TV-Serie „The Sopranos“ erinnern kann (´Woke Up This Morning´), der weiß, von wem wir reden. Vielleicht haben ALABAMA 3 allerdings auch die Dancefloor-Elemente in ihrem Sound geschadet, um den großen Durchbruch zu erzielen. Nicht jeder wollte Blues und Country mit Techno-Beats hören. Why not?

Jetzt haben sich ALABAMA 3 wieder aus dem Dreck gezogen, mit Gründungsmitglied Larry Love und ohne den verstorbenen Jake Black. Dessen Tod und das Jahr 2020 hat die Band erst einmal durchgeschüttelt, sie aber nicht davon abgehalten, wieder auf Tour zu gehen und das 13. Album dabei zu haben. 13 Songs zelebrieren sie – ohne Depressionen  einfach eine weitere Party. Ganz im Stile ihrer alten Scheiben feiern sie ihren Retro-Disco-Trip mit einem gesellschaftskritischen Blues-Rock-Country-Dance sowie einer Parodie auf einen ehemaligen Weltanführer, auf einen gewissen Toe Tapper.

Pflicht für alle ALABAMA-3er!

(Rob „Bert“ Hall) – https://www.facebook.com/thealabama3


CLAYHANDS – Is This Yes?
2021 (Bird’s Robe Records) – Stil: Cinematic Post Rock

Sydneys CLAYHANDS widmen sich der instrumentalen und dabei der filmischen Darstellung des Post Rock. Ihr selbst produziertes Debütalbum ´Is This Yes?´ soll auf schönem Vinyl allerdings erst in 2022 folgen. Denn dafür ist es wie gemacht.

CLAYHANDS lassen bereits jetzt (via schönem Digipak) liebliche Landschaften vor dem geistigen Auge entstehen. Sinfonisch, avantgardistisch und träumerisch leben sie ihre Musik aus. Eine jazzige und Ambient-hafte Note hier und da sowie etwas Melancholie suhlt sich auch im Sound.

Von frühen Post Rock-Tagen wie TORTOISE und GRAILS, über Soundtrack-Koryphäen wie Hans Zimmer und GOBLIN bis zum echten Prog Rock-Glanz von KING CRIMSON und Mike Oldfield zeigen sich diese versteckt zwischen Blumen und Büschen. In der prallen Sonne sehen wir die überraschenden Großtaten von CLAYHANDS.

(8,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/clayhands59


DER WEG EINER FREIHEIT – Noktvrn
2021 (Season of Mist) – Stil: Post-Black Metal

Das fVenfte Album der mittlerweile dem Untergrund entwachsenen Würzburger bietet außer der gewohnt tiefschwarz-depressiven Grundstimmung einige Neuerungen, von denen wohl die größte ist, dass Bandkopf Nikita Kamprad mittlerweile so viel Vertrauen in seine drei Mitstreiter gewonnen hat, um sie erstmals sowohl ins Songwriting einzubeziehen als auch die Platte komplett live aufzunehmen. Des Weiteren singt Kamprad nun gelegentlich auch Englisch, was den Songs sehr gut steht, vor allem wird jedoch mit Formaten experimentiert, die weit außerhalb dessen liegen, wofür DER WEG EINER FREIHEIT bisher standen – das augenfälligste Beispiel ist hier ´Immortal´, ein extrem elektronisches Stück, das wie um den wie immer mächtig emotionalen Gesangsvortrag von THE DEVIL’S TRADEs Dávid Makó herumkomponiert erscheint. Es sind Nocturnes, Nachtstücke, und dieses Traumhafte, Jenseitige haftet ihnen auch an, sie sind nochmal atmosphärischer und ätherischer, was schließlich im finalen ´Haven´ seinen Höhepunkt findet, klar in Kopfstimme gesungen und eigentlich schon sehr weit im Shoegaze verortet. Wer die Band neu oder wieder kennenlernen will, dem sei zu ´Noktvrn´ geraten, aber auch die Langzeitfans werden die Neuausrichtung (NeVausrichtung? – d. Red.) mitgehen.

(7,5 Punkte – U.Violet) – http://derwegeinerfreiheit.dehttps://www.facebook.com/derwegeinerfreiheit


ERIC DEVRIES – Song & Dance Man
2021 (MiG Music) – Stil: Americana/Country

Eric Devries ist DER Singer-Songwriter der niederländischen Americana-Szene. In den Neunzigerjahren trat er noch als Frontmann von THE BIG EASY auf, doch seit 2004 veröffentlicht er seine Solo-Scheiben.

´Song & Dance Man´ ist mittlerweile sein viertes Werk. Der Sänger/Gitarrist aus Utrecht muss allerdings dabei mit dem Ruhm des gefeierten Vorgängerwerkes zurechtkommen. Doch gemeinsam mit Bassist Lucas Beukers, Geiger Joost van Es und Produzent/Multiinstrumentalist Janos Koolen gelingt es ihm, auf zwölf frischen Kompositionen erneut seine Klasse zu beweisen.

Liebe und Depressionen, viele menschliche Schicksalsschläge verarbeitet Eric Devries einfühlsam und gekonnt in seinen schönen Songs voller Country, Blues und Folk, die in diesen oft einsamen Tagen die Seele berühren.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/ericdevries.info


DOLD VORDE ENS NAVN – Mørkere
2021 (Lupus Lounge / Prophecy Productions) – Black Metal

Alte Herren-Black Metal oder doch viel mehr? DOLD VORDE ENS NAVN sind ein paar Kumpels aus Oslo, die sich schon ewig kennen und vor zwei Jahren dann zusammengetan haben, um zusammen Musik zu machen, was in der Aufnahme einer EP endete. Allerdings muss man dazu erwähnen, dass es sich hierbei sämtlich um alte Recken aus der norwegischen Avantgarde-BM-Szene handelt, die in Bands spiel(t)en, die für das Genre so grundlegenden wie hochkarätig sind wie DØDHEIMSGARD, ULVER, SATYRICON, VED BUENS ENDE oder STRID; allein schon Vicotnik am Mikro ist ein Grund, dem Ganzen mehrere Ohren zu schenken. Wer anlässlich all dessen nun weitere abgefahrene Experimente an den BM-Randgebieten erwartet, wird jedoch (kein bisschen) enttäuscht, konzentrieren sich die Herren doch erstaunlicherweise auf ganz traditionelle Töne, wenn auch in modernem Gewand. Das ist hier das eigentliche Experiment: bollernden, rumpelnden aber technisch natürlich einwandfreien OSBM mit folkloristischen, klassischen und theatralischen Elementen zu verbinden – heraus kommt eine  spannende Scheibe für frostige Wintertage.

