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GARBAGE – No Gods No Masters

~ 2021 (Stunvolume-Infectious Music-BMG / ADA-Warner) – Stil: Electronic-Rock ~


GARBAGE sind 26 Jahre nach ihrem Debütalbum immer noch dieselben. Duke Erikson, Steve Marker und Butch Vig trafen sich mit ihrer Frontfrau Shirley Manson bereits im Sommer 2018 für zwei Wochen in der Wüste von Palm Springs, um erste Songs zu skizzieren. Doch die Produktion beginnt erst zwei Jahre später im Studio von Billy Bush, dem Tontechniker/Ehemann von Shirley Manson in Los Angeles. Und wie immer, wenn sich das Quartett versammelt, entsteht eine Magie, die sich in den  Kompositionen entladen muss.

 

 

Das mittlerweile siebte Studioalbum soll düsterer werden, soll aufgrund der aktuellen Weltlage die sieben Tugenden, die sieben Leiden und die sieben Todsünden behandeln und erstmals GARBAGE unfreiwillig als politische Gruppe präsentieren. Denn in diesen Tagen reicht ihnen keine Kapitalismuskritik und kein Hochhalten der Fahne des Feminismus aus. Die gesellschaftlichen Unruhen und der Klimawandel, Donald Trump in den Vereinigten Staaten und der Brexit mit Boris Johnson in Großbritannien lassen GARBAGE keine andere Wahl, als in ihren neuesten Kompositionen auch das Wort diesbezüglich zu erheben.

 

 

Bei ihrem Manifest mit dem Titel ´No Gods No Masters´ unterlegen GARBAGE ihre musikalische Antwort mit Electronica, Indie und Punkrock, Pop und Rock mit fuzzigen Gitarrenriffs. Natürlich dreht sich bei diesen sozialen Entwicklungen auf der Welt dennoch in ´The Men Who Rule The World´ alles um den schnöden Mammon, um das Geld. Es ist der kleine Protestsong von GARBAGE gegen die Gier der Menschheit. Den Aufruf zu einer besseren Gesellschaft startet der Titelsong ´No Gods No Masters´. In dem bedrohlich wirkenden ´A Woman Destroyed´ steht jedoch bereits die Rache im Vordergrund, erst recht auf dem Feldzug zum Ausklang mit Glockengeläut.

Dagegen ist der Elektro-Rocker ´The Creeps´ ein Aufruf, mit Mut und Kraft selbst am Tiefpunkt des eigenen Lebens den Kampf nicht aufzugeben. Sogar dem Außenseiter schenkt ´Uncomfortably Me´ in melancholischer Weise Halt. Für Menschen mit multipler Persönlichkeitsstörung ist der Elektro-Pop-Song ´Wolves´ eine Erinnerung, andere nicht zu verletzen.

Geisterhaft zieht ´Waiting For God´ durch die Gassen und spricht am Ende sein künstlerisches Vater-Unser: „Oh god. Who art in heaven. Who art in heaven come. Stand with us. May your will be done. On earth as it is in heaven.“ Dem gegenüber ist ´Godhead´ die heavy Elektro-Rock-Klage, dass weltweit das männliche Ego der Dreh- und Angelpunkt ist.

Natürlich hat ´Anonymous XXX´ bei solch südländischen Rhythmen nur Sex zum Gegenstand, mit Trip-Hop und Erinnerungen an ROXY MUSIC und TALKING HEADS. Ein ´Flipping The Bird´ überzeugt mit Synth-Pop und Post-Punk als lockerer Indie-Rocker. Die schmerzhaften Erfahrungen über Verlust und das Überleben zeigt ´This City Will Kill You´ zu guter Letzt in überraschend cineastischen Klangwelten.

GARBAGE bleiben GARBAGE, selbst wenn sie anno 2021 größere Reden schwingen.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/GarbageOfficial


Pic: Joseph Cultice
(VÖ: 11.06.2021)