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RIVAL SONS – Feral Roots

~ 2019 (Low Country Sound/Atlantic-Warner Music) – Stil: Classic/Hard Rock ~


Musik ist ein jahrhundertelang bekanntes Rauschmittel, das – regelmäßig und in größeren Mengen zu sich genommen – süchtig machen kann. Dies hat Auswirkungen auf unser Gehirn, unsere Laune, unser Verhalten und hinterlässt zum Teil irreversible Schäden. Wer oder was ist aber wirklich Schuld am Ausrasten unserer Synapsen? Bands wie RIVAL SONS, die im Anschluss an das halbgare `Hollow Ground` nach zwei Jahren wieder richtig in der Rockspur sind.

Die L. A. Rocker merzen die Schwächen von `Hollow Bones` aus, gehen eher back zu den eigenen Roots und liefern Songs, die schneller hängen bleiben. Genau die Sorte Songs mit denen sie zu `Pressure & Time` die vollen Punktzahlen einfahren konnten. Etwas weniger vielseitig aufgebaut, ohne jedoch in Einfältigkeit zu verfallen, gerade so viel Anspruch, dass man als Hörer nicht überfordert ist. Dazwischen ein paar satte, kräftige Refrains, die unverkennbar aufzeigen, wen man gerade hört: RIVAL SONS in all ihrer Pracht.

Diese markante Stimme, in Verbindung mit dieser unverkennbaren Gitarre, bilden das Grundgerüst für das Ausleben der rock`n`rolligen Egotrips. Denn mal ehrlich, wer RIVAL SONS einmal gehört hat, dem wird auffallen, dass die Alleinstellungsmerkmale schon sehr markant sind. Und die Bands, die den Haupteinfluss hier haben, sind schon lange im Nirwana. Also übernehmen diese Herren das Zepter des Classic Hard Rock mit Arena-Ambitionen.

`Feral Roots` ist vielseitig, berührend und knallhart Seventies Rock – und lässt keinerlei Missverständnisse aufkommen. Der Opener `Do Your Worst` wird die Fangemeinde spalten. Zum einen wirkt der Song nach altbekanntem Baumuster, zum anderen ist der Refrain so eindringlich, dass man ihm schon eine gewisse Naivität bescheinigen kann. Aber meine Herren, meine Damen, die Gitarre, hört die Gitarre! Diese frisst sich durch eure Blutbahnen! Der Titeltrack, ein Song, ein Gebet, nein, wie das Rock-Evangelium in knapp sechs Minuten. Langsamer, balladesker Beginn, sanfte Steigerung – emotional am Level. Gegen Ende hin geschmeidig rockend. Irgendwo in der Schnittmenge aus THE WHO und LED ZEPPELIN, grandiose Nummer. `Too Bad` marschiert dann straight durch die Gehörgänge! Rock! Leidenschaft! Energie! `Stood By Me` zeigt dezent funky Passagen und R & B-Basics. Man sieht sich selbst bereits über die Tanzfläche grooven. `All Directions`- Traumhaft? Schmerzhaft? SIMON AND GARFUNKEL lassen hier und da grüßen. Im zweiten Teil des Stückes dann wieder diese unfassbare, in ihren Bann ziehende Gitarre! Was folgt? Schnappatmung. In `End Of Forever`, einem der intensivsten, härteren Songs des Albums, liefern sie eine gigantische Gitarrenwand! Monströser Abgang! Das albumschließende `Shooting Star` ist keine BAD COMPANY-Coverversion. Gefühlt in eine Kirche in den Süden der USA gebeamt, überkommen einen Schauer, große Wohlfühlschauer, das berührt, das macht sprachlos. Wie kann eine Band so viele Emotionen in einem Song unterbringen? Big Love. Jay Buchanan der Robert Plant der Neuzeit? Man darf es zur Diskussion stellen, wird aber scheitern!

`Feral Roots` ist das ultimative Statement einer Band, die ihren eigenen Stil, ihren Sound, ihre eigene Philosophie über eine Handvoll Alben geprägt hat und die in keiner Sekunde ausgelutscht klingt, in einem Genre, dem man nachsagt, dass schon alles gesagt worden sei …

(9 Punkte)