PlattenkritikenPressfrisch

AMULET – The Inevitable War

~ 2019 (Dissonance Productions/Soulfood) – Stil: NWoBHM~


In den letzten Wochen habe ich mehrmals schon die Beobachtung gemacht, dass jemand, der nicht den vorherigen Output einer Band kennt, ein Album unvoreingenommener angehen, vielleicht sogar objektiver bewerten kann, als ein ausgewiesener oder auch selbst ernannter Kenner der Materie. Man erinnere sich an ´The Astonishing´, und die Reaktionen, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden.

Ähnlich scheint es mit AMULET zu laufen. Kollege Ju hat in einem Chat bereits das Wort „lahm“ eingeworfen. Doch schon das Cover ist für mich eine Augenweide. Ein Ausschnitt aus dem „Selbstmord des Saulus“ von Pieter Brueghel dem Älteren, zu finden im Kunsthistorischen Museum zu Wien, ein Wimmelbild mit hunderten Figuren. Erzählt wird eine biblische Geschichte in den Rüstungen des 16. Jahrhunderts. Das passt mit der Musik schon mal zusammen, wie der Ritter zu VISIGOTHs ´Conquerer’s Oath´.

Dass Sänger Federico „Mace“ Mazza wie der uneheliche Sohn von Bruce Dickinson und Rob Halford klingt, ist ein erster, wirklich auffälliger Vergleich. Auch wenn dieser schon tausendmal gezogen wurde, selten hat ein Vergleich weniger gehinkt. Vom Sänger abgesehen, auch sonst erinnert die ganze Chose an PRIEST und ´Ram It Down´. Da dies eine meiner ersten metallischen Bekanntschaften war, werden offene Scheunentore automatisch eingerannt.

Alles, was ich brauche, ist auf der Scheibe zu finden, die flotte Eröffnung und stampfende Banger. Das akustische Zwischenspiel ´La Noche De Las Gaviotas´ ist ein akustischer Ruhepunkt an der richtigen Stelle. Und auch sonst findet sich alles an der richtigen Stelle ein. Mit ´Poison Chalice´ findet man auch noch seine Erinnerung an MANOWARs ´Battle Hymn´. Dass Sounds, die man in ´Call Of The Siren´ findet, irgendwie an die Klassikbearbeitungen der STERN COMBO MEISSEN erinnern, ist aber garantiert Zufall.

Irgendwie finden sich heutzutage haufenweise Bands, die an alte Spielarten des Metal anschließen. Wenn jede Gruppe ihren Weg so wie AMULET hier geht, und einfach das tut, was ihr am Herzen liegt, dann mache ich mir um die Zukunft des Traditionsstahls keine Sorgen.

Und jetzt freue ich mich auf Widerworte des Kollegen Tschamler…

(7,5 Punkte)

Mario Wolski

 

Mit ihrem 2014er Debüt `The First` konnten die Briten AMULET bei nicht wenigen Metalfans punkten. Der Mix aus Siebziger Jahre Proto-Metal und NWoBHM traf auf fruchtbaren Boden. Meiner bescheidenen Meinung nach klang das aber eher wenig zündend und vor allem nicht wirklich nachhaltig. Jetzt, mit einem neuen Line-up, versuchen es die Engländer erneut. `The Inevitable War` setzt deutlich mehr auf klassischen NHoBHM und sogar den Fuß in die speedige Variante dieses Genres. Erwähnenswert `Shockwave` oder `Gateway To Hell`. Der NWoBHM-Spirit ist omnipräsent.

Wo die beiden zuvor erwähnten Tracks überzeugen, entpuppt sich `Burning Hammer` als eine Enttäuschung. Der kommerziell platte Track wirkt wie eine schlechtplatzierte Ohrfeige. Auch das schleppende `Call Of The Siren` ist eher ein Rohrkrepierer.

Alles, was AMULET hier bringen, ist nichts anderes als unterdurchschnittlicher NWoBHM. Damals, in den Achtzigern, wäre AMULET vielleicht bei Ebony Records untergekommen. Wie man weiß, waren die meisten Bands auf diesem Label eher zweite bis dritte Liga. Nur wenige Bands haben den Test of time bestanden. Zu mehr reicht es mit diesem Album auch nicht, das nichts anderes ist als ein Aufguss der NWoBHM, mit dumpfem Sound und mittelmäßigen Songs.

(4,5 Punkte)

Jürgen Tschamler

 

https://www.facebook.com/amuletmetal/