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OBSEQUIAE – The Palms Of Sorrowed Kings

~ 2019 (20 Buck Spin) – Stil: Melodic Black Metal ~


Wenn man von „atmosphärischem Black Metal“ spricht, ist das für gewöhnlich ein Sound, der eher fließend als bissig und eher naturalistisch als blasphemisch ist. Allerdings bietet das Genre auch einige Bands, die eine ganz eigene Atmosphäre schaffen und ihre Musik auf unterschiedliche Weise zum Fließen bringen. OBSEQUIAE aus Minneapolis, Minnesota, ist eine dieser Bands.

„Hellenic Black Metal“ oder auch „Castle Metal“ waren Bezeichnungen, die im Zusammenhang mit den beiden Vorgängeralben ´Suspended In The Brume Of Eos´ und ´Aria Of Vernal Tombs´ immer wieder auftauchten. Mittelalterlich anmutende Gitarren umhüllten darauf den Hörer mit originellen Riffs und Melodien, während gleichmäßige Rhythmen und der harte, nachhallintensive Gesang die Erzählung schließlich zusammenfügten. All das kombinierte sich zu einem fast schon majestätischen Sound, der Themen der klassischen mittelalterlichen Literatur aufgriff, es jedoch tunlichst mied, diese Themen kitschig erscheinen zu lassen.

Weniger eine Weiterentwicklung dieses Sounds, bietet ´The Palms Of Sorrowed Kings´ nun eher eine sanfte Verfeinerung von all dem, was die beiden vorherigen Alben ausmachte – wie von einem mit dem Michelin-Stern ausgezeichneten Koch, der einem Gourmet-Menü genau die richtige Menge an Gewürzen hinzufügt. Dieses Mal tauchen sogar gelegentlich klösterliche Gesänge auf, die Songs wie dem mit kristallinen Gitarrenmelodien gespickten Titeltrack eine fast schon ehrfürchtige Note verleihen.

Die Band hat insgesamt deutlich mehr Kraft in den Drum-Sound gesteckt, die Riffs wirken ausgereifter und ausgefeilter, und die Songstrukturen bieten wesentlich mehr an Variation. Zudem haben sie wieder einmal emsig die Volksmusikarchive durchsucht, um Inspiration für die Harfen-Zwischenspiele zu bekommen. Vicente La Camera Marinos Spiel ist wundersam anmutig und fesselnd zugleich, da er echte Balladen aus dem 13. Jahrhundert, wie ´Palästinalied´ und ´Per Tropo Fede´, dabei neu interpretiert.

Weitere Höhepunkte sind das riffbetonte ´In The Garden Of Hyacinths´, in dem die Gitarrenharmonien erneut einen nahezu „strahlenden“ Effekt erzeugen. ´Emanations Before The Pythia´ zeigt zwischen den funkelnden Melodien ein Aufblitzen von ernsthaft druckvollen Riffs – Melodien wechseln sich dabei ab und verflechten sich zeitweise geradezu anmutig.

´The Palms Of Sorrowed Kings´ schafft eine einzigartige Stimmung und bringt Bilder von mittelalterlichen Legenden und klassischer Mythologie hervor, ohne dabei jedoch kitschig zu klingen. Für Liebhaber von rohem, melodischem und einfallsreichem Black Metal wird auch OBSEQUIAEs neues Album ein großartiges Klangerlebnis sein.

(7,5 Punkte)