EVIL WARRIORS – Fall From Reality
2018 (War Anthem Records/ Endless Chaos Records) – Stil: Black Metal
Während die Leipziger Szene gerade gegen die drohende Schließung weiterer Konzertlocations kämpft (und Ihr sie dabei unterstützen könnt, z.B. mit der Teilnahme an solchen Events: „FUCK Gentrification – Metalfestival der Leipziger Szene, siehe hier), blüht und gedeiht der metallische Untergrund in der Sachsenmetropole weiterhin wie eh und je. Wer von Euch Lesern jedoch beim so komplett trven Bandnamen oben links freudig gezuckt hat, den muss ich spätestens jetzt enttäuschen: das, was dort oben rechts steht, ist hier auch drin, und zwar zu (fast) 666%. Und dass sich dieses „fast“ keineswegs auf NWoBHM und Konsorten beziehen könnte, sondern auf die reichlich vorhandenen Thrash- und Death-Einflüsse hinweist, muss nicht weiter erläutert werden.
Black Metal aus Leipzig, da fallen einem unter anderem Namen ein wie ANTLERS, I I oder BLOODY VENGEANCE, und aus ebendiesen “Into Endless Chaos”-Kreisen rekrutieren sich auch die drei bösen Recken. Und sie steigen, wie um die oben diskutierte Klassifizierung grade nochmals zu bekräftigen, auch gleich mit einem nur so hingeknüppelten und -gerotzten Hassbrocken ein – ein Nackenzerstörer wie direkt aus dem versifften Proberaum herauskatapultiert, deutet ´Fall From Reality´ jedoch schon im weiteren Verlauf dezent an, dass da noch deutlich mehr dahinter steckt als „nur“ die klassische skandinavische 90er Schule mit exzessiven Blastbeats und hasserfüllt-besessenem Gekeife. Das ist vor allem Verdienst der Gitarren, deren schon zu Beginn auffallend variables Riffing wird im Verlauf der Scheibe immer, ja, raffinierter, und es öffnen sich spätestens in ´Pillow Of Cold Water´ andere musikalische und vor allem emotional sehr weite Räume. Sucht man Vergleiche, fallen auf Anhieb VENENUM ein, aber auch die jungen Dresdner SCHAFOTT oder THE SPIRIT.
Der endgültige Wendepunkt ist jedoch ´Reincarnation´, Wahnsinn aber auch Dynamik nehmen weiter zu, und bei ´Idleness And Doom´ hat man schließlich den Eindruck, eine andere Band zu hören: das ist hochaktueller, atmosphärisch bis melodischer Schwarzmetall à la UADA oder MGLA mit einem gekonnten Schuss, nun ja, Doom eben, der gekonnt mit Spannungsbögen und Verzögerung spielt. Ganz, ganz groß! Und da Songtitel hier offensichtlich Legion sind, geht die Reise mit ´Mania And Passion´ gleich danach wieder in eine andere, ebenso überraschende Richtung: dissonantes Highspeed-Gebolze mit fast schon Tech Death-esken, flirrenden Gitarren darüber, blacker than evil, und kaum haben wir das verdaut, sind wir schlussendlich mit ´Worthless Wretch´ bei den progressiven Granden der schwarzen Tonkunst angelangt: EMPEROR lassen hier genauso grüßen wie DISSECTION und – wer hätte das zu Beginn der Platte gedacht? – in diesem Antimateriebrocken lässt es sich wunderbar schwelgen. ´All The Stars´ (Anspieltipp!) vollendet als großartiges, in allen genannten Facetten schillerndes Juwel eine überraschende Platte, mit der die EVIL WARRIORS zu recht einen prominenten Platz auf der aktuellen Black Metal-Landkarte einfordern.
Das Cover ist übrigens ein Ausschnitt aus einem Gemälde von Sänger/Gitarrist Beast – BM-DIY mal wieder künstlerisch perfektioniert…
Kleine Abzüge gibt es für den sicherlich von der Band so gewollten, für Patrick W. Engel eher unüblich grottigen Sound, und den nur sporadisch eingesetzten Bass, der zumindest mir in den langsamen, lyrischen Passagen fehlt. Aber ohne den kommt man in den personell reduzierten modernen Black Metal-Combos ja bestens aus, und wie das Ganze (im Wortsinn, denn hier handelt es sich um die Release Show von ´Fall From Reality´, das komplett aufgeführt werden wird) live funktioniert, kann man sich unter anderem beim ‘A Sinister Purpose’-Festival (siehe hier) anschauen, und damit ganz nebenbei nochmals die räumlich gefährdete Leipziger Szene unterstützen. Support the Underground!
(8 garstige Punkte)
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