MeilensteineVergessene Juwelen

LIGHT OF DARKNESS – Light Of Darkness

~ 1971/1992 (Second Battle) – Stil: Hard Rock/Blues/Progressive Rock ~


Britische Beatmusik war in den 60ern äußerst Hip in Deutschland, kein Wunder also, dass sich viele englische und schottische Bands hier die Hörner abstießen und etliche Kilometer an Touren abrissen. So auch THE TREMORS, die 1965 sogar ein Album veröffentlichten. Kleineres Label, typisch dämlicher deutscher Titel ´Die Tremors BEATEN an´, dazu etliche gecoverte Standards, u.a. ´Summertime´, welches im selben Jahr die ZOMBIES in ihrer smoothen Jazzbeatversion zu großen Ehren führten. Klingt nicht so aufregend und ist wohl eher für einen Insider mit Hang zu Beatbands aus der zweiten Reihe interessant. Ich halte mal Ausschau danach.

Irgendwann blieben die TREMORS auf der Strecke und nach einiger Zeit nahmen sich Bassist Mike Reoch und Gitarrist Byron Grant mit dem Sänger und Organisten John Latimer und dem deutschen Schlagzeuger Manfred Bebert zwei neue Leute in die Band und hießen fortan LIGHT OF DARKNESS. Ist das nun spannend? Zuerst kommt ein Stilwechsel ins Spiel, vom netten Britbeat hin zu einem schweren, oft jammigen harten Bluesrock mit dezenten Psychedelic-Effekten. Die Stimme von John Latimer war schön rau und knurrig, dennoch voller Melodie und Seele. Charismatisch bis zum Abwinken. Die Songs waren dann schon eher für die damalige Zeit recht normal, normal guter, wenn nicht sogar herausragender Hardrock, möchte ich meinen.

Eine Kundenrezension auf Amazon sprach davon, dass hier im Grunde eine Aneinanderreihung von Zitaten bekannterer Stücke bekannterer Bands stattfindet. Dem mag ich nicht ganz widersprechen, aber wo LIGHT OF DARKNESS bei den Kompositionen eher im Mittelfeld agieren, da sind sie bei der Spielfreude und dem Gesamtausdruck ganz vorne dabei. Am deutlichsten tritt ihr Hang zu verkappten Coverversionen mit eigenem Ausdruck in der tatsächlichen Covernummer ´Soul Francisco´, vierte Stelle des Albums, Original 1969 Tony Joe White, hervor. Die ursprünglich knapp unter zwei Minuten lange Nummer wurde mit langen Jampassagen auf nahezu zehn Minuten aufgeblasen. Zitate markanter Textzeilen von THEM ´Baby, Please Don’t Go´, von den ROLLING STONES ´Satisfaction´ und eventuell von den DOORS werden ekstatisch auf die furiosen Gitarrenjams im langen Boogie Mittelteil geknurrt, die Leadgitarren jaulen und brodeln bis zu gekonnt gesetzten eruptiven Höhepunkten, auf die dann Boogie-Passagen folgen, die zwar im Saitenbereich nicht variieren, dafür rhythmisch packend inszeniert worden sind und eine hypnotische Wirkung entfalten.

Das ist halt sowas von 1970, aber im entsprechenden Gemütszustand eine wahre Freude. Herausragende Nummer auf dem Album ist das höchst emotionale, aber druckvoll rockende ´Love In Your Heart´ mit einprägsamen Strophen und Refrains, aber auch den wuchtigen Heavyrock Jamparts. Das könnte einer Menge an Retrorockern und Stonerfreaks auf den entsprechenden Festivals gefallen. 1971 ist das Zeug in der Masse untergegangen, schade, aber ist so. Für mich ist es eine der besten, wenngleich nicht originellsten Hardrock-Platten der Zeit, allein durch die wilde Performance mit bei aller Liebe zur Tradition ganz eigener Atmosphäre. Musik für Herz, Seele und Körper, wobei letzterer in einen Dauerrausch hinein tanzt, bis er ekstatisch zuckend am Boden liegt und der Inhaber sich und die ganze wilde Partyorgie frei in Raum schwebend betrachtet.

LIGHT OF DARKNESS können nicht verleugnen, vom Beat und 60er Garage Rock herzukommen. Das hört man in vielen Parts hervorragend raus. Aber dieses dezent Altmodische, verbunden mit der damals aktuellen Hardrock-Power ist eine Fusion mit atomisierendem Effekt. Die neue Wiederveröffentlichung auf „Long Hair Music“ kenn ich noch nicht, meine CD ist von „Second Battle“ aus den 90ern. Aber so oder so oder als Original, das Album lohnt sich für Freaks, die geilen 70s Heavyrock lieben.