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H. P. LOVECRAFT – The Festival

~ 2020 (Cadabra Records) – Stil: Spoken Art ~


HOWARD PHILLIPS LOVECRAFTs Kurzgeschichte „The Festival“ („Das Fest“) wurde im Oktober 1923 geschrieben und im Januar 1925 veröffentlicht.

Die Story

Der Erzähler nimmt eine Einladung zu einem Familienfest in Kingsport, Massachusetts, an. Ein stummer und alter Mann begrüßt ihn im Haus seiner Vorfahren und lässt ihn wissen, dass der Beginn des Festes noch nicht gekommen sei. Der alte Mann scheint zudem keinerlei Gesichtszüge sein eigen zu nennen, doch der Protagonist folgt ihm zu einer Menschenmenge bei einer Kirche. Das Fest scheint in deren Gruft zu beginnen. Also steigen alle immer tiefer und tiefer in die Erde hinab. Dort angekommen wird er Zeuge eines Rituals und soll alsbald auch auf ein mächtiges und unbeschreibliches Tier steigen, um wie die anderen auf diesen davonzureiten und weiter in der Gruft vorzudringen. Der Erzähler weigert sich und erhascht das wahre, gar teuflische Gesicht des Alten, der sich als sein vermeidlicher Ur-Ahn ausgibt. Der Protagonist springt, um zu entrinnen, in den schwarzen Fluss, der die Gruft durchströmt … und erwacht im Kingsport Krankenhaus. Die Ärzte erzählen ihm, dass er im Hafen bewusstlos aufgefunden wurde, da er wohl vom Schneesturm orientierungslos in das Meer gestürzt sei. Nur weil er rechtzeitig gefunden werden konnte, hat er überlebt.

 

 

Die Erzählung

Die perfekte Weihnachtsgeschichte 2020, die dunkelste Weihnachtsgeschichte überhaupt, platzieren „Cadabra Records“ auf dem Gabentisch – als Vinyl-only-Release in limitierter Auflage auf 150g-Vinyl im dickpappigen Gatefold-Cover – mit Linernotes des Komponisten Fabio Frizzi und einem neuen Aufsatz des Fiktionswissenschaftlers S. T. Joshi.

Die für solch eine albtraumhafte Erzählung notwendige Stimme stellt Andrew Leman zur Verfügung. Nicht erst seine Tätigkeiten als Gastautor und Vorleser im „HP Lovecraft Literary Podcast“ sprechen für seine Qualitäten. Andrew Lemans Stimme – unentschlossen, vorsichtig, überrascht, ängstlich und gequält – eint sich vortrefflich mit den Tönen Fabio Frizzis.

Der US-Amerikaner ist Gründungsmitglied der „HP Lovecraft Historical Society“. Er zeichnete sich für den ersten „H. P. Lovecraft Historical Society“-Film „The Testimony of Randolph Carter“ verantwortlich, inszenierte ebenso „The Call of Cthulhu“ und war Co-Autor von „The Whisperer in Darkness“ und „Dark Adventure Radio Theatre“. Mehr als 20 Live-Action-Lovecraftian-Rollenspiele hat er verwirklicht.

 

 

Die Musik

Die Partitur für die beiden Vinyl-Seiten stammen von Fabio Frizzi, einem italienischen Komponisten. Der Spezialist für Horrorfilme arbeitete früh mit GOBLIN zusammen, ehe er sich auf Filmmusik spezialisierte. Selbst Quentin Tarantino nutzte ein Stück aus seinem 1977er Soundtrack „Sette note in nero“ im Film „Kill Bill“.

Die Musik von Fabio Frizzi ist lebendig und temperamentvoll, sich jeder Stimmungslage bewusst und berücksichtigt jeden Schritt, hin zu den Abgründen der Geschichte. Nicht nur Synthesizer, Klavier, Violine und Flöte, ein ganzes Orchester muss der Visionär im Zweifelsfall bedarfsgerecht einsetzen. Erst klingt es himmlisch stimmungsvoll, einer Weihnachtsgeschichte, der anberaumten Festivität angemessen. Dann spürt die Musik die Dunkelheit, sie wird gespenstischer, augenblicklich böser und metallischer. Trommeln und Flöten führen in die Abgründe hinab. Am Ende wuchtet das Orchester seinen raumfüllenden Klang in das Bild.

 

Ein Hörspiel als Horrorspiel

Alb-traumhaft