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CORONER – Grin

1993/2018 (BMG/Noise)  – Stil: Avantgarde Thrash


Die 1983 in Zürich gegründeten CORONER legen aktuell ihre letzten beiden ‚Noise‘-Alben auf den Wiederveröffentlichungstisch: ihr viertes Werk ´Mental Vortex´ (1991) (siehe hier) und ihr fünftes ´Grin´ (1993). Mitte der Neunziger waren die Zeiten – als Marquis Marky und Tommy T. Baron noch als Roadies bei CELTIC FROST abhingen und sie sich für ihr erstes Demo ´Death Cult` Unterstützung von Tom G. Warrior holten (siehe hier) – längst Vergangenheit. Das legendäre Trio – Ron Royce (Bass, Gesang), Tommy T. Baron (Gitarre) und Marquis Marky (Drums) – hatte 1993 längst den Zenit seines künstlerischen Schaffens überschritten, der Thrash bediente sich den Elementen aus Klassik, Prog und schwer angesagtem Industrial. ´Grin´ sollte bis heute ihr letztes Album bleiben.

Die aktuelle Réunion dürfte uns gleichwohl, nach all den Jahren der Wartezeit, in den kommenden Monaten frische Kompositionen schenken. Es wird interessant sein zu hören, wie CORONER 2018 klingen, welcher Soundästhetik sich die Herren Ronald Broder, 53, Thomas Vetterli, 51, und Markus Edelmann, 53, in diesem Jahrzehnt verpflichtet fühlen. 1993 trugen auch CORONER ihren kleinen Beitrag zur Veränderung der Szene bei, ein groovender Industrial-artiger Post-Thrash-Moloch verstand sich keinesfalls als Bewahrer der Tradition.

Bei CORONER klang keine Platte wie ihr Vorgänger, ´Grin´ ebenfalls nicht. Bereits ´Mental Vortex´ war nicht mehr der hyperdimensionale Tech-Thrash, ´Grin´ verinnerlichte den Groove gänzlich. Songs wie ´Internal Conflicts´ näherten sich der wirkungsvollen, in den Körper gehenden Intensität einer Band wie PRONG. Die Songs verliefen im Mid-Tempo, eher experimentell und repetitiv, um in vordergründig einfacher Struktur den Schädel zu zerspalten. Die technischen Riffs, in ungestümer Geschwindigkeit, waren Vergangenheit, eine neue, zerstörerische Atmosphäre der Schlüssel zum Sound der Gegenwart – und die Tribal-Percussions und das Didgeridoo bereiteten den Weg für diese. Die Kompositionen sollten Rituale und keinen hektischen Thrash verkörpern. Der Connaisseur von ANACRUSIS und VOIVOD musste 1993 mit ´Prove You Wrong´-PRONG und ´Renewal´-KREATOR knutschen, um CORONER zu lieben.

Heute werden Band und Album in einigen Zirkeln als Vorreiter und Klassiker gehandelt. Dennoch überließen die modernisierte Spielweise und der Austritt aus dem eng geschnürten Korsett des Thrash anderen das Feld. Der Groove entzog dem Thrash und seinen Combos die Härte und Brutalität, seine Stelle nahm fortan der Death und Black Metal ein.

´Grin´ erscheint remastert als Re-Release auf farbigem Vinyl und im Digipak mit Lyrics.

(7,5 Punkte)

https://www.coroner-reunion.com/