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TY SEGALL – Harmonizer

~ 2021 (Drag City) – Stil: Glam/Industrial Rock/Psychedelic/Experimental ~


Damit der irrsinnig produktive TY SEGALL ganze zwei Jahre lang zwischen seinen Veröffentlichungen gewartet hat, musste es wohl offenbar erst ein Chaos in der Welt gegeben haben oder ein anderes Projekt, das seine Zeit dermaßen verschlungen haben muss. Natürlich führten sowohl die Pandemie als auch der Zusammenbau seines neuen Studios zu dieser für seine Verhältnisse langen Pause – aber jetzt kommt ´Harmonizer´ als Überraschungsalbum und ohne jegliche Fanfaren. Das Werk trägt den gleichen Namen wie sein kürzlich gegründetes Studio und pulsiert mit elektrischen Keyboards, verzerrtem Bass und Tonnen von Gitarrenriffs.

Das Album wurde von Cooper Crain koproduziert und zeigt Ty wieder einmal alle Instrumente abdeckend, abzüglich seiner bekannten Mitwirkenden von THE FREEDOM BAND über Mikal Cronin und Emmett Kelly bis hin zu Charles Moothart, die allesamt auf mehreren Songs mitwirken. Darüber hinaus ist seine Frau Denée Segall als Co-Autor bei zwei der Stücke auch gesanglich beteiligt.

´Harmonizer´ besitzt einen geradezu futuristischen Ton, wobei Segall auf der ersten Hälfte mit einer ganzen Reihe von Gitarren- und Keyboard-Effekten experimentiert, die an Industrial Rock grenzen, bevor er anschließend die Gänge wieder wechselt. Das Album weist einmal mehr seine ganz eigenen Parameter auf, da es tief in die Welt der Synthesizer, Beats und des groovigen Glanzes eintaucht.

Der Opener ´Whisper´ schlägt gleich ein wie moderner T. REX, mit seiner pulsierenden Instrumentierung, während die Gesangsharmonien alles zusammenziehen und das Tempo und die Richtung in der Schlussminute wieder wechseln. Fuzzy Gitarrenläufe schneiden dabei durch die Tieftöner, bevor ein zuckendes, bassgetriebenes Outro beginnt.

´Erased´ baut sich hingegen vergleichsweise einfach auf und explodiert mit einem Bassunterton, der immer lauter wird, während der Song mit einem heftigen Schlag weiter voranschreitet. Der roboterhaft pulsierende Hall mit digitalem Piepsen und Feedback-Blasts ist überall auf der Platte zu finden und tritt hierauf besonders deutlich hervor.

Dass er sich auf ´Waxman´ sogar mit BLACK SABBATH-artigem Sludge sowie auf ´Feel Good´ mit faszinierendem Post Punk beschäftigt, beweist einmal mehr, dass man sich bei ihm nie auf einen Stil festlegen kann.

Zurück im Sattel und jetzt mit seinem eigenen Studio ausgestattet, ist Segall bestens darauf vorbereitet, seine einzigartigen Spins im Rock’n’Roll weiterzuentwickeln. In den zehn Songs zirkuliert jedenfalls zweifellos eine neue Innovation. Die Schwere von Gitarre, Bass und Schlagzeug balanciert die Synthesizer und die Modulation der Songstrukturen hervorragend aus und vor allem der Gesang und die gut platzierten Harmonien sorgen für ein weiteres Wunderwerk aus der Segall-Fabrik.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/tysegall666