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ENSLAVED – Caravans To The Outer Worlds

~ 2021 (Nuclear Blast) – Stil: Progressive Rock/Black Metal ~


Nachdem ENSLAVED auf dem Vorgängerwerk ´Utgard´ vom vergangenen Jahr zumindest den Willen bewiesen haben, in verschiedene musikalische Richtungen zu gehen, so finden sie sich auf ´Caravans To The Outer Worlds´ deutlich stärker im Progressive Rock wieder – so ätherisch und magnetisch wie nur möglich und vor allem mit deutlich klareren Vocals-Passagen.

Die Aggression und Dringlichkeit, die allerdings nach wie vor in ENSLAVEDs Sound vorhanden ist, wird speziell im Titelsong deutlich, der von seltsamen Keyboard-Atmosphären umrahmt ist, bei dem heftige Black Metal-Anteile jedoch immer wieder mit voller Wucht zuschlagen. Das Stück hat mindestens vier geradezu ansteckende, aggressive Riffmuster, die Grutle Kjellsons nach wie vor giftige Growls in perfekter Weise untermauern. Wenn die atmosphärischen Elemente später zurückkehren, fühlen sie sich wie eine Atempause vom relativen Wahnsinn an und bringen zudem unheimliche Wortpassagen und Gesänge mit ein. Einer ihrer klar herausragenden Songs aus den letzten Jahren!

 

 

Was das Aggressionsniveau angeht, fühlt sich der Rest dieser EP im Vergleich dazu nahezu zahm an, was jedoch nicht bedeutet, dass alles geradlinig oder gar geglättet ist. Auf den Titeltrack folgt das erste von zwei Intermezzos, eine kurze Passage schräger Orgelklänge, mit dicken Basslinien und einem voluminösen Doom-Riff. ´Ruun II – The Epitaph´, die Fortsetzung eines ENSLAVED-Klassikers, bietet schließlich die Kombination aus Akustikgitarre, gummiartigen Riffs und einem grundlegend unausgewogenen Spielgefühl, das teilweise sogar beinahe improvisatorisch wirkt. Das zweite Instrumentalstück schließt dann in deutlich proggigerem Style, mit einer Kombination aus Piano, wirbelnden Synths und für die Band eher typischem Riffmuster ab.

ENSLAVED waren von jeher eine Band, die sich immer dann von ihrer besten Seite zeigte, wenn sie neue Experimente und Eigenheiten in ihre Welt einlud, und während es auf ´Utgard´ bereits Anzeichen dafür gab, dass sie bereit waren, wieder ihre Flügel auszubreiten, so finden sie sich mit dieser EP in einem völlig anderen Suchmodus. Hoffentlich fließt diese Bandbreite an Sounds und Ansätzen dann auch in ihre nächste komplette Album-Session mit ein.

(8,5 Punkte)