(7,5 Punkte – U.Violet) – https://doldvordeensnavn.bandcamp.com/https://www.facebook.com/doldvorde


THE END A.D. – It’s All In Your Head (EP)
2021 (Fastball Music) – Stil: Groove Metal

„Philadelphia’s The End A.D. is a ferocious female-fronted band that combines hardcore, punk and metal.“ – prangt auf der Facebook-Seite der Formation. Und damit ist auch fast alles gesagt, was es zu lobpreisen gibt. Räudige Metaller gehen bei THE END A.D. sofort steil und female fronted Verehrer ohnehin.

Auch wenn diese EP nur 15 Minuten offeriert, macht Sängerin Amy Friend dies mit ihrer Anwesenheit und ihrem vielschichtigen Gesang wieder wett. THE END A.D. machen sich ihren Crossover selbst. Zwischen Hardcore Punk und melodischem Death Metal holen sie den Groove hervor. Wer sich also irgendwie paar Dekaden zurückbeamen will, nimmt diesen Cocktail mit dem Geschrei, mit dem Gegrowle und mit dem Gesang von Amy Friend liebend gerne an.

Mosh it.

(6,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/profile.php?id=100056707428617


EVIL HUNTER – Lockdown
2021 (Demons Records) – Stil: Heavy Power Metal

Es handelt sich zwar erst um das zweite Album dieser 2017 gegründeten Band, aber weiß Gott nicht um junge unerfahrene Musiker. Die aus unterschiedlichen Gegenden Spaniens stammenden Bandmitglieder haben allesamt bereits einiges an Erfahrung aufzuweisen. So ist beispielsweise Sänger Damián Chicano ebenfalls bei der reaktivierten legendären 80er Jahre Kombo VIUADA NEGRA am Start und Gitarrist José Rubio hat immer bei gut und gerne einem halben Dutzend Bands gleichzeitig seine Finger im Spiel.

Dementsprechend handelt es sich bei dem hier vorliegenden Album um ein durch und durch reifes und hochprofessionelles Werk, dem man eigentlich nur eines vorwerfen kann, nämlich, dass es eben hochprofessionell ist. Was ich sagen will ist, dass ihre Musik genau auf die Zielgruppe zugeschnitten ist, die auf den Heavy Power Metal europäischer Prägung abfährt, wie ihn seit JUDAS PRIEST und ACCEPT, über RAGE und PRIMAL FEAR hunderte, wenn nicht sogar tausende von Bands weltweit spielen. Beim Hören zwar unterhaltsam, aber ohne Gefahr laufend, sich dabei intellektuell zu überanstrengen. Nichtsdestotrotz muss die filigrane Gitarrenarbeit von José Rubio hervorgehoben werden und wenngleich die krächzige und damit an uns Udo erinnernde Stimme nicht überall Anhänger finden wird, so hebt sie doch die Musik von EVIL HUNTER über die der üblichen Heavy Power Metal-Kombos hervor. Trotz einiger Stereotypen sollten Fans des Genres also ruhig mal ein Ohr riskieren.

(7 Punkte – Don Carlos) – https://www.facebook.com/evilhunterband/


TENNESSEE ERNIE FORD – Classic Trio Albums 1964 & 1975
2021 (Bear Family Records) – Stil: Country

Diese zwei Werke sind der Ursprung der späteren Unplugged-Geschichten: ´Country Hits…Feelin‘ Blue´ (1964) und ´Ernie Sings & Glen Picks´ (1975).

1964 begab sich Tennessee Ernie Ford mit Gitarrist Billy Strange und dem Kontrabassisten John Mosher ins Studio. Ohne Overdubs wurde direkt jeder erste Take eines Songs genommen und auf ´Country Hits…Feelin‘ Blue´ verewigt. Sie nahmen sich zwischen den Aufnahmen für zwölf Country-Standards, von Komponisten wie Hank Williams, Fred Rose, Jenny Lou Carson, Willie Nelson und Don Gibson, ausgiebig Zeit und waren nach sechs Stunden fertig.

1975 begleiteten den Bariton Tennessee Ernie Ford der Country/Pop-Gitarrist/Sänger Glen Campbell und Bassist Chuck Domanico. Diesmal waren es zehn Country-Standards, inklusive Titeln von Don Gibson, Floyd Tillman oder Richard M. Jones und drei von Kris Kristofferson, die das nächste Meisterwerk ausmachten.

Die Gelassenheit und Intensität dieser beiden Werke erreichten im Nachgang nicht mehr viele Scheiben.

(Michael Haifl)


FORTRESS – Don’t Spare The Wicked
2021 (High Roller Records) – Stil: Heavy Metal

Sie sind schon sehr talentierte Musiker, die vier Mannen von FORTRESS. Gründung 2016, erste EP 2018, eine Split-Single mit HAUNT ein Jahr später, und nun das erste Album. Der Name dagegen ist etwas unglücklich gewählt, weil der Festungen gibt es in der Metalwelt einige. So hat das Quartett aus dem kalifornischen Whittler sicher nicht ganz leicht, im echtmetallischen Universum entdeckt zu werden.

Dabei machen sie fast alles richtig. Das beginnt mit dem flotten ´Lost Forever´. In ´Devil’s Wheel´ kommen Einflüsse von JUDAS PRIEST und DIO durch. Sänger Chris Nunez klingt hingegen immer wieder wie der junge Dickinson. Einen leicht neoklassischen Einschlag findet man in ´Anguish´. Das Keyboard in ´Children Of The Night´ bringt einen leisen Gusto von EUROPE. Keine Sorge, da ist kein letzter Countdown drin. Mag trotzdem sicher nicht jeder, mir gefällts.

Mein Höhepunkt aber ist aber das akustische Instrumental ´The Passage´. Erst nachts, wenn es dunkel ist und still, leuchten die kleinen Sterne hell auf. Und die Stille dieser drei Minuten bringen das ganze Album zum Leuchten. Der abschließende Titelsong darf dann auch wieder aus allen Rohren feuern. An dieser Stelle wirkt er dann auch besonders gut.

Nein, FORTRESS machen nichts Neues. Aber all das Alte, was sie hier in die Hand nehmen, bringen die vier mit Spielfreude zu neuem Glanze. Antesten! (Oder vorher noch das „reguläre“ Review lesen – d. Red.)

(8 Punkte – Mario Wolski) – https://www.facebook.com/Fortressheavymetal/


ALAN FREED – A Hundred Years Of Rock ’n‘ Roll
2021 (Bear Family Records) – Stil: Rock

Alan Freed war in den Fünfzigerjahren wohl einer der berühmtesten Radio-D.J.s von Amerika. Er holte eine ganze Generation von Mexiko bis Kanada ans Radio und trat aufgrund seiner Popularität sogar in Hollywood-Filmen auf und hatte eine TV-Show.

