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STYX – Crash Of The Crown

~ 2021 (Alpha Dog 2T/Universal Music) – Stil: Rock ~


Diese Musikgruppe hat Geschichte geschrieben. STYX sind eine Legende. Oder will irgendjemand etwa ohne ´The Grand Illusion´ leben?

Kaum eine andere Formation hat die Verschmelzung von Pop und Soft Rock mit Prog Rock in den Siebzigerjahren so meisterhaft vollendet wie STYX. Dennoch waren die 90er Alben wie ´Edge Of The Century´ oder die 00er Alben wie ´Cyclorama´ eher wunderbare Rock-Alben mit einer harten Ecke. Dass zudem Dennis DeYoung 1999 nach ´Brave New World´ seinen Dienst quittierte, war bis heute irgendwie schwer zu verkraften, oder?

Gleichwohl halten die Gitarristen Tommy Shaw und James Young mit Bassist Chuck Panozzo STYX weiterhin am Leben. Schließlich stehen immerhin selbst Schlagzeuger Todd Sucherman und Keyboarder Lawrence Gowan schon zwei Dekaden und Bassist/Gitarrist Ricky Phillips seit nahezu 20 Jahren in der Formation. Und den Großteil des Songwritings übernimmt ohnehin seit vielen Dekaden Tommy Shaw.

2021 treten STYX mit ihrem 17. Studioalbum ´Crash Of The Crown´ abermals ins Scheinwerferlicht und schauen dabei nicht auf ihre epische Diskografie zurück. Wie es sich für eine Gruppe ihrer Altersklasse und nach all den Erfahrungen des letzten Jahres geziemt, obwohl die Scheibe vor 2020 fertig komponiert gewesen sein soll, bewahren sie eine positive Grundhaltung und singen von Hoffnung, vom Voranschreiten als auch von einem Neubeginn, und wagen sich neben ihrem wunderbar mehrstimmigen Harmoniegesang, mächtig aufgetragenen Keyboardmelodien sowie zu Rock-Songs mit Gitarrensoli und heftigen Flirts zu Prog Rock-Elementen nämlich ebenso Hammond-Orgel, Minimoog und Mellotron einzusetzen.

Obendrein überrascht die Tatsache, dass ´Crash Of The Crown´ bereits vier Jahre nach ´The Mission´ in den Plattenläden steht, schließlich veröffentlichten STYX nach ´Edge Of The Century´ bis ´The Mission´ innerhalb von bald dreißig Jahren nur drei Scheiben. Nichtsdestoweniger ist es das beste Studioalbum seit 40 Jahren geworden.

Im Signature-Sound startetet ´The Fight Of Our Lives´ diese erlesene Songsammlung. Es ist eine Hymne für das Jahr 2020 und für 2021 sowieso („We will not give in, the game is our to win.“). Der Harmoniegesang erweist sich dabei als Schlüssel zum Erfolg – und die Anklänge an QUEEN, ebenso im Gitarrenbereich als klitzekleiner Gaumenkitzel. Mit dem Gesang von Tommy Shaw und mehrfach großartigen Gesangsabschnitten folgt ´A Monster´ – auch für Liebhaber von IZZ und ECHOLYN sehr zu empfehlen – über die Alleswisser in diesen Tagen. Neben der E-Gitarre und den Keyboard-Schwaden trägt in der Komposition ´Reveries´ vor allem die Akustikgitarre zur Stimmung bei – auch für Liebhaber von NEAL MORSE zu empfehlen („Here I’m running with the elephants, fighting all the elements, in this crowd.“).

Passend zum Songtitel ´Hold Back The Darkness´ zeigt sich ein melancholischer Song für die einsamen Stunden, mit flüchtigen Empfehlungen von PINK FLOYD. Doch die harmonischen Gesänge reißen ihn letztlich aus der Tristesse. Worte von Winston Churchill leiten hernach ´Save Us From Ourselves´ ein, einen epischen Rocker, der in Verbindung mit dem Gesang flüchtige Empfehlungen von FOREIGNER ausspricht, und aufgrund seiner frühen Erschaffung eine geradezu prophetische Aussage für die Gegenwart bereithält („One nation, indivisible, heads in the sand ’cause we weren’t invisible. Same prayers, we could all use a miracle now, to save us from ourselves.“).

Im Titelstück sind erstmals drei Leadsänger in Folge auf einem STYX-Lied zu hören. Erst James Young in dunkler Manier von FISH, dann Tommy Shaw zu einem fröhlicheren, beinahe Disco-Beat, der jedoch schnell wieder rockend an Lawrence Gowan übergibt, und sich an Freddy Mercury versucht, gleichsam Gitarre und Klavier an QUEEN. Dagegen singt Chuck Panozzo zu einem frohgestimmten Folk-Prog-Stück namens ´Our Wonderful Lives´ gegen Depressionen an und erhält zur Unterstützung ein Trompeten-Solo. Sogar in ´Common Ground´ entzücken umgehend die Harmoniegesänge zur Stimmung erzeugenden Akustikgitarre und den Keyboard-Wolken, inklusive des Chorgesangs und E-Gitarren-Solos zum Ausklang. Die Dramatik steigert die Gruppe selbst in der zerbrechlich gesungenen Akustikgitarren-Ballade ´Sound The Alarm´ ungemein.

Von seinem Titel könnte ´Long Live The King´ ein echter Worship-Song sein, entpuppt sich jedoch als Metapher für eine Welt in Flammen. Eine Sitar zeigt ´Coming Out The Other Side´ von seiner indischen Seite, kehrt jedoch schnell wieder zum Softrock pulsierend zurück. Die mächtige Hymne für alle Überlebenden ist sodann ´To Those´ und feiert sich daher gleichsam abschließend selbst. Verträumt erscheint zum kurzen, aber großen Finale ´Stream´. Gitarrentechnisch PINK FLOYD nicht nur über den Weg laufend, sondern kreuzend, ist abermals der Harmoniegesang die Krönung zu den Gitarrenjubelarien („Please don’t wake me from this sweet dream, floating on a stream. Sunshine beaming down on my face, staring into space.“).

(9 Punkte)

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(VO: 18.06.2021)