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THUNDER – All The Right Noises

~ 2021 (BMG) – Stil: Classic Hard Rock ~


THUNDER ist eine britische Band, die wie ein Fels im Sturm des Zeitgeistes steht und seit 1990 einfach das macht, was sie am besten kann: ehrlichen harten Rock – (natürlich) britischer Prägung. Das Erbe von FREE und BAD COMPANY wird gelungen verwaltet. Aber nicht nur musikalisch gibt es Konstanz, die Musiker sind seit 1989 fast die gleichen, nur der Bassist wurde zweimal ausgewechselt.

Ich bin damals auf die ersten beiden Alben aufmerksam geworden – insbesondere auf ´Laughing On Judgement Day´. Was damals solide bis sehr gut war, ist auch heute noch solide bis sehr gut. Größter Pluspunkt ist und bleibt Sänger Danny Bowles. Jetzt auch schon sechzig Jahre alt, aber stimmlich unverwüstlich. THUNDER hatten sich immer wieder aufgelöst und einige Comebacks gefeiert. Nach dem kommerziellen Erfolg zu Beginn gab es Durststrecken, seit 2015 schafft man es zumindest in Großbritannien immer wieder in den einstelligen Charts-Bereich. Das ist schon beachtlich für diese Art von Musik. Auch live kann die Band durch gutes Handwerk überzeugen, was in einer Flut von Live-Platten dokumentiert wurde.

´Last One Out Turn Off The Lights´ kommt als Opener sofort zur Sache. Danny Bowles übernimmt als Steuermann die Kommandos, das Schlagzeug klingt voll und die Gitarren brettern ordentlich, ohne in Metal-Gefilde zu rudern. Ein klassischer THUNDER-Song, etwas seicht sind vielleicht nur die Background-Vocals ausgefallen, hier aber (noch) ordentlich in den Hintergrund gemischt. Wie auch die – allerdings hier weniger störenden – Bläser gegen Ende. ´Destruction´ kommt dann schleichend und schleppend mit mächtigen Riffs, was der starken Stimme von Bowles entgegenkommt. Die weiblichen Backgroundsängerinnen gegen Schluss vergessen wir einfach, sind ja nur ein paar Sekunden und rein subjektiv (Trauma?) habe ich mich damit schon immer etwas schwergetan. Song Nr. 3 ´The Smoking Gun´ bringt zum ersten Mal Akustikgitarren zum Einsatz, irgendwie alles etwas berechenbar, aber anders will man es in THUNDER-Fankreisen auch nicht haben. Auch hier thront der Gesang von Danny über allem und das ist gut so. Ein sehr starker Song mit unprätentiösem Gitarrensolo. ´Going To Sin City´ hat nix mit AC/DC zu tun, grooved und zeigt, dass man auch erfolgreich Klischees bedienen kann und hier mit Hair Metal-Chören und Bläsern auch mal ins Mittelfeld rutscht, wie später immer mal wieder. Schwierig, trotz einiger Variationen, die Spannung immer aufrecht zu erhalten. ´Don’t Forget To Live Without You Die´ mit verzerrtem Gesang ist auch nicht der Vorschlaghammer, ist aber ganz nett. Mit Nr. 6 gibt es dann die erste Ballade, die ist mir jetzt doch deutlich zu seicht. ´Young Man´ macht wieder etwas Boden gut – irgendwo zwischen BAD COMPANY und Frankie Miller – klingt dieser Song wieder sehr frisch (und am Ende schleichen die Backgroundsängerinnen wieder durchs Bild 🙂 ). ´You’re Gonna Be My Girl´ kommt mit STATUS QUO-Riff, aber auch etwas viel Routine. Authentischer dann ´St. George’s Day´ mit einem Schuss Melancholie, das bringt die Spannung zurück. Die Rausschmeißer sind dann der akustisch startende ´Force Of Nature´, der auch schon einmal ein bisschen street credibillty verbreitet und dann voluminös aufdreht. Da dürfen die Gitarren auch mal das Schema F verlassen. ´She’s A Millonairess´ lässt dann noch einmal FREE aufleben (und die Backgroundsängerinnen).

´All The Right Noises´ passt eigentlich nicht ins Hier und Jetzt, aber THUNDER passte zeitlich noch nie so richtig irgendwo dazu. Vielleicht zur kleinen Welle Mitte und Ende der 80er Jahre als Bands wie GREAT WHITE im Zuge des AEROSMITH-Comebacks Eingängigkeit mit harten Gitarren verbanden und diese kleine Welle den 70er Gitarren Hard Rock Bands erfolgreich Reminiszenz erwies. Da waren THUNDER aber eigentlich schon wieder zu spät dran.

Wer immer noch die glorreichen 70er Rock-Zeiten mag und THUNDER sowieso kann hier nix falsch machen. Wer handgemachte, unaufgeregte Musik mag, die man auch in 15 Jahren noch getrost auflegen kann, ist auch auf dem richtigen Dampfer. Wer neue Ideen und Kreativität sucht, macht lieber einen kleinen bis mittelgroßen Bogen um diese sympathischen Vorkämpfer ehrlicher und rauer Musik. Über die ganze Langspielplatte gelingt es nicht immer, die Spannung, die besonders vorne durchaus aufkommt, aufrechtzuerhalten. Letztlich aber sehr angenehme Veröffentlichung.

(7,25 Punkte)


(VÖ: 12.03.21)