Auch wenn er (wie fälschlicherweise oft behauptet) nicht den Genrebegriff „Rock and Roll“ erfand, trug er mit seinen Sendungen, die hauptsächlich schwarzen Rhythm & Blues spielte, und spätestens mit seiner „Rock and Dance Party“ diesen in die breite Masse. Er unterhielt sein Publikum mit Witz und allerlei Gimmicks.

Zu seinem 100. Geburtstag erscheint eine Zusammenstellung von 39 Titeln aus den Jahren von 1952 bis 1959. Enthalten ist die zeitgenössische Musik der „Alan Freed Shows“ sowie Original-Ausschnitte seiner berühmten Radiosendungen. Der Hörer erhält somit den Eindruck einer scheinbar kompletten Radiosendung.

Für den Sonntagstee oder den Sonntagsautoausflug.

(Michael Haifl)


HAZARDS OF SWIMMING NAKED – Our Lines Are Down
2009/2021 (Bird’s Robe Records) – Stil: Post Rock

Wieder lässt man sich feiern. Wieder soll ein Werk nicht in Vergessenheit geraten. „Bird’s Robe Records“ feiern bekanntlich ihre Jubiläumsserie zum Zehnjährigen und schicken in diesem Reigen das Debüt von HAZARDS OF SWIMMING NAKED nochmals ins Rennen.

Erstmals 2009 erschienen, ist die Gruppe in der Zwischenzeit vom hohen Norden Queenslands nach Brisbane umgezogen. Nach dem Debüt ´Our Lines Are Down´ konnten sie in den letzten zwölf Jahren allerdings 2018 nur noch ´Take Great Joy´ veröffentlichen.

Doch bereits ihr Debüt war ein Meilenstein für die Band und für den Post Rock auf dem australischen Kontinent. HAZARDS OF SWIMMING NAKED bieten nämlich neben den gewohnten Soundwänden auch atmosphärische Soundcollagen und integrieren sogar Samples. Das sind Kompositionen für echte Post-Rock-Cineasten.

(8,5 Punkte – Michael Haifl) – https://hazardsofswimmingnaked.com.au/album/our-lines-are-downhttps://www.facebook.com/hazardsofswimmingnaked


HAIRY GROUPIES – Glamnization
2021 (Independent Release) – Stil: Hard-/Heavy Rock

Natürlich war der Bandname der Grund, hier zu schreien, als das Thema zum Review angeboten wurde. HAIRY GROUPIES – wie geil ist das denn? Dass sich dahinter eine Truppe aus Tschechien mit  einer starken Frontfrau verbirgt, konnte man nicht im Geringsten vermuten.

´Glamnization´ ist supersolide von Dennis Ward produziert, der die Stärken der Band gut im Vordergrund platziert hat. Und die größte Stärke heißt sicherlich Jackie Daniel`s. Ja ja, keine Frage, mehr bescheuertes Klischee geht als Fake-Name nicht. Aber das kann sich die Dame mit ihrer sehr guten Stimme leisten. Der Rest der Truppe kann in Sachen bescheuerten Namen ebenfalls mithalten: Tommas Sixx, Rücky Squeel und Denny Roth. Gut, genug gelästert.

Musikalisch gibt es solide Hausmannskost in Sachen tightem Hard-/ Heavy Rock. Die kurzen Ausreißer in Richtung Heavy Metal sind beachtlich. Hervorzuheben das Up-Tempo-Bömbchen ´Shiver Down My Spine´. Oder auch ´Cry Baby´. Auch gefällig das teils groovige ´So Alive´ mit Mitsingpotential. Die Songs haben kommerzielles Potential und eine leicht glamige Note, ohne dabei aufgesetzt zu wirken. Die Truppe hat ein gutes Händchen für saubere Melodien in Verbindung mit einer knackig-soliden Gitarrenarbeit. Ein gefälliges Album der tschechischen Band, das in deutschen Landen auf interessierte Fans treffen sollte.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/hairygroupies


ILIUM – Quanttum Evolution Event EP
2021 (Independent Release) – Stil: Melodic Power Metal

ILIUM aus Newcastle, Australien, können inzwischen schon auf über zehn Veröffentlichungen zurückblicken. Die beiden Gründungsmitglieder, Gitarrist Jason Hodges und Adam Smith (G, B, Key), greifen in den letzten Jahren dabei immer wieder auf befreundete Musiker zurück, um ihre Alben zu vervollständigen. Im aktuellen Fall der neuen EP wurden sie am Gesang u.a. von Lord Tim (DUNGEON, LORD, etc.) unterstützt.

Neben zwei brandneuen Songs haben sie noch drei ältere Stücke neu eingespielt. ILIUM stehen seit ein paar Jahren für melodischen Power Metal der Prägung Europa/Skandinavien. Die Neueinspielungen, von ´Undergods´ (2007), ´Mothcaste´ (2009) sowie ´Hostile Sky´(2011) sind äußerst gelungen und haben nun deutlich mehr Druck. Von der Heavyness, trotz der hohen Melodiedichte, ganz zu schweigen. Von den beiden neuen Tracks, ´Tsetse´, so wie dem Titeltrack, überzeugt erstgenannter auf Anhieb. Heavy und recht schnell ballert das Ding aus den Speakern. Die neuen Tracks sowie die Neueinspielungen harmonieren im Ganzen sehr gut. Der Gesang von Lord Tim ist wieder einmal äußerst beeindruckend. Wuchtig, einfach energisch, so dass trotz der hohen Melodiedichte die Stücke einen echten Bums haben. Auch wenn die Melodien mehrheitlich bekannt sind, die Feinheiten und wirklich exzellente Gitarrenarbeit heben die EP aus dem Wust des Genres ab. Sehr stark und auch fett produziert.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://iliumaustralia.bandcamp.com/album/quantum-evolution-event-ep


IMPERIAL TRIUMPHANT – An Evening With Imperial Triumphant
2021 (Century Media Records) – Stil: Avantgarde Black Metal

Ein Abend im tiefsten Downtown New York, im legendären The Slipper Room, einem Burlesque-Varieté-Theater, wo sich Opulenz, Dekadenz und Zweideutigkeit die Klinke in die Hand geben – die ideale Bühne für das Trio, dass die Extreme des Molochs NYC in ebensolcher Musik zu erfassen versucht. Sechs Songs wurden aufgenommen, je hälftig aus den beiden letzten Alben ´Vile Luxury´ und ´Alphaville´ stammend, und die Mischung ist zudem sehr abwechslungsreich ausgefallen, so dass sich IMPERIAL TRIUMPHANT in all ihrer Arrangement-Pracht, übertriebenem Noise- und Dissonanz-Worshipping und generell aberwitzigen Technik präsentieren können, nur leider keinem Publikum, dessen Begeisterungsausrufe ich doch schmerzlich vermisse… denn wer die New Yorker live erlebt hat, weiß, wie radikal experimentell und mitreißend ihre Auftritte ausfallen. Damit dient dieses Album jedoch dem Neuling als perfekter Einstieg in das Universum der aktuell vielleicht radikalsten Erneuerer des Genres. Ideal für einen winterlichen Abend vorm Kamin!

