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SAGA – Symmetry

~ 2021 (earMusic/Edel) – Stil: Acoustic Rock ~


Obwohl SAGA auf ewig Hand in Hand mit TRIUMPH bei der Wahl zur größten kanadischen Rockband RUSH den Vortritt lassen müssen, sind sie eine der ganz großen Legenden der Musikhistorie. Doch es musste erst das Jahr 2020 bei SAGA an der Tür klopfen, in dem sie keinerlei Tourneeverpflichtungen eingehen oder erfüllen konnten, um bei ihnen die Absicht endgültig reifen zu lassen, ein akustisches Studioalbum in Angriff zu nehmen.

Die Idee entstand bereits während ihrer „40th Anniversary Tour“, bei der sie das Publikum als eigene Vorband dementsprechend unterhielten. Dennoch wollten sie nicht einfach eine Live-Scheibe von dieser 2017er Jubiläumstournee veröffentlichen, auf der sie bereits ´Time To Go´, ´The Perfectionist´, ´Images´, ´No Regrets´ und ein Medley aus ´Trust´ in veränderter Form präsentiert hatten, sondern nahmen ein Studioalbum mit altbekannten Kompositionen auf, die größtenteils Jim Crichton, der SAGA seit einigen Jahren nur noch im Studio zur Verfügung steht, frisch arrangierte.

Mit ´Symmetry´ richten sich SAGA neu aus, sortieren sich neu und stellen sich neu auf, aber natürlich nur für dieses eine Werk, das allerdings eine mögliche Fortsetzung geradezu heraufbeschwört. ´Symmetry´ ist nicht einfach nur SAGAs allererstes Unplugged-Album, sondern auch ihr erstes, das sie mit Mandoline, Banjo, Klavier, Klarinette, Geige und Cello der Kammermusik näher bringt. Die nicht einfach nur aufgewärmten Kompositionen werden nunmehr aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet. Diese ungewöhnliche Perspektive beschert Alt wie Jung ein restlos neues Hörerlebnis.

Ohne Keyboards und doppelten Boden singen und spielen Michael Sadler (Gesang), Ian Crichton (Gitarre, Mandoline, Banjo) und Rückkehrer Jim Crichton (Bass), Jim Gilmour (Klarinette, Akkordeon, Piano, Gesang) sowie Mike Thorne (Schlagzeug, Percussions) gemeinsam mit den Gästen Shane Cook (Geige), Stephany Seki (Cello), Beth Silver (Cello) sowie Michael Sadlers Sohn Seren (Gesang).

 

 

Die Stimme von Michael Sadler, gefolgt von Klavier und der Akustikgitarre, holt die gebannte Hörerschaft zur Eröffnung mit ´Pitchman´ (dem Schlusspunkt des 1983er Werkes ´Heads Or Tales´) ab. Spätestens wenn die Geige zum Solo ansetzt, ist die Musik dem Folk Rock näher, und die Instrumentalabteilung setzt sich sogar kurzerhand Richtung Country Rock ab. Ein furioser Beginn, der aufgrund des eingängigen Gesangs und der überraschend ausgelassenen Instrumentalisten nachwirkt. Unerwartet folgt mit ´The Perfect Time To Feel Better´ ein achtminütiges Medley aus ´Time To Go´, ´The Perfectionist´ und ´We Hope You’re Feeling Better´, das von den Streichern getragen und zusammengehalten wird als wären diese Melodien schon immer eine Einheit gewesen sowie seinen folkloristischen Anstrich erhält. Der letzte Abschnitt lässt mit seinem Chorgesang sogar eine besondere Fröhlichkeit aufkommen. Dagegen tragen Klarinette und die Akustikgitarre ´Images (Chapter 1)´ (aus dem 1979er Werk ´Images At Twilight´) in aller Tristesse voran, ehe sie doch noch ausgelassen loslassen. Die Ausgelassenheit ist dem in jeder Version großartigen ´Always There´ (vom 2001er Studioalbum ´House Of Cards´) in jeder Sekunde anzuhören, auch wenn es mit Banjo in anderen Landschaften lustwandelt.

Mit der Geige im Ohr wacht der Hörer in ´Say Goodbye To Hollywood´ (aus dem 1994er ´Steel Umbrellas´) mit Jim Gilmour am Mikrofon sogar im Folk oder Psychedelic Rock der Sechzigerjahre auf. Beinahe im Canterbury erwachen wir beim sechsminütigen Medley ´The Right Side Of The Other Hall´ aus den Songs ´Footsteps In The Hall´, ´On The Other Side´ und ´You Were Right´ (des 2006er Werkes ´Trust´), wenn sich Geige und Schlagzeug erheben. Neben den beiden klitzekleinen Zwischenstücken ´Prelude #1´ und ´Prelude #2´ darf an Neukompositionen noch das zweiminütige ´La Foret Harmonieuse´ Premiere feiern, bei dem sich Jim Gilmour an das Klavier setzt, bevor ausnahmsweise doch ein weltbekannter Ohrwurm in neuem Glanz erstrahlen muss, ´Wind Him Up´ (aus ´Worlds Apart´, 1981), indem Cello und Geige neben der Akustikgitarre die Akzente setzen. Spätestens im Refrain zeigt sich die Macht dieses unzerstörbaren Songs. Nochmals mit Jim Gilmour als Sänger festigen Klavier und Klarinette die sanfte Ausführung von ´No Regrets (Chapter 5)´ (ebenfalls aus ´Worlds Apart´). Den Schlussakt bildet das über sechsminütige ´Tired World (Chapter 6)´ von 1978 (aus dem Debüt ´Saga´). Mit Geige, Banjo und Akustikgitarre ist auch diese Komposition von zeitlosem Charakter und lebt fortan schlicht in einem anderen Landstrich des (Progressive) Rock.

Beeindruckend und beinahe sensationell.

(8,5 Punkte)


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