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NITE – Voices Of The Kronian Moon

~ 2022 (Season Of Mist) – Stil: Blackened Heavy Classic Rock Metal ~


„Steffie, was soll das?“ – höre ich meinen alten Kumpel Herbert G. sagen – „Wie kann man nur so geile Mucke machen und dann dazu flüstern?“ – „Ach halt‘ die Fresse, Herbert… und gebe dich den Kreaturen der Nacht hin!“

Erst wollte ich ihm sogar noch beipflichten, denn es wird wahrscheinlich viele geben, die wohl zunächst nicht klarkommen mit dem weiter zurückgefahrenen „Gesang“ von Van Labrakis (SATAN’S WRATH, MENCEA – auch Gitarre) an Stelle des vom Erstling bekannten Growlings zu diesen hervorragenden Songs zwischen Classic Rock von BLUE ÖYSTER CULT über die NWoBHM und klassischen Heavy Metal bis hin zu schrägen, jedoch niemals anstrengenden Reminiszenzen zu melodischen VOIVOD (höre ´Last Scorpion´ & ´Thorns´). Und diesmal dazu auf der instrumentalen Seite mit noch mehr klassischen Melodien als rifforientiert-„blackened“ wie noch auf dem gefeierten Debüt. Man könnte NITE mit ihrem neuen Output schon beinahe als den „dunklen Bruder“ von GHOST sehen, was das Hit-an-Hit-Feuerwerk dieses fulminanten Muskelspiels angeht.

Doch das ist das Besondere an diesem Album… es entsteht eine Atmosphäre, die tatsächlich eine sternenklare Nacht mit vereinzelten Nebelschwaden heraufbeschwört, jedoch weitgehend ohne Bedrohlichkeit, es entsteht vielmehr ein Gefühl von Introspektive und zufriedener Gelassenheit… wenn man vom Herzen her ein heimliches Kind der Nacht ist und melodische Gitarren als auch fetzige Riffs mag. Selten wurden die Grenzen zwischen Heavy Metal und epischem Classic Rock so gekonnt niedergespielt und in eine perfekte Symbiose transformiert.

 

 

Perfekt wird die Stimmung des Covers, welches eindrucksvoll zeigt, dass „bunt“ nicht immer kitschig für eine „blackened“-Combo sein muss, durch die Musik umgesetzt und nein – darauf schaut euch nicht die uneheliche Schwester des DISTURBED-Männleins an! Nicht nur Freunde der gehobenen Comic-Kunst lechzen spätestens jetzt schon nach dem heiß ersehnten Vinyl, möge es kosten, was es wolle. Doch erstmal müsst ihr euch mit Digipak oder Kassette zufrieden geben.

Doch was auch immer ihr bekommt – es lohnt sich. Ganz besonders eigen brechen NITE aus dem tiefen, schwarzen Sumpf der hochkarätigen Vergangenheits-Worshipper heraus und erschaffen sich eine eigene Nische, die bisher so – gerade durch diese speziellen Vocals – nicht besetzt ist. Wie dies live umzusetzen ist, ohne dass Mr. Labrakis im instrumentalen Oeuvre untergeht, wird auf jeden Fall ein Ticket wert sein… egal für wohin.

Neben Van Labrakis und Scott Hoffman (DAWNBRINGER, HIGH SPIRITS) und Patrick Crawford (Drums – auch SERPENTS OF DAWN & OLDER SUN) ist dieses Mal Avinash Mittur (WILD HUNT) neu am Rickenbacker-Tieftöner aktiv, also könnt ihr euch vorstellen, wie das schön grummelt.

Einzelne Titel herauszuheben ist bei diesem Werk eigentlich unmöglich, nachdem das Eröffnungstriple ´Acheron´, ´Kronian Moon´ und ´Last Scorpion´ bereits regelrecht sprachlos gemacht hat. Mich persönlich bringt ´Liber Ex Doctrina´ nahezu um den Verstand, schafft es dieses kleine Schmuckstück doch wirklich, eine FIELDS OF THE NEPHILIM-Dunkelheit in Union mit 80er Hardrockballaden (!!!) zu setzen. Epik vom Fass (dedicated to Mr. M. Hahn) mit unglaublicher Atmosphäre zum durchgehenden Abhailen lässt euch ´Heliopolis´ ins Ohr laufen, einen Ritt durch die Szenerie eines Noir-Westerns beschwört ´Edge Of The Night´ herauf und für alle beinharten „blackened“ Metaller wird’s am Schluss mit ´The Trident´ doch nochmal richtig meryful fatal!

Allen wahren Heavy Metal-Devotchkas und -Droogs und besonders denen, die sich ständig beschweren über die vermeintliche stilistische Einbahnstraße von Bands mit Faible für das Handwerk der Vergangenheit und zugleich Blick in die Zukunft sei dieses Album als Pflichtprogramm 2022 ans Herz gelegt – meinen Greavy (Grammy für besondere Leistungen im Bereich des Heavy Metal plus Ohrfeige für alle Lästermäuler) überreiche ich NITE hiermit.

Ab damit auf die vorderen Ränge des kommenden Jahresrückblicks 2022!

 

 

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