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AYAHUASCA – Beneath The Mind

~ 2018 (Kernkraftritter Records) – Stil: Death Metal Fusion ~


Achtung, Achtung! Hier kommt der nächste heiße Scheiß für alle angefrickelten Rhythmus-Deathbanger, und die intravenöse Infusion für diejenigen unter euch, die (immer) noch nicht genug Groove im Blut haben: AYAHUASCA!

Viel zu selten bläst mich eine Debütscheibe, erst recht aus der Heimat, schon beim ersten Hören komplett an die Wand, aber das hier ist solch ein Hurrikan – bis zum Überlaufen voll mit pulsierendem Leben, triefend vor Lust und Kraft, genau wie der südamerikanische Regenwald, in den uns das achtköpfige Künstlerkollektiv entführt. Und sowohl Bandname als auch Albumtitel wurden entsprechend wohl gewählt, ist der Sud aus Urwaldliane und Kaffeestrauch doch die neue In-Droge: wo die Amazonasvölker in spirituellen Ritualen zur Erweiterung ihres Bewusstseins mit Pflanzenseelen in den Dialog gehen, das soll heute auch dem heilsuchenden westlichen Ethnotouristen zu allumfassender Hilfe gereichen. Da kann ich nur sagen: investiert besser in diese Band, Euer metallisches Seelenheil ist hiermit völlig ohne Nebenwirkungen gesichert, freudvolle Trance inklusive.

Aber was sind nun die geheimen Ingredienzien der Kölner? Kein Mysterium, vielmehr eine ohne Übertreibung genial zu nennende Melange aus allerfeinsten und -fettesten Synchronriffs, extrem variablen Vocals dreier Sänger und verschleppten Ethno-Rhythmusvariationen direkt aus Brasiliens Dschungel-’Roots’ im Wechsel mit Blastbeats und Tribal Drumming – klar, das ist eine sehr Percussion-lastige Scheibe, aber da ist noch viel, viel mehr zu entdecken…!

Die Basis ist das gute alte Todesblei, hier in seiner avantgardistischen Version erhitzt und nur mit ausgesuchtestem Schwermetall legiert: GORGUTS-Dissonanzen und MESHUGGAH-Polyrhythmik vermischt mit dem vielschichtigen Breitwand-Soundwall von LAMB OF GOD, wobei es mich fast schmerzt, Vergleiche zu verwenden, so eigenständig ist diese Musik bereits. Darauf walzen Bass plus drei Gitarren ein Riff-Perpetuum Mobile aus, das Eure Nackenmuskeln sofort zum Zucken bringen wird – GOJIRA meets den Bastard aus CULT OF LUNA und PERIPHERY, sozusagen. Und schon sind wir beim lange verpönten Crossover-Begriff – FAITH NO MORE, ja die haben damals auch etwas wirklich Neues geschaffen, und hört man genauer hin findet man auch sie hier wieder, vor allem beim äusserst abwechslungsreichen Gesang. Hier werfen sich die drei Vokalisten zwischen Deathgrowlis, GOJIRA-Chören und Mike Patton-Klargesang (das Ende von ’Life Beneath The Mind’) fröhlich die Bälle zu.

 

 

Die Songs sind lang, AYAHUASCA arbeiten detailverliebt mit Überraschungsmoment und Spannungsaufbau, und wissen ganz genau, wann sie welche Ingredienz in den Arrangementtopf zu werfen und wie viel sie darin umzurühren haben, sei es BEHEMOTHsche Theatralik (‚Abyss’ mit seinen Chören), Folkelemente aus allen Ecken der Welt, geblastete Partien oder hochprogressives Gefrickel, es kann aber genauso gut ein ganz klassisches Metalsolo sein, hauptsache der Groove geht niemals verloren (‚Eternal Embrace’).

Sie können aber mindestens genauso gut die leisen Töne – das Ende von ’Cendres et Ruines’, das nahtlos übergeht in den Beginn von ’Cult’ zeigt die Kölner von ihrer tiefsinnigen, melancholischen Seite, dem Violinsolo folgt der Lyrikvortrag, eine (Perfect Symmetry/Parallels-) Jim Matheos-Gitarre greift die Stimmung auf und gibt direkt an einen (Deliverance/Damnation-) Mikael Åkerfeldt weiter, ein lupenreiner Progmetalsong mit einem Juweliersriff, der schliesslich in eine verschleppte Groovemetal-Rhythmusübung mündet – ganz großes Kino!

Kaum vorstellbar, dass Mastermind Kirill Gromada (Git/Voc, genau, der von den Thrashern PRIPJAT) all dies allein komponiert hat, und der Junge hat die Platte dazu noch in Eigenregie aufgenommen und produziert. Unfassbar, was hier noch an Potenzial vorhanden ist!

 

 

Fassen wir also zusammen: die Kölner haben 2013 an einem ganz besonders inspirierenden Trunk gekostet und sind seitdem auf einem Trip und einer Mission, die Metalwelt zu verändern, zu erweitern, ja noch schöner zu machen. Bei ihnen kommen kompositorischer Anspruch, melodische Detailverliebtheit und ausgelassene Spielfreude zusammen mit einem angeborenen, packenden Rhythmusverständnis, und kreieren aus all dem mühelos einen ungemein leidenschaftlichen, ausdrucksvollen und reifen Erstling. Ein absolutes Muss für jeden aufgeschlossenen Metalfanatiker – AYAHUASCA gehört die Zukunft!

(BOLD 9 Points! Ah-Ahu!!!)

 

 

https://ayahuascadeath.bandcamp.com

https://www.facebook.com/ayahuasca.death/