Redebedarf

STRANGE ENGINE

~ Interview mit Christoph Bühler ~


STRANGE ENGINE aus Limburg sind echte Bewunderer der britischen Legende MARILLION, die ihre Liebe zur Steve Hogarth- als auch Fish-Ära in einer eigenen Tribut-Band zum Ausdruck bringen. In den kommenden Wochen werden sie sich bei zwei Konzerten (mit Thomas „t“ Thielen) wieder live auf der Bühne beweisen können. Daher meldeten wir uns im Vorfeld bei Keyboarder Christoph Bühler kurzerhand zu einem kleinen Plausch an.

Hallo Christoph, danke, dass du dir die Zeit nimmst. Was mich bei Tribute Acts als Zuhörer immer am meisten umtreibt: Was ist eigentlich mehr Arbeit, gerade für dich als Keyboarder: Das Lernen der Songs oder das Suchen nach den richtigen Sounds?

Die Songstrukturen und Arrangements bei MARILLION sind teils sehr komplex und im Detail durchaus raffiniert. Das erfordert beim Lernen der Songs eine gewisse Akribie. Die Besucher von Tribute-Shows haben ja auch eine gänzlich andere Erwartungshaltung als im Bereich der Covermusikszene. Sie erhoffen sich eine nahezu perfekte Illusion mit all der Magie und all dem Reichtum an Details. Die Auswahl der Sounds spielt dabei eine große Rolle und ich verwende in der Tat häufig mehr Zeit dafür als für das Heraushören des Songs. Ein erleichterndes Element sind mittlerweile die schier unendlichen Möglichkeiten im Bereich der VST Instrumente. Sie eröffnen mir die Chance, nun Samples oder Softwareemulationen der auf den Studioaufnahmen verwendeten Instrumente in den Liveshows zu benutzen. Man schafft es manchmal nicht in jeder Hinsicht einen Sound zu rekonstruieren, aber man braucht ein gutes Gefühl dafür, es nach dem „Marillionkosmos“ klingen zu lassen.

Gibt es denn wirklich diese Nerds, die wie Sheldon Cooper auf der Comicon nach dem Gig auf euch warten, um klarzustellen, dass dieses eine Solo beim achten Ton von links ein H, kein D, gebraucht hätte? Und wie geht man mit sowas um?

Diesen Typus Zuschauer gibt es in der Tat, aber er findet sich im Bereich der Marillionfans eher selten. Die Fans sind zu großen Teilen mehr die „Emos“ unter den Proggern. Da ist der Anteil von Musikpolizisten eher gering. Und wenn es dann doch Kritik gibt, kann ich damit sehr entspannt umgehen. Es gibt gewisse Passagen die sich für mich anders anfühlen, und da nehme ich mir auch die Freiheit, kleine eigene Duftmarken zu setzen. Ikonische Momente von Songs sollten dabei aber immer erhalten bleiben. Jeder kennt diese „Hooks“ in Songs, auf die man Minuten wartet. Die sollte man seinen Zuschauern nicht verweigern. Sonst gibt´s echt Ärger mit Sheldon und seinen Freunden.

Was treibt einen eigentlich an, als Tribute? Ich frage mal gemein: Wollt ihr nicht selbst Musik machen?

Dieses Projekt STRANGE ENGINE begleitet mich in verschieden starker Intensität nun schon seit 20 Jahren. Ursprünglich aus der Taufe gehoben wurde es als Herzensprojekt von fünf durchgeknallten Marillionfans, die sich in einem Kulturverein mit Proberäumen kennengelernt hatten. Über einige Jahre war die Band zu großen Teilen mehr ein „Proberaumprojekt“ zu unserem persönlichen Amüsement mit wenigen Auftritten. Sie lief neben den anderen musikalischen Projekten, die wir für uns verfolgten. Somit gab´s auch immer genug eigene Musik neben dem Tribute. Mit der Zeit wuchs aber der Wunsch immer mehr, diese Band auf die Bühnen der schönen Venues zu bringen, um die Freude an der Musik von MARILLION in einem tollen Ambiente mit anderen Fans zu teilen. Von Fans – für Fans!

Nachdem Corona uns wie allen anderen Bands auch ein paar fiese Knüppel in die Beine geworfen hat, sind wir nun bereit, uns diesen Wunsch zu erfüllen. In die Shows dieses Jahres haben wir eine Menge Energie und viele geheime Zutaten investiert. Ich hoffe, da draußen gibt’s ein paar Fans, die ebenso viel Bock haben wie wir.

Wieso aber MARILLION? Die leben doch noch und sind aktiv. Weil Tribut-Bands von GENESIS bereits existieren?

Wieso nicht MARILLION? Zu der Zeit als wir die Band gründeten hat MARILLION selbst live ihren Backkatalog mit Songs aus der Fish-Ära kaum noch bedient. Somit war bei uns der „Best of both worlds Gedanke“ geboren. An dem Gedanken haben wir auch grundsätzlich festgehalten, wobei sich der Schwerpunkt mehr und mehr auf die Ära mit Hogarth verschoben hat. Das liegt ja allein auch darin begründet, dass es aus dieser Schaffensphase mittlerweile deutlich mehr Material gibt.

Und STRANGE ENGINE, weil es vielleicht, überraschenderweise für mich, Euer Lieblingsalbum ist?

Wir haben STRANGE ENGINE als Bandnamen gewählt, weil dieser Song im besten Sinne für alles steht, was wir an MARILLION geliebt haben. Progrock mit einer großen emotionalen Tiefe. Die Nummer ist ja deswegen auch bis heute noch immer ein Highlight der Setlists von MARILLION.

