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A.A. WILLIAMS – Forever Blue

~ 2020 (Bella Union) – Stil: Singer-Songwriter-Doom ~


Auch wenn das neue Cover-Album nach ihren Fanvorschlägen und Lockdown-Youtube-Videos mit dem treffenden Titel ´Songs From Isolation´ schon für Februar 2021 anberaumt ist, so ist für mich endlich die Zeit gekommen, in der das aktuelle Album ´Forever Blue´, das sich über den Sommer in meine Seele gegraben hat, seine gesamte Wirkung noch weiter entfaltet. Eine 42-minütige Reise in die innere Reflektion, was gerade an trüben Herbsttagen vom Alltag ablenkt und trotz aller Traurigkeit Trost spendet und ein wohliges Gefühl erzeugt.

Stimme plus Klavier plus zart gezupfte Gitarre plus Cello (bis hierhin spielt die erst seit 2019 auf der Bühne angekommene Musikerin alles alleine) plus Ehemann und Bassist Thomas Williams (bis hierhin haben die beiden fast alles in ihrer Londoner Wohnung aufgenommen) plus Geoff Holroydes dezentes bis mächtiges Schlagzeugspiel ergibt Entspannung. So ist das zumindest bei mir, auch wenn ein Titelname wie ´All I Asked For (Was To End It All)´ eher eine textliche Aussage für gefestigtere Gemüter sein sollte. A.A. WILLIAMSON liefert das Hörbuch für die geschundenen Ohren und befreit die gestresste Seele.

 

 

Eine wunderschöne Schwermut wohnt ihren Liedern inne, die eine sanfte Epik ausstrahlen. Ein Gefühl der Sehnsucht flutet meinen Körper und erzeugt ein Kribbeln, das ich sonst nur von Kaias Pilzen her kenne. Schon die zweite Nummer ´Melt´ zeigt, dass es sich hier nicht nur um Musik für die einsamen Herzen vorm Ofenfeuer handelt, sondern auch härtere Zeitgeister ihre Erfüllung finden können. Ich denke unweigerlich an die ´Summertime Sadness´ von LANA DEL REY in einer metallischen Epik, wenn das gigantische Streicherthema einsetzt und diese unglaublich intensive Stimme auf Geigenbögen zu fetten Drums trägt. Uff, was für eine Hymne!

Ein wenig Depresso-Country verbreitet das ruhige, introvertierte ´Dirt´, danach steigert sich ´Fearless´ nach ebenso ruhigem Beginn gar in mächtigen Doom inklusive Gast-Growling (!) und überschreitet die Songwritergrenze zum Metal. Dadurch betrachte ich das Album nochmals unter diesem Gesichtspunkt und fühle tatsächlich die Verwandtschaft des Gesamtwerkes zur tiefen Traurigkeit der Slowakkordanschläger der späten SABBATH’schen Nachfolgegenerationen um Bands wie THE GATHERING oder 3RD AND THE MORTAL.

 

I wasn’t meant to see the sun washed out and pale
I wait undone
I wasn’t meant to be the one hollow and hurt and meant for none

 

 

´Glimmer´ birgt wieder diese wunderschöne, beruhigende Stimmung, die im nachfolgenden ´Love And Pain´ abermals auf eine gigantische Gefühlsebene gehoben wird. Diese fast epischen Steigerungen in den Songs erfährt auch ´Wait´ und verbleibt damit in den Tiefen der Gehörgänge und der Seele. Und auch wenn Miss Williams mir vorgaukeln will, es gehe ihr gut, so fühlt man sich bei ´I’m Fine´ doch einer unendlich traurig entrückten Sängerin gegenüber, die ihre Hoffnungslosigkeit den paar Anwesenden im Roadhouse zu Twin Peaks am Tag der einsamen Herzen in die verlorenen Seelen singt, während TORI AMOS mit Tränen in den Augen vom Klavierhocker gleitet.

Wem viele andere Sirenen zu fröhlich und zu harmlos agieren, der wird sich in diesem Album mit seinem ohne großem Brimborium erzeugten Bombast der Emotionen dankend und anhaltend verlieren und ich wünschte mir dabei bereits vor Monaten, dass der Sommerregen nie aufhören möge oder es endlich Herbst wird. Nun denn – hier sind wir…mit dem Soundtrack zum Alleinesein…oder alleine zu zweit.

 

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