(Ohne Punktwertung – U. Violet) – http://www.imperial-triumphant.comhttps://www.facebook.com/imperialtriumphant


IN VAIN – All Hope Is Gone
2021 (Lady Stone Records) – Stil: Power-/Speed  Metal

Auf die Spanier ist Verlass. Nach vier großartigen Alben (siehe hier) machen sie auch auf ihrem fünften Longplayer klar, dass sie ihr Handwerk verstehen. Der Mix aus Power-Elementen, gekoppelt mit Speed Metal-Anleihen, geht auch auf ´All Hope Is Gone´ sehr gut auf. Die Jungs haben sich von Album zu Album konstant gesteigert, das ist unüberhörbar und so wirken die zwölf Track des neuen Albums wie ein Trommelfeuer aus speedigem Power Metal.

Heavier und vor allem schneller klang man bisher noch nicht! ´See You In Hell´, ´Kings Of The Hill´, ´Falling To The Ground´ oder ´Metal Chams´ sind fast schon reinrassiger Speed Metal mit einem typischen Euro-Metal-Touch. Auffällig ist gerade bei diesen Nummern, dass sie sich recht ähneln.  Bei den weniger schnellen Tracks kommen die Melodien stärker heraus, was sich dann wieder an den Vorgängeralben orientiert. Etwas untypischer haut  ´Hannibal Ad Portas´ aus den Boxen. Grundsätzlich zwar ein wuchtiger Power Metal-Bolide, wirkt der Refrain und sein breiter Chor fast schon Death Metal-mässig. ´Goodbye And Fuck You All´ beendet ein ziemlich temporeiches Album mit einer aussagekräftigen Gesangszeile. IN VAIN haben deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient mit ihrer krachenden Metal Message.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.invainmetal.com/


KANAAN – Earthbound
2021 (Jansen Records) – Stil: Psychedelic Rock 

KANAAN drehen nach den sanfteren Versionen ihres Sounds auf den Vorgängern jetzt den Lautstärkepegel richtig auf. Die leichten, jazzigen Töne von ´Windborne´ (2018) und ´Double Sun´ (2020) bleiben außen vor.

Das norwegische Feintechniker-Trio wird zwar bereits als Prog-Stoner umschrieben, doch sie holen schlichtweg die volle Wucht des Psychedelic Rock zum Vorschein. Wer da an KYUSS denkt, wird sogleich erschlagen.

Denn das vierte Studioalbum wird zu einem explosiven Ungetüm für Headbanger, irgendwo im All zwischen Heavy Stoner, Sludge, Psychedelic und Space Rock – und das alles rein instrumental.

(7 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/kanaanband


KING BUFFALO – Acheron
2021 (Stickman Records) – Stil: Stoner-/Psychedelic Rock

´Acheron´ ist im aktuellen Jahr schon der zweite Release des Trios aus Rochester, NY, das über die letzten Jahre den anspruchsvollen Rockfan mit großartigen Alben begeistern konnte. Hatte man im Frühjahr ´The Burden Of Restlessness` rausgehauen, in der Hoffnung, der Pandemie-Scheiß wäre bald zu Ende und man könnte wieder touren, ging man Monate später erneut ins Studio bzw. in „die Höhle“ um seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Die vier Songs mit fast 40 Minuten Spielzeit zeigen ein Power-Trio, das sich mehr in atmosphärisch-psychedelisch Richtung bewegt und dabei ihre schweren Riffs eher in kurzen Passagen einsetzt.

`Acheron´ ist eine Klangreise, ähnlich wie bei 3RD EAR EXPERIENCE, wobei KING BUFFALO aber in letzter Konsequenz doch die härteren Riffs liefern und somit sich auch weiterhin beim beeinflussenden Heavy-Blues bedienen. Eine fesselnde Schnittmenge aus beiden markanten Einflüssen liefert man mit ´Cerberus´. Der Opener und gleichzeitig Titeltrack ist deutlich mehr sphärisch und ruhiger ausgerichtet und bewegt sich deutlich von z.B. ´The Burden Of Restlessness` weg. Die Mehrdeutigkeit des neuen Materials und die dezentere Komplexität gefällt mir sehr gut, zumal sich die Band noch deutlich vom Rest der Szene versucht abzugrenzen. ´Acheron´ ist ein bemerkenswerter Schritt des Trios in eine Richtung, die auf mehr Nuancen setzt und einen als Fan mehr fordert, aber auch gleichzeitig belohnt, indem man in der Musik ganz aufgehen kann.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://kingbuffalo.bandcamp.com/album/acheron


LOOKING FOR MEDUSA – Perseus
2021 (Rock City Music) – Stil: Heavy Metal

LOOKING FOR MEDUSA sitzen auf ihrem zweiten Album zwischenzeitlich und ganz kurz zwischen allen Stühlen. Das Quartett aus dem zentralfranzösischen Clermont-Ferrand bringt plötzlich ein paar Modern Metal-Einflüsse in ihren eigentlich Old School-Metal. Da dürften diese modernen Elektro-Sounds und Sprechgesänge in ´Amazonia´ manchem Traditionsmetaller missfallen. ´Demon´ hingegen ist für die andere Fraktion ganz sicher zu altmodisch. Da ging doch der rote Faden ein wenig verloren. LOOKING FOR MEDUSA durften schon mit MOONSPELL, U.D.O., VULCAIN oder ADX die Bühne teilen, vielleicht darum auch diese gewisse Vielfalt.

Mit dem französisch gesungenen ´Contact´ aber schaffen sie, beide Welten sinnvoll zu verbinden. Insgesamt überwiegt aber das Licht. Der flotte und eingängige Opener ´Erzèbet´ vermag es, gute Laune auszulösen. Was in diesem dunklen Herbst auch etwas Gutes ist.