Als Tribute Act ist man allerdings ja auch ein bisschen dem ausgeliefert, was die Vorlage abliefert. Gab es MARILLION-Alben, bei denen ihr dachtet: Ach du scheiße, ist das schwierig, wie soll das denn für uns gehen? Oder andersrum: Boah, das Album ist misslungen, wir machen mal zwei Jahre Pause?

Den ersten „Ach du scheiße Moment“ gab es mit dem Album Brave. Es stellt in der Hinsicht eine Zäsur dar, weil es ab dem Punkt nicht mehr genügte, als Band live zu spielen um die gesamte Fülle der Arrangements und verwendeten Samples reproduzieren zu können. Erschwerend kommt ohnehin hinzu, dass MARILLION live häufig durch die zusätzlichen Keys von Sänger Steve Hogarth unterstützt wird, der ebenso ein großartiger Instrumentalist ist. Am Ende ist dieses Dilemma nur durch die Hinzunahme von Backingtracks zu lösen, die auch MARILLION live verwendet, um die Fülle der Studioproduktion auf die Bühne zu bringen. Für die meisten Songs aller nachfolgenden Alben gilt im Grunde das Gleiche. Die Entscheidung, auch Epics der aktuelleren Alben in die Setlist nehmen zu wollen, zog also einiges an Vorbereitung und Workload nach sich. Wir sind verdammt glücklich, diesen Schritt am Ende gegangen zu sein und nun einen Bogen über das gesamte Werk von MARILLION spannen zu können. Unsere Setlists für die Shows mit Thomas Thielen werden die Zuschauer also auf eine wilde Fahrt durch 40 Jahre Bandgeschichte der Briten mitnehmen. Der Fokus liegt zwar auf der H-Ära, aber es wird definitiv auch Ausflüge zu den Anfängen geben. Tumbling down the years.

In Deutschland ist THE WEB GERMANY, der MARILLION-Fanclub, ja sehr stark organisiert und präsent. Wie gehen diese Leute mit euch um? Ich könnte mir vorstellen, dass da so ein Spannungsfeld zwischen Partystimmung und Naserümpfkommentaren bestehen könnte?

Wir haben schon seit der Gründungszeit der Band immer engen und guten Kontakt zu THE WEB GERMANY. Wir als Musiker kamen ja auch alle aus der Fanszene von MARILLION und waren ebenso Mitglieder im Fanclub. TWG hat uns schon an vielen Punkten auf unserem Weg unterstützt und ist auch auf unseren Konzerten immer eine sichere Bank in Sachen Präsenz und großartiger Stimmung. Die können echt „Alarm“ machen!

Gibt es einen MARILLION-Song, den du bzw. die Band besonders gern spielt? Welchen habt ihr bisher weiträumig umfahren? Oder ist das nicht so einfach fassbar?

Ich könnte da einen Song ins Spiel bringen, der beides in sich vereint. Er ist eine nahezu perfekte Symbiose aus unserer Geliebten und unserem größten „Angstgegner“. In der Tat war ´This Strange Engine´ lange Zeit ein „Tabu“ für uns, weil wir großen Respekt vor diesem ikonischen Epic der Briten hatten.

Wer weiß – vielleicht tanzen wir ja bei den Konzerten dieses Jahr unseren Namen zusammen.

Wie ist das, mit t zu spielen? Thomas Thielen gilt ja als totaler Perfektionist und grummeliger Studionerd, und das ist ja auch Teil des Erfolgs der letzten Dekaden. Wie ist der live?

Wir haben bisher noch keine Show zusammen mit t gespielt. Ich kenne also bisher nur die Studioarbeiten von Thomas. Hier lässt sich aber schon erahnen, das er eine nicht zu überhörende Liebe zum Detail an den Tag legt.

Wir stehen schon seit einigen Monaten in einem regen Austausch und ich kann garantieren, dass er nichts dem Zufall überlässt. Grummelig habe ich ihn bisher noch nie erlebt. Ich teile seinen Hang zum Perfektionismus und zur Optimierung – von daher hatte unsere Kommunikation und Zusammenarbeit immer einen super Flow.

Was wünscht ihr euch von uns Zuhörern für die Auftritte?

Ich würde mir vor allem ein zahlreiches Erscheinen wünschen nach den letzten beiden Jahren, die für alle Seiten der Kulturbranche wirklich hart waren. Die Venues haben das teils nur knapp überlebt und brauchen dringend etwas Aufwind unter den Flügeln.

Wenn man also sowieso sicher ein Konzert besuchen möchte, dann könnte man dem Club einen großen Gefallen damit tun, das Ticket schon im VVK zu erwerben. Das gibt den Veranstaltern einfach enorme Planungssicherheit.

Ansonsten hoffe ich auf ein großes Maß an Vorfreude und guter Laune! Wir für unseren Teil haben irre Bock auf die anstehenden Konzerte und freuen uns auf die Shows zusammen mit t!

 

 

 

Tickets hier:
https://www.adticket.de/T-band-Strange-Engine.html?fbclid=IwAR3e6TnhOAam-ie4_i7yfeLEobdcTrvirrgNAYJuEWnYX9LfFyc9-C4PabA

und hier:
https://www.ticket-regional.de/events_info.php?eventID=184228


Michael Niess – Gesang
Mathias Mille – Gitarre
Christoph Bühler – Keyboard
Tobias Denter – Bass
Dirk Wolf – Drums

https://www.facebook.com/strange.engine.de/