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INGA RUMPF – Universe Of Dreams

~ 2021 (earMUSIC/ Edel Germany) – Stil: Blues/Soul/Rock ~


Inga Rumpf! Wer kennt sie nicht, die Lady, die mit FRUMPY und ATLANTIS in den Siebzigerjahren internationale Erfolge sammelte. Sie tourte mit AEROSMITH und LYNYRD SKYNYRD durch die US-amerikanischen Stadien und wurde allerorts aufgrund ihrer mächtigen Rock-Stimme gefeiert. Doch sie werkelte in den letzten Jahrzehnten auch in kreativen Bahnen des Soul und Gospel, des Techno-Pop und des Bigband-Jazz.

Wer Inga Rumpf nicht kennt, liest einfach ihre aktuelle autobiographische Zeitreise mit dem Titel „Darf ich was vorsingen?“ Neben dieser Autobiografie schenkt sie sich und ihren Anhängern zu ihrem 75. Geburtstag aber auch ein neues Werk. ´Universe Of Dreams´ erscheint sogar als Doppel-Album mit unveröffentlichten Songs aus den Jahren 1988 bis 2014 ihrer Karriere.

Das neue Studioalbum schrieb Inga Rumpf über die vergangenen Monate hinweg. Sie sinniert passend zu ihrem Buch über die Vergangenheit und blickt zugleich gespannt auf das noch Kommende. Dabei erwartet den Hörer eine geerdete Reise durch den Rhythm‘n’Blues, Soul und Rock.

In Anbetracht der von Dieter Krauthausen (Marius Müller-Westernhagen, CAN-Studio, Conny Plank-Studio) produzierten Kompositionen ist ´Universe Of Dreams´ ein karriereüberspannendes Lehrstück mit frischen Liedern geworden. Prominente Mitmusiker an der Seite von Inga Rumpf lassen in dieser Hinsicht ebenfalls nichts anbrennen: Larry Campbell (Gitarre; Bob Dylan, Marius Müller-Westernhagen, Wolfgang Niedecken), Jack Daley (Bass; LITTLE STEVEN & THE DISCIPLES OF SOUL), Kevin Bents (Akustikgitarre, Keyboards), Rob Clores (Hammond), Martin Ditcham (Drums, Percussions; HENRY COW, MAN JUMPING), Friso Lücht (Keyboards; Marius Müller-Westernhagen) und Riedel Diegel (Bluesharp; BLUES DELIVERY, SCHWOIßFUAß).

 

 

´Universe Of Dreams´ ist aber nicht einfach nur Inga Rumpf mit Begleitband. Inga selbst hat zu den Liedern neben der komponierten Musik auch die Lyrik ersonnen und spielt Slide- und Akustik-Gitarre sowie Klavier. Mehr Inga Rumpf geht anno 2021 nicht.

Inga fragt in ´Universe Of Dreams´ wo all unsere Träume und Visionen geblieben sind („Who threw you out of the universe of dreams?“). Sie spürt, dass die Natur wichtiger als die digitale Scheinwelt ist und irgendetwas in naher Zukunft passieren muss („Where will societies fall apart? When will a new renaissance start? What is the layout for a future plan? Who‘ll make the whole world great again?“). Heutzutage ruft sie im Swamp-Blues eher ´Hold On – Slow Down´, das Hamburger Stadtkind hat sich in der Zwischenzeit sehr in die Natur und das Entschleunigen verliebt.

Dagegen holt Inga mit ´I Wrote A Letter´ nochmals den 1979 geschriebenen und 1981 veröffentlichten Song (aus ihrer ´Reality´-LP) hervor, den Tina Turner 1984 als B-Seite für ihre Comeback-Single ´Let’s Stay Together´ nutzte und präsentiert ihn in einer schön verzweifelten Version („A man can make a woman sing the blues.“). Gleichsam versprüht ´Singing Songs´ diesen Geist der späten Sechzigerjahre wie ihn seinerzeit PROCOL HARUM und viele andere verbreiteten – und eben auch FRUMPY mit Inga Rumpf, die den Klassiker auf ihrer 1972er LP ´By The Way´ verewigten. Ein äußerst persönliches Lied, das Inga auf dem Weg zu einem Konzert schrieb und von der Angst der steigenden Erwartungen des Publikums lebt („And if you need somebody to help. No, don‘t look at me, cause I need help myself.“).

Für ihre Biografie hat Inga natürlich all ihre Tagebücher entstaubt und bei der sorgsamen Durchforstung ihrer Vergangenheit ist zugleich eine wundervolle Ballade mit dem passenden Titel ´My Diary´ entstanden. Lange hat sie hingegen an dem Ein-Afternoon-an-der-Bar-in-New-Orleans-Song ´Back To The Roots´ gefeilt, so dass er jetzt ein Rückblick auf ein erfülltes Musikerleben darstellt („There were times I was sure I’d stay forever young. I grew wings on a motor-bike: No risk – no fun!“). Obwohl ihr auch das Leben on the road viel Kraft kostete, gehört alles zu seiner Zeit, das Leben auf den Straßen oder das Leben im heimischen Zuhause: ´All In Good Time´. Ohnehin ist niemand zu spät, niemand ist zu alt für irgendetwas, denn niemand ist zu alt oder zu jung, vermittelt uns Inga im Gospel ´Never Too Late´ als Lebensweisheit.

Mit großartiger Stimme singt Inga ´About You´ als ihr persönliches Dankeschön an ihre Anhänger: „That‘s why I write this song. About you.“ Dabei hat ihr das Pestjahr ebenfalls viel Trübsal bereitet („Now you are like a one man band, playing for the memory of your friends.“) und ihr auch nicht die Augen für die Zukunft geöffnet („Life in the darkness – it takes a while. Before you see the sky again.“). Wenn man in solchen Tagen dann einfach auf der Terrasse entspannt, kommen mit Slide-Gitarre eben solche Country-Songs wie ´Slow Motion´ zutage, oder wenn man die Nähe zu Freunden vermisst ein mitreißendes ´More Precious´. Ein weiterer und letzter Liebesgruß, aber nicht auf dem Doppel-Vinyl anzutreffen, ist Otis Reddings Klassiker ´I’ve Been Loving You´, der zur Hälfte aus ihrem eigenen, rauen 1982er Demo und einem neu eingesungenen Abschnitt besteht.

Die Bonus-Scheibe ´Hidden Tracks´ tischt nicht nur weitere Gast-Prominenz, sondern ebenso glanzvolle Songs auf, die Inga bei all den Ermittlungen für ihre Biografie in ihren Archiven gefunden hat.

Die ersten vier Kompositionen, etwa ´Can’t Stop Myself´ und ´Dance It Up´, rocken dabei ordentlich und versprühen großartiges 80s- und auch Tina Turner-Feeling, sind hier doch 1987/88 neben Session-Bass-Legende James „Hutch“ Hutchinson (u.a. Bonnie Raitt) auch die Members der ROLLING STONES zugegen, Keith Richards, Ronnie Wood und Mick Taylor.

Weitere vier Kompositionen stammen aus den Jahren 1992 bis 2004, etwa ´Falling In Love´, und den Sessions mit dem Jazz-Pianisten Nils Gessinger sowie weitere aus jüngerer Zeit mit Helmut Krumminga (ex-BAP), mit dem Inga ein Duo gründete und auf Tour ging.

Welch ein Jubelfest.

(8 Punkte)

https://www.ingarumpf.de/

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(VÖ: 30.07.2021)