(7 Punkte – Mario Wolski) – https://lookingformedusa.wixsite.com/officiel


MAYBESHEWILL – No Feeling Is Final
2021 (The Robot Needs Home Collective) – Stil: Dream Post Rock

Die Band aus Leicester war immer so etwas wie die Referenzband des Post Rock ohne große wilde Instrumentalausbrüche, eben einer verträumten, urmelodischen Version dessen. Ihr Drittwerk ´I Was Here For A Moment, Then I Was Gone´ ist für mich die Blaupause dieser Stilrichtung.

Nach dem deutlich schwächeren Nachfolger ´Fair Youth´ löste man sich letztlich auf, um nun ein Comeback zu feiern. Vordergründig sind alle Melodien und Harmonien wieder da, die man schon früher immer an der Band liebte. Allerdings will das Material in seiner Ganzheit, in seinem Zusammenhang bei mir nach unzähligen Durchgängen immer noch nicht zünden. Es plätschert weitgehend dahin, es fällt mir schwer, die Konzentration zu behalten. So richtig erklären kann ich es mir nicht, aber ich fürchte meine Gefühle für dieses Album sind damit bereits finalisiert. Bitte hört bei Interesse selbst rein.

(subjektive 6,75 Punkte – Markus gps) – https://www.facebook.com/mybshwll


MLB TRIO – Birka
2021 (Ilona Records) – Stil: Jazz / Kammer-Jazz

Der Pianist THIERRY MAILLARD agiert bei der neuen Attraktion, dem MLB TRIO, mit Gitarrist SYLVIAN LUC und Trompeter STÉPHANE BELMONDO.

Gemeinsam wollen sie ein Kammer-Jazz Album produzieren, das von Gitarre und Trompete durchdrungen ist. Seit seinem 1998er Debüt hat THIERRY MAILLARD weitere 15 Alben und unzählige Kollaborationen verbuchen können. Auch SYLVIAN LUC kam schnell zum Jazz und spielte im Studium Cello und Gitarre. STÉPHANE BELMONDO ist hingegen als Trompeten- und Flügelhornspieler weltbekannt.

Auf seinem Debüt präsentiert das MLB TRIO eine wahre Jazz-Stunde in der Hauskammer des Hörers Wahl. Fünf Stücke stammen von SYLVIAN LUC, acht von THIERRY MAILLARD und zwei von STÉPHANE BELMONDO – und so vermischen sich skandinavische Einflüsse mit baskischen und südländischen. Alles tönt perfekt und alles ist perfekt arrangiert.

Die fünfzehn Kompositionen finden schnell ihr Herz und sind schneller zu Ende als gedacht. Ein ganz exquisites Werk.

(Michael Haifl)


OMNIUM GATHERUM – Origins
2021 (Century Media Records) – Stil: AORDM…

…bedeutet “Adult Oriented Death Metal”, und ist die aktuelle Version der ganz eigenen Nische, die sich OG im Laufe von 25 Jahren Bandbestehen geschaffen haben. Da macht es auch nichts aus, wenn auf einmal die gesamte Rhythmustruppe seit dem gigantischen 2018er ´The Burning Cold´ den Hut nahm, wissen Sänger Pelkonen und Bandgründer Vanhala doch ganz genau, welche Art von Songs sie heutzutage schreiben wollen: deutlich weniger verzweifelte Ostsee-Tristesse, mehr Melodeath mit Stadionfeeling, so könnte man es angesichts von ´Origin´ auch nennen, schließlich wollten die Finnen ein Album, das einen Sound hat wie DEF LEPPARDs Klassiker ´Hysteria´: „Heutzutage ist unsere Musik eine kraftvolle Mischung aus älteren, Deathmetallischen Wurzeln und neueren AOR-Vibes, die sich einstellen, wenn man SURVIVOR hört und in einer Corvette an den sonnigen Ufern von Miami entlang cruist!„, so Gitarrist Vanhala, der zum ersten Mal cleane Gesangspart übernimmt. Und auch wenn die gesamte Platte tatsächlich eine regelrecht sonnige Ausstrahlung hat, sind sämtliche OG-Trademarks weiterhin vorhanden: die extrem harschen Growls genauso wie die nochmal deutlich üppigeren Keyboardteppiche, besagte cleanen Chöre, das Powerrriffing und die Frickelsoli, alles meist im Midtempo, jedoch ab und zu auch mit Doublebass-Ausflügen aufgelockert. Damit, und natürlich mit dem durchgehend mehr als soliden Songmaterial, wird sich das Quintett neue Hörerschichten erschließen können, hat jedoch Fans der echten nordischen Meancholie (wie mich) mit zu stark gezuckerten Stücken wie ´Fortitude´ verloren. Sie werden es verkraften können…

(7 Geschmackspunkte – U.Violet) – www.omniumgatherum.orgwww.facebook.com/omniumgatherumband


OUZO BAZOOKA – Dalya
2021 (Stolen Body Records) – Stil: Garage-Indierock / Psychedelic-Rock

OUZO BAZOOKA sind eine psychedelisch geprägte Garagen-Rock-Band, die 2013 in Tel Aviv von Gitarrist/Sänger Uri Brauner Kinrot gegründet wurde und schon fünf Studioscheiben auf ihrem Konto hat.

Das Quartett würzt seinen Psych-Rock natürlich mit orientalischen Klängen und hält dabei die Fahne des Garagen Rock sowie des Surfrock hoch. Ihr selbst umschriebener „Middle Eastern Psych-Rock“ bietet dieses Mal sechs lange und äußerst halluzinogene Kompositionen, die Mick Shark bereits zum Frühstück wie seine neuesten Pilzzüchtungen am Gaumen anheften lässt.

OUZO BAZOOKA scheuen sich dabei nicht, Hymnen zu schreiben, die vermehrt die orientalischen Zuhörer und die Disco-Gänger zu begeistern wissen, allerdings für hiesige Ohren vielleicht einen Tick weniger begeisterungsfähig als die des Vorgänger sind.

(7,5 Punkte – Michael Haifl)


POISONED SPEED – Live And Greasy / Quick And Dirty
2021 (Barhill Records/Cargo Records) – Stil: Highspeed Rock’n’Roll/Speed Metal

Wer ebenso wie das Label beide offiziellen Veröffentlichungen von POISONED SPEED in einem Rutsch einheimsen mag, legt sich ´Live And Greasy / Quick And Dirty´ von den Speedys Tobias „Tobster“ Grill (Gesang, Gitarre) und Frederic L. „Fredneck“ Meuren (Schlagzeug) zu.

Anhänger von MOTÖRHEAD und VENOM, aber auch MIDNIGHT und METALLICA können gerne reinhören, um sich die Kompilation ´Quick And Dirty´, die alle vorhergehenden drei Demos der Band inklusive Bonus vereint, sowie die Live-EP ´Live And Greasy´, aufgenommen beim „Wild Boar Wars Festival III“ in Frankfurt, volle Lotte zu geben.

