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RYKERS – The Beginning

~ 2019 (BDHW Records) – Stil: Hardcore ~


Die RYKERS waren zu Beginn der 1990er wichtig, um Deutschland auf der Hardcore-Weltkarte überhaupt zu verorten. Klar, es gab bereits von Berlin (CHARLEYS WAR) über Kaiserslautern (SPERMBIRDS) bis nach Nagold (KURT) andere, auch kreativere Pioniere – aber die RYKERS passten besser rein. Hatten Hardcore-Herz mit Metal-Schnauze: packende Grooves, fette Riffs, einen räudigen Pitbull am Mikro. Damit passten sie zum New York Hardcore-Revival europäischer Prägung, das die Jungs aus Kassel klar anführten. Auch dank ihnen versilberte sich ihr erstes Label „Lost & Found“ die Türklinken in Wedemark. Der damalige Höhenflug führte die RYKERS bis zu „Warner Music“. Zur Jahrtausendwende war dann erstmal Schluss.

Und heute? Wieder Untergrund. Alle älter. Weniger Haare. Verblassende Tattoos. Über-Schlagzeuger Meff, der dank Mentor und Produzent Andy Claassen bereits bei dessen wegweisender Thrash-Combo HOLY MOSES brillieren durfte, ist leider nicht mehr dabei. Einzig verbliebenes Gründungsmitglied Chris Luft (Bass) hat allerdings gute Mitstreiter gefunden, um die Fackel weiterzutragen. Zur Besetzung zählen Ex-BRIGHTSIDE-Shouter Dennis aka Seargant D und ganz frisch Steven Römhild (EROSION) als zweiter Gitarrist – auch ein verdienter Veteran der 1990er-Hardcore-Welle.

Bei ´The Beginning…´ fällt auf: Musikalisch sind die 1990er jetzt vorbei. Die RYKERS diversifizieren. Der AGNOSTIC FRONT-Bezug bleibt – als Mischung aus melodisch-metallischen Riffs mit Oi-Gangshouts, wie bei den ersten beiden Tracks ´Let’s Ruin The Scene´ und ´Losing Touch´. Im Verlauf der Platte trifft man auch auf das ein oder andere geborgte SLAYER-Riff, etwa bei ´Overboard´. Zugleich gibt es deutlich mehr Abwechslung als auf den Alben zuvor, unter anderem ein Liebeslied: ´No Matter What´ ist die European Hardcore-Antwort auf US-Szene-Sensibelchen wie DASHBOARD CONFESSIONAL. Zwar mit gewöhnungsbedürftig simplem Text – aber passioniert intoniert. Nächste Überraschung ist Lied Nr. 11, ein Eigencover des 1997er-RYKERS-Hits ´Cold/Lost/Sick´. Mit Akustikgitarre, dazu singt eine Dame. Zeigt mal wieder, dass ein guter Song auch entkernt seine Klasse entfalten muss. Die Platte bietet zudem einen kleinen, an SHEER TERROR in den Mitt-Neunzigern erinnernden Bläser-Einsatz und eine feine Turntable’N‘Rap-Einlage: „Yo! Bum Rush the Show.“ Eher tongue-in-cheek, versteht sich.

2019 sind die RYKERS im Vergleich zu den beiden Comeback-Vorgängern ´Hard To The Core´ (2014) und ´Never Meant To Last´ (2015) merklich mutiger unterwegs. Ob Thrash Metal, New York Hardcore, Punk und sogar Pop: alles drin. Unterm Strich ist ´The Beginning…´ eine grundsolide Hardcore-Platte, die alte Fans begeistert und bestimmt neue dazugewinnt.

(7 Punkte)


(VÖ: 30.05.2019)