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MORBID JESTER – Until The Battle Is Won

~ 1994/2022 (Golden Core/ZYX Music) – Stil: Heavy Metal ~


… and now for something completely special. Zurück in die Tage als es dem wahren Heavy Metal nicht so prächtig ging. Zurück in die frühen Neunzigerjahren und im Speziellen in das Jahr 1994.

Natürlich gab es in diesem Jahr noch Alben von ANNIHILATOR, SAVATAGE und schon von STRATOVARIUS, aber es wurden ebenso viele merkwürdige Scheiben abseits des Grunge und des Alternative Rock angeboten. Gleichzeitig wurden Formationen wie KORN oder NINE INCH NAILS feilgeboten. Diese Zeiten waren die Chance für Combos aus der zweiten Reihe, größere Aufmerksamkeit bei True Metallern zu erhaschen, da die Originale längst schwächelten oder kürzlich verschieden waren. Es war die Zeit gekommen, deutschen Underground Kapellen wie EMBARGO, WOLFS MOON, CUSTARD, COURT JESTER und MORBID JESTER das Gehör zu schenken.

Die Herborner MORBID JESTER begannen 1988 unter dem Namen MILZBRAND als Punk-Band, was auch ihrem 1994er Debüt-Album als MORBID JESTER noch minimal anzuhören war. Dennoch setzte sich bei ihnen mit stärker werdenden instrumentalen Fähigkeiten der Heavy Metal durch.

1992 nahmen MORBID JESTER ein Demo auf und konnten 400 Einheiten absetzen. Ihr Debüt ´Until The Battle Is Won´ ließen sie schließlich von S.L. Coe (ANGEL DUST) in den „Dust Studios“ schön analog auf 24 Spuren produzieren. Dass sie 2.000 CDs in Eigenregie verkaufen konnten, unzählige Exemplare wurden nach Japan und Griechenland verschifft, lag womöglich auch an dem prächtigen Cover-Artwork von Ken Kelly (MANOWAR, KISS). Jeder ausgehungerte und ausgetrocknete True Metaller musste hier ohne zögern zugreifen. Dass MORBID JESTER bis in die Gegenwart noch aktiv sind, zuletzt 2016 mit der Veröffentlichung von ´Something Wicked´, liegt hingegen an den überschwänglichen Reaktionen und der Begeisterung, die ihnen immer noch entgegen gebracht wird.

Dies sind viele Gründe für „Golden Core Records“, 2022 das Debüt ´Until The Battle Is Won´ erstmals auf Vinyl und auf einem Silberling wiederzuveröffentlichen. Und endlich können „Golden Core“ auch einmal mit Lyrics im Booklet glänzen.

1994

Die Musik selbst ist ein obskurer und teutonischer Heavy Metal, dem die jugendliche Ungezähmtheit aus allen Poren tropft. Sie besitzt die gewisse Melodie, ohne Melodic Power Metal zu sein, hat auch thrashige und punkige Ausdrucksweisen im Gepäck und zeigt sich äußerst Riff-lastig. An der Stimme von Matthias Georg, der auch noch zwei Jahre später den Nachfolger ´Irony Of Fate´ einsang, reiben sich allerdings wie seine Stimmbänder die Gemüter. Die Gitarristen Thomas Strömmer und Mario Bäcker liefern hingegen teutonische Riffs en masse und das Rhythmusgespann Udo Krause und Markus Hain glänzt mit einem pfundig trockenen Grundgerüst.

Vom Opener ´In Co-Operation´ an zelebrieren sie ihren rauen Heavy Metal. Die teutonischen Shouts fliegen aus dem Hintergrund auch im zappeligen ´Revenge´ um die Ohren des fransigen Kuttenträgers und sind noch prägnanter im Heavy-Ritt ´Go Away´ zu vernehmen. Als metallischer Seelenwärmer entpuppt sich bis zum heutigen Tag der ´Souldoctor´. ´In The Night´ beweist, dass auch in jenen Zeiten Achtzigerjahre-Musik gespielt werden konnte und ´No Name City´ erweist sich weiterhin als Mitgröler. Zum Abschluss erscheinen auch endlich die ´Warriors´ im Schlachtengetümmel.

Das ist Kult für Undergroundbanger der Neunzigerjahre. Neueinsteiger sollten bei MORBID JESTER jedoch nicht unbedingt heutige Maßstäbe für ein dann maximal nur gutes ´Until The Battle Is Won´ anlegen.

 


(VÖ: CD 7.01.2022, LP ca. August 2022)