Ein Kasten Eppler oder Bier, dazu POISONED SPEED, und die Welt sieht im Highspeed Rock’n’Roll schon wieder ganz anders aus als sie es uns mit den Augen weiß machen will.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/poisonedspeed/


JIMMY REED – Rocks
2021 (Bear Family Records) – Stil: Blues

Jimmy Reed wurde mehr neuinterpretiert als Robert Johnson, von Neil Young bis zu den Blues Brothers. Er stand als erster Blueser in den Pop-Charts. Nur B.B. King hatte wohl mehr Hits. Und John Peel sagte dereinst: „It’s all such great music to funk to.“ Und Bluesgitarrist Jimmy Vaughan hat das Vorwort zu dieser Kompilation geschrieben.

´Rocks´ enthält auf 79 Minuten 29 Einzeltitel und es vereint Hits wie ´Big Boss Man´, ´Bright Lights Big City´, ´I Ain’t Got You´ oder ´Shame, Shame, Shame´. Hier werden nur Jimmy Reeds Kracher, seine Rocker, seine schnellen Fetzer präsentiert. Hier rockt die Ursuppe des Rock & Roll. Denn Jimmy Reed wurde nicht nur in den Sechzigerjahren vom britischen R&B-Boom zitiert, sondern Dekaden später von Garage- und Rockabilly-Bands. Das rockt.

(Michael Haifl)


SEPULCHRE BY THE SEA – Ratiocinations
2021 (Independent) – Stil: Atmospheric Black Metal / Blackgaze

Es gibt ja gewisse Dichter, die Metalmusiker besonders inspirieren. Im Fall von SEPULCHRE BY THE SEA ist das Edgar Allan Poe, von dessen Gedicht „Annabel Lee“ auch der Bandname stammt, und so sind sämtliche bisherigen Outputs ebenfalls an das Werk des phantastischen Amerikaners angelehnt. Nach einem Demo und einer Debüt-LP namens ´Conquerer Worm´ legt dieses britische Einmannprojekt nun eine 3-Track-EP nach, der man vor allem Abwechslungs- und Ideenreichtum und ein Gefühl für packende Songs bescheinigen muss. Während der erste und dritte Song zwischen melodischem Black- und Death Metal pendeln, atmosphärisch und Shoegaze-lastig, ja tatsächlich poetisch ausfallen, ist der zweite Song ein räudig-dreckiges Biest, das zum BM Sperrfeuer noch eine fette Portion englischer Punkvibes enthält; aber auch das kommt schlüssig und mitreißend rüber, was das Projekt insgesamt sehr interessant macht. Wie es bei Soloprojekten oft der Fall ist, wird großer Wert auf vielerlei Details gelegt, für den Gesamtsound würde der Input anderer Musiker jedoch guttun, und dem Ganzen mehr Fülle geben. Für Grenzgänger und Schwarzwurzelgräber jedoch in jedem Fall ein heißer Tipp!

(7 Punkte – U.Violet) – https://sepulchrebythesea.bandcamp.comhttps://www.facebook.com/sepulchrebytheseamusic


STYGIAN SHORE – Ultra Psychic Nightmare
1985/2021 (Golden Core/ZYX) – Stil: US Metal

Irgendwo steht hier die ´The Shore Will Arise´ rum…und da steht sie. Schon lange unberührt. Auch wenn US-Metal als Genrezuordnung im Raum steht, das war mir zu einfältig und irgendwie auch primitiv kauzig. Dass aktuell alles veröffentlicht wird, was nicht schnell genug in Deckung geht, ist bekannt. Nun wurde in den Katakomben des verstorbenen Mark Shelton (MANILLA ROAD) das unveröffentlichte zweite Album der Amis als Vorab-Mix gefunden und wird nun erst mal, nach einer kleinen Vinyl Auflage, auf CD veröffentlicht – mit Bonustracks, die Mark Shelton 1989 restauriert hatte. Gut, für Nerds sicher ein Freudenfest, für die Mehrheit just another Album. 17 Songs finden sich auf ´Ultra Psychic Nightmare´, die deutlich über dem liegen, was man auf ´The Shore Will Arise´ geliefert hatte. Dass hier und da etwas MANILLA ROAD durchdringen ist nicht verwerflich. Generell hat man schon ein paar Alleinstellungsmerkmale in der Hinterhand, das Material selbst ist aber eher für echte Die-Hards gedacht. Etwas schräg, etwas kauzig hier und da, anderseits aber auch schöne US-Metal Ansätze, wobei die hardrockigen Einflüsse allerdings Priorität besitzen. Der Sound ist leicht blechern, die Drums klingen furztrocken, zumindest bis Track zehn, danach wird die Qualität deutlich besser und auch das Songmaterial hat mehr Biss. So dass Nummern wie ´Tidal Wave´, ´Let It Go´ oder ´Metal Preacher´ deutlich mehr dem Spektrum US-Metal entsprechen,  als die blechern klingenden Songs des „sogenannten zweiten Albums“.  Nach einigen Durchläufen kommt man zu dem Schluss: sicher kein Meisterwerk, aber dennoch ein Album, das einen Release verdient hat, was man von vielen anderen Scheiben nicht immer behaupten kann. Zu Booklet und Linernotes kann ich nichts sagen, uns liegt nur der Download vor.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler)


SWALLOW THE SUN – Moonflowers
2021 (Century Media Records) – Stil: Death, Doom, Mourning

Auch wenn die Finnen in den gut zwanzig Jahren ihres Bestehens schon immer in Schwermut badeten, ist dieses achte Album tatsächlich herzzerreißend: Bandkopf Juha Raivio verarbeitet damit erneut, diesmal jedoch auf noch eindringlichere, intimere und schmerzlichere Art den Krebstod seiner Muse, Band- und Lebensgefährtin Aleah Stanbridge vor mittlerweile fünf Jahren. Verzweiflung, Einsamkeit und Trauer stehen im Mittelpunkt dieser Platte, aber wie es im wortkargen hohen Norden nun mal üblich ist, werden diese schweren Emotionen in berührenden, vielschichtigen Kompositionen voll strahlender Schönheit verarbeitet, die sowohl wütende Riff- und Growlausbrüche wie elegischen Streichereinsatz umfassen, jedoch einen deutlichen Fokus auf sehr reduzierte, langsame Passagen mit Klargesang setzen. Das ist weniger Death und Doom als bisher, dafür aber neue Einflüsse wie beispielsweise erstaunlich viel Prog à la QUEENSRŸCHE zu deren Hochzeiten oder, im emotional am stärksten fordernden Rausschmeißer ´This House Has No Home´, keifende schwarzmetallische Eruptionen kombiniert mit resignativen Lyrics – starker Tobak, und ganz sicher kein Album für jeden Tag…
Alle Stücke wurden zudem für die instrumentale Bonus-Platte vom Streicherensemble Trio NOX in einer historischen Kirche in Sipoo, Finnland, eingespielt, ein weiterer Zugang zu einem Album, das trotz seiner tiefen Trauer kathartisch wirken kann, wenn man ihm die nötige Zeit dafür gibt.

