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RIVERSIDE – Wasteland

~ 2018 (InsideOut) – Stil: Artrock ~


Piotr Grudzinskis Gitarrensound war immer ein Markenzeichen bei RIVERSIDE und sorgte vor allem live für wohlig innige Wärmegewitter. Nach seinem tragischen Herztod vor über drei Jahren haben sich die Kollegen nun ohne eine offizielle Nachbesetzung doch an ein neues Album gewagt. Mariusz Duda hat die Gitarren selbst eingespielt, bei den Soli gibt es Unterstützung von zwei Gästen (Maciej Meller und Mateusz Owczarek).

Nun, die Diskussion um einen Qualitätsverlust ist letztlich müßig, zumal RIVERSIDE das Niveau ihrer ersten beiden Alben songtechnisch nie mehr erreichten. Zuletzt schwankte man zwischen gut (´Love, Fear And The Time Machine´) und eher belanglos (´Shrines Of New Generation Slaves´). In gewissem Maße dürstet es einem wieder nach dem Sound, so dass die ersten Hördurchgänge zufrieden beendet werden. Auf Dauer stellen sich in der Gesamtheit aber doch nicht unmerkliche Längen ein.

Aber beginnen wir von vorne. Nach einem A capella steigen sie mit ´Acid Rain´ zunächst (!) herausragend in die neue Scheibe ein. Pure Atmosphäre wie in allerbesten Zeiten bis man das komplette letzte Drittel mit dem No-Idea-For-The-Song?-Do-A-Singalong!-Syndrom völlig verhunzt. Können Bands nicht endlich mal wieder einen Song einfach beenden oder wenigstens die Klappe halten, wenn ihnen kein Text mehr einfällt? Dann hätte es wenigstens mit der Postrockbotin geklappt.

´Vale Of Tears´ (wahrer Titel: ´Wading Throught The Desert´) ist in der Folge aber tatsächlich von Anfang bis Ende überragend, einer der besten RIVERSIDE-Songs ever, mit magischen Momenten übersät. Und es geht auch instrumental mal erfreulich heftig zur Sache. Der Rest ist schnell erzählt. Außer dem balladesken ´River Down Below´ kann ich leider keinen der weiteren Songs in Gänze genießen. Schöne bekannte Sounds aus der FLOYD, New-MARILLION oder eigenen Vergangenheit sind stets vorhanden und gut umgesetzt. Wenn sie nur nicht in die erwähnten Längen verfallen würden.

Diese sind zudem in einer immer wiederkehrenden Szenerie umgesetzt. Mariusz hat ein Stäbchen auf der Zunge liegen und wird vom Arzt auf Halsbelag untersucht. Ihr kennt die Töne, die dann herauskommen. Bei ´Lament´ lasse ich mir das als passendes einmaliges Stilmittel gerne mal gefallen, alles weitere kann man sich sparen. Dieses LEPROUS-Bakterium muss schleunigst eingegrenzt werden, noch sind die Schmerzen wenigstens leise vorgetragen. Unser Mick Shark kennt gute Heilpilze.

Es hätte ein richtig tolles Gesamt-Album werden können. Viele Oasen befinden sich auf dem Weg, sogar schönere als zuletzt, aber zwischendurch muss man halt nicht nur einmal durch die Ödnis. Im Gesamturteil aber schon noch ein gutes Quasi-Comeback.

(7 Punkte)


(VÖ: 28.09.2018)