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SPARKS – Hello Young Lovers

~ 2006/2022 (BMG) – Stil: Art Pop/Rock/Chamber Pop/Experimental ~


Von ihren glamourösen Frühwerken über ihre bahnbrechende Synth-Pop-Phase in den späten 70ern und frühen 80ern, aber auch darüber hinaus, hatten SPARKS stets den Ruf, eine Band zu sein, die andere Generationen beunruhigend fanden. Sie waren fast immer deutlich innovativer als ihre Zeitgenossen, waren schlauer als die überwiegende Mehrheit anderer Glam-Acts, und behielten ähnlich wie DAVID BOWIE die Nerven, indem sie in den späten 70er-Jahren eben auch mit anderen Sounds experimentierten.

Um die Jahrtausendwende galten die beiden Mael-Brüder jedoch als angezählt. ´Balls´ war eine durch und durch enttäuschende Veröffentlichung, die von der Kritik heftig verrissen wurde, und niemand hätte es ihnen verübelt, wenn sie damals das Handtuch geschmissen hätten. Stattdessen packten die beiden noch mal kräftig an, entdeckten ihr Mojo neu, und veröffentlichten 2002 das unerwartet starke ´Lil’ Beethoven´.

Was ´Hello Young Lovers´ von 2006 nun zu einem weit interessanteren Album macht, als viele Pop-Puristen es ihm zugetraut hätten, ist der erneuerte Anti-Pop-Ansatz von SPARKS in Bezug auf Songstruktur und Instrumentierung, was den Kompositionen sowohl ein erhebliches Gewicht als auch einen ungeheueren Wiederentdeckungswert verleiht. ´Dick Around´ etwa wechselt im Verlauf seiner sieben Minuten wild in Takt und Tempo, mit Chorharmonie-Arrangements, die in ihrer Komplexität fast schon barock sind.

 

 

Alleine schon ´Dick Around´ ist ein atemberaubend guter Song, was insbesondere an der Verwendung von Wiederholungen liegt, eine ausgeprägte Schönheit, als ob SPARKS einen der Dreh- und Angelpunkte des Rock’n’Roll genommen und ihn mit ihren eigenen, einzigartigen Visionen vermischt hätten. Es ist eine Technik, die sie größtenteils auch beim Rest von ´Hello Young Lovers´ anwenden, was in weniger guten Händen auf einen Mangel an Inspiration hindeuten würde, aber in Bezug auf die Mael Brothers unterstreicht es nur deren Kreativität.

Aber ´Hello Young Lovers´ ist auch ein Album voller poppiger, großartiger Melodien, wie beispielsweise bei ´Rock, Rock, Rock´, ´Here Kitty´ und ´(Baby, Baby) Can I Invade Your Country´, zudem reich an betörender Stimmakrobatik und bestechend aufgrund seiner Produktionsbrillanz.

Zwischen all dem bedient es auch noch Science-Fiction-Nerds (´There’s No Such Things As Aliens´), hebt in ´Parfum´ eine Augenbraue über die Werbeindustrie und endet damit, dass SPARKS sich vorstellen, in der Kathedrale von Notre Dame Orgel zu spielen.

Noch besser als alles andere erforscht das Werk jedoch das Konzept von Liebe und Beziehungen in der modernen Welt, siehe auch Albumtitel.

Rein in Bezug auf seine Musik nähert sich ´Hello Young Lovers´ einer Art Genie an, das nur wenige aktuelle Acts zu replizieren hoffen könnten, indem es Elemente von Oper, Electronica und Parody-Metal mit dem gewohnten Art Pop-Ansatz der SPARKS kombiniert. Es ist abwechselnd klug, unterhaltsam, emotional ehrlich, witzig, dramatisch – aber vor allem höchst beeindruckend!

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/sparksofficial


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