(7,5 Punkte – U. Violet) – http://www.swallowthesun.net –  https://www.facebook.com/swallowthesun


THE SPACELORDS – Unknown Species
2021 (Tonzonen Records) – Stil: Space /Psychedelic Rock

Die Zeit rennt. Das merkt man immer dann, wenn man erstaunt feststellt, dass Band XY schon wieder ein neues Album am Start hat. So behäbig ihre Musik entschleunigt, so produktiv ist das Reutlinger Trio THE SPACELORDS. Ein Jahr nach ´Spaceflowers´ legt man schon den nächsten Longplayer vor. Wiederum nur mit drei Songs bestückt, Spielzeit ca. 43 Minuten, setzt man da an, wo der Vorgänger aufgehört hatte. Präzision und Schönheit gehen hier Hand in Hand. Ohne Gesang gelingt der Band dennoch ein immenser Spanungsbogen in ihren drei Tracks, von dem man sich nur schwer lösen kann. Der spacige Klangkosmos wirkt manchmal wie eine Endlos-Loop, geprägt von intensiven Melodien und einer unverwechselbaren Atmosphäre. Space Rock, der in jeder Sekunde der Musik dieser Bezeichnung gerecht wird. Die Songs arbeiten sich nicht wirklich auf einen Höhepunkt vor, dieser Höhepunkt wird über weite Strecken der Gesamtlänge der einzelnen Stücke gehalten. Man muss sich wundern, wie groß die Anspannung sein muss, solch intensive Rhythmen und Melodien zu einem behäbigen, fast endlosen Fluss zusammenzufügen ohne dabei aus dem Konzept zu geraden. ´Time Tunnel´, mit einer Länge von fast 21 Minuten, wirkt wie ein Trip in Wüste des amerikanischen Südwestens bei sternenklarer Nacht. Eine andere Dimension, eine andere Welt. ´Unknown Species´ ist der ultimative Soundtrack für deinen Spacetrip. Diese Album widerlegt das dumme Gerücht, Instrumentalalben sind langweilig. Das Gegenteil ist der Fall. Einmal mehr ganz großes Rock Kino.

(8,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://thespacelords1.bandcamp.com/album/unknown-species


THULSA DOOM – Ambition Freedom
2021 (Drabant Music/No) – Stil: Heavy Rock/Classic Rock

In den Nullerjahren wurden THULSA DOOM zu einer norwegischen Stoner-Legende, doch auch eine Dekade später konnten sie 2017 mit ´A Keen Eye For The Obvious´ überzeugen. Weiterhin in Original-Besetzung mit lustigen Pseudonymen wie Doom Perignon oder Papa Doom unterwegs, kann der von einem Schuft aus „Conan the Barbarian“ abgeleitete Bandname vielleicht nicht ganz mit dem Humor der Norweger mithalten.

Im Sound der Band hat natürlich auch der Heavy Rock und Hard Rock, schlichtweg der Classic Rock seine Spuren hinterlassen, so dass sich Ersthörer profan gesprochen auf eine Mischung aus KYUSS und DEEP PURPLE einstellen können, wenn der nordisch unterkühlte Stoner Rock auf Classic Rock trifft. Dass THULSA DOOM dabei gerne die gewöhnlichen Spielregeln außer Acht lassen und immer wieder für Überraschungen sorgen, spricht für ihre Erfahrung und ihr großes Können.

(7,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/thulsadoomnorway


TIMECHILD – And Yet It Moves
2021 (Mighty Music) – Stil: Heavy Rock

Wer beim Bandnamen der Dänen an einen Übersong von DEEP PURPLE denkt, liegt nicht so ganz falsch. Auch wenn wenig tiefviolett zu finden ist, es riecht und schmeckt so einiges nach den Siebzigern. Das sind die schwebenden Gitarren, manch kleiner Progmoment, die gelungenen Chöre. Nimmt man zum Ende etwa ´The Bite Of Frost´ findet man ein kleines, dafür sehr spannendes Musical. Man kann auch einfach und kurz feststellen, TIMECHILD tragen eine ähnliche DNA in sich wie HÄLLAS oder WYTCH HAZEL.

Sänger Anders Folden Brink sei kurz hervorgehoben. Er klingt ein wenig wie Jeff Scott Soto. Und er singt ähnlich vielseitig von zart bis leidenschaftlich. Dass sich der Titel des Albums auf Galileo Galileis Feststellung bezieht, dass sich doch bewegt, passt hervorragend zum Cover. Das schickt auf eine ähnlich weite Reise, wie kürzlich erst jenes einer besonderen Band aus Schweden. Gelungenes Gesamtpaket.

(8 Punkte – Mario Wolski) – https://www.facebook.com/timechildofficial


TRISTAN HARDERS TWILIGHT THEATRE – Drifting Into Insanity
2021 (Pride & Joy Music) – Stil: Zuckerbäckerei

Oh, ein Lebenszeichen von Gabriel Tuxen, dem Gitarristen von SEVEN THORNS. Der darf hier für ein Gastsolo antreten. Also her damit. Der Kopf des Ganzen ist Tristan Harders, der eigentlich TERRA ATLANTICA vorsteht. Jetzt darf er sich solo beweisen. Das erste Album als TWILIGHT THEATRE hat er fast komplett im Alleingang eingespielt.

Beim ersten Hören von ´Drifting Into Insanity´ verfliegt die Freude. Irgendwie muss er gedacht haben „sweet for my sweet, sugar for my darling„. Dann hat er, sogar gute, Ansätze zwischen RHAPSODY OF FIRE und FREEDOM CALL genommen und mit reichlich Süße garniert. Das ist so süß, wie Tierbabys im Weihnachtsmärchen, statt Schnee liegt Puderzucker über der Landschaft und Schokolade wurde in Läuterzucker aufgelöst.

Für Diabetiker ungeeignet.

