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BUDDY GUY – The Blues Don’t Lie

~ 2022 (RCA) – Stil: Blues ~


Buddy Guy ist wirklich der letzte Überlebende der großen Blues-Gitarristen und er ist dazu ein ganz besonderer Mensch. Der inzwischen 86-jährige ist absolut vital und veröffentlicht nach seinem hochdekorierten Erfolgsalbum ´The Blues Is Alive And Well´ von 2018 und dem genauso hervorragenden ´Born To Play Guitar´ von 2015 ein weiteres großartiges Album mit nicht weniger als 16 exzellenten Songs. Und er klingt frisch und kräftig. Kein ruhiges Alterswerk, sondern ein kraftvolles Blues Album vom Gesang und der Gitarre immer noch auf allerhöchstem Niveau ohne jegliche Abnutzungserscheinungen.

Songs wie der Titelsong sind vom Songwriting oftmals an klassische Blues-Titel angelehnt, aber selbst potenzielle Klassiker. Es gibt Unterstützung von Bläsern, Piano und ab und zu auch Background Gesang, aber alles immer dezent, denn im Mittelpunkt steht durch seine hohe Präsenz immer: Buddy. Und wer will ihm nicht zustimmen, wenn er bei ´The World Needs Love´ mit seinen 86 Jahren gegen den derzeitigen Wahnsinn ansingt und seine Gitarre zum Explodieren bringt (klingt jetzt etwas zynisch, ich weiß, trifft es aber). „How can some people be so damn mean“ singt er zum Schluss. Das mag etwas naiv klingen, bringt aber das auf den Punkt, was den Blues immer beschäftigte: Existenzielles, Liebe, Trauer, Schicksale, Tod. ´We Go Back´ singt er im Duett mit der Sangeslegende Mavis Staples. Ein Stück Blues-Geschichte zum Hören und Anfassen. ´Symptoms Of Love´ mit Elvis Costello endet im Feedback-Inferno.

´Follow The Money´ klingt wie ein bluesiger Willy de Ville mit viel Rhythmusgefühl im Gesang und dem Chor und James Taylor gesanglich als Verstärkung. ´What’s Wrong With That´ hat den Funk von Johnny Guitar Watson. ´Well Enough Alone´ ist ein harter urbaner Blues mit kraftvollem Solo. Beim ´Gunsmoke Blues´ beschäftigt er sich, gesanglich unterstützt von Country-Rocker Jason Isbell, mit Amokläufen und Waffengewalt in seinem Heimatland. Ein wunderschöner, aber auch trauriger Song. Buddy ist nämlich bei allem Gitarrenheldentum eines geblieben. Ein Menschenfreund, der sich mit seinen Mitmenschen und Misständen beschäftigt. Zum Glück kommt dann die ´House Party´ mit purem Rock’n’Roll, das Gegenteil an Gefühlen zum vorherigen Titel.

Bei ´Sweet Thing´ zitiert er sich selber, ´Back Door Scratchin’´ klingt wie ein Klassiker, den auch ZZ TOP nicht besser hätten spielen können, und ist auch jetzt schon einer. Die Dynamik von Buddy macht einen ehrfurchtsvoll. Wo nimmt er die Energie her, jeden Gitarristen in Grund und Boden spielen zu können? ´Rabbit Blood´ ist als 14. Song der erste „Slow Blues“, wo Buddy seine Gitarrensaiten beim Solo zum Swingen bringt.

Der Klassiker ´King Bee´ beendet ein Album, das über alle 16 Songs die Spannung auf hohem Niveau hält. Buddy hat in den letzten Jahrzehnten nur hervorragende Alben abgeliefert und ist der beste lebende Blues-Künstler und einer der absolut besten Gitarristen der Blues- und Rockgeschichte. Er war immer offen für andere, junge Gitarristen. Er liebte Stevie Ray Vaughan. Er hatte und hat ein offenes Ohr für neue Musik. Das hält ihn wahrscheinlich so vital. Die Gastmusiker sind nicht dabei, weil Buddy prominente Unterstützung braucht. Das hat er schon lange nicht mehr nötig. Sie bereichern einfach die Songs. Ein Album, das jedem Blues-Fan und Liebhaber genialer Gitarrenmusik gefallen wird. Wer Buddy nicht kennt, sollte ihn jetzt nach 86 Jahren schleunigst kennenlernen.

(9,25 Punkte)