(6 Punkte – Mario Wolski) – https://www.facebook.com/tristanharderstwilighttheatre


VOLBEAT – Servant Of The Mind
2021 (Universal Music Group/Vertigo) – Stil: Hard Rock/Heavy Metal

Bandleader und Sänger Michael Poulson hat eine deutlich härtere Scheibe angekündigt, um die Gemüter zu beruhigen, die sich über die letzten Alben nicht gerade zimperlich ausgelassen hatten. Da ging der kommerzielle Gedanke und die Ausführung doch deutlich zu weit, auch wenn es dem Erfolg keinen Abbruch tat. Die vorab ausgekoppelten Songs zum neuen Album haben zwar die härtere Ausrichtung nicht wirklich untermauert, aber Ohrwürmer waren sie dennoch.  Allerdings geht es auf dem neuen Album auch anders zu und somit kommen wir der Aussage Poulsons dann doch etwas näher. Harte, energische Arschtreter wie ´Say No More´, ´Return To None´, ´Becoming´ oder ´Shotgun Blues´ krachen amtlich ins Gebälk. Schöne Brecher mit Blick auf frühe Tage. Sehr starkes Material. Cool auch `ne Surf-Rock Nummer wie ´The Devil Rages´, die in einem Tarantino-Film gut aufgehoben wäre. ´Domino´ ist in seiner Gesamtstruktur ähnlich, hat aber einen dunkleren Vibe. Die andere Hälfte des Albums setzt dann wieder auf kantig-fluffige Tracks, die zwar flott aber auch eingängig sind. Zu nennen wären ´Mindlock´ oder ´The Passenger´. So ziehen sich die musikalischen Trademarks, der inzwischen internationalen Truppe, wie ein roter Faden durch ´Servant Of The Mind´ und stellen deutlich klar, dies ist das mit Abstand überzeugendste Album VOLBEATs nach einigen Jahren immenser Kommerzialisierung des Stils. Ohrwurm auf Ohrwurm fliegt einem um die Lauschlappen, allerdings mit deutlich mehr Tiefgang als zuvor.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.volbeat.dk/de/


WEEDPECKER – IV: The Stream Of Forgotten Thoughts
2021 (Stickman Records) – Stil: Psychedelic Heavy Rock

Bei den 2012 in Warschau gegründeten WEEDPECKER hat es in den vergangenen drei Jahren, zwischen ihrem schlicht mit ´III´ betitelten Album von 2018 und dem just erschienenen Neuling, eine ganze Reihe von Veränderungen im Line-Up gegeben. Um genau zu sein, ist lediglich noch Gründungsvater, Gitarrist und Sänger Piotr Dobry übriggeblieben. Sein ebenfalls seit den Gründungstagen an der zweiten Leadgitarre mitmusizierender Bruder Bartosz verlegt sich fortan auf den Job des Toningenieurs und Produzenten, eine Tätigkeit, die er auch bei diesem Werk ausgeübt hat. Wesentlich einschneidender und auf diesem Album nicht zu überhören ist aber, dass der für Bartosz eingestellte Ersatzmann als Vollzeitkeyboarder engagiert worden ist und das obwohl er bei der Stoner Doom Kapelle BELZEBONG, bei der er sich weiterhin verdingt, hauptberuflich für die Gitarrenarbeit zuständig ist.
Das vorliegende Album ist unverkennbar WEEDPECKER, aber auch irgendwie nicht, denn das zusätzliche Keyboard treibt ihrer Musik nun endgültig die auf dem Debüt noch deutlich heraushörbaren Stoner-Einflüsse aus und setzt den bereits seit längerem eingeschlagenen Weg in Richtung Heavy-Psych-Schiene fort, wodurch die Vielschichtigkeit der Arrangements jetzt aber noch stärker als bisher erarbeitet werden will. Progressive psychedelische Space-Rock Elemente paaren sich mit harten, manchmal gar schon schweren metallischen Riffs, wobei der elegisch entrückte Gesang wie aus der Ferne zu einem herüberwabert und einen leicht verhuschten, um nicht zu sagen zugedröhnten, Eindruck hinterlässt. Dadurch kann man dem Album interessanterweise sowohl immer wieder konzentriert zuhören und erstaunt neue Facetten entdecken, als es auch wunderbar nebenbei beim nachmittäglichen Lesen der Sonntagszeitung konsumieren. Ich weiß wovon ich rede, denn ich habe beides ausprobiert!

(7,5 Punkte – Don Carlos) – https://www.facebook.com/profile.php?id=100045087519766


WHITE TRASH BLUES BAND – We Got Time To Waste
2021 (Blues For the Red Sun/Soulfood) – Stil: Garagenrock

Die WHITE TRASH BLUES BAND will gar nicht innovativ sein, nein, sie will einfach nur eine typische, aber authentische skandinavische Garagenrock-Formation sein.

Leider fehlt im Bandnamen noch das Wort Garage, denn dass sie auch bluesige Einflüsse besitzen, ist natürlich nicht zu überhören. Im Müll landen sollten die Herrschaften allerdings auch nicht, denn dafür rocken sie viel zu einnehmend drauf los.

Denn wer nachts um die Mülltonnen seines Supermarktes schleicht, kann im Ohr das Trio aus Oslo hören. Der Albumtitel ´We Got Time To Waste´ ist natürlich die perfekte Lebensidylle seit es Punk gibt. Rock, Blues und Punk. Rock, Blues und Punk. Rock, Blues und Punk. Mehr ist nicht zu sagen. Dreckig sind wir schon.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/whitetrashbluesband/


JJ WILDE & BILLY RAFFOUL – Born To Die
2021 (Black Box) – Stil: Rock

Die kanadische Songwriterin hat mit dem Sänger und Gitarristen Billy Raffoul eine Drei-Track-EP aufgenommen. Das ist gut konsumierbarer, eher sanfter Rock mit Gesang im Duett und mit oftmals akustischer Gitarre. Richtig nette Herbstmusik für kalte Abende.

Besonders der zweite Song ´Colours´ hat etwas hypnotisches und zeigt bei aller Eingängigkeit einen gewissen Tiefgang. ´Let Me Go´, der dritte Song, erinnert an bekannte Namen, die aber ungenannt sein sollen. Auch dieser Song ist clever aufgebaut und kann deshalb eine gewisse Spannung erzeugen.  JJ WILDE ist trotz eines bisher recht bescheidenen Outputs auf dem richtigen Weg, sich einen eigenständigen Namen zu machen.

Empfehlenswert für Rockfans mit einem Faible zu Melodie und starkem Gesang. Ein Appetitanreger für hoffentlich mehr in der Zukunft.

(7 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/jjwildechild/

 

 

 

Bis zum nächsten Klick.
Euer
Michael und das gesamte SaitenKult-Team

 


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