
PRINCE – Around The World In A Day
1985/2025 (NPG Records) - Stil: Rock, Funk / Soul, Pop
Mit ´Around The World In A Day´ zog Prince 1985 eine scharfe Linie zu dem Spektakel, das er mit ´Purple Rain´ entfacht hatte, und legte stattdessen ein Album vor, das eher innerlich als öffentlich aufgeladen ist. Die Platte öffnet mit dem Titelstück, das mit orientalisch gefärbten Percussionmustern und schwebenden Flötenklängen eine Atmosphäre schafft, in der Psychedelik und Pop eine eigenwillige Allianz eingehen. ´Paisley Park´ wirkt hingegen wie ein flüchtiges Verweilen, getragen von Piano und organischen Orgeltexturen, ein Stück das Zuflucht verspricht und zugleich ein Namensgeber für Prince’ neues Label und sein Studiokomplex wird.

In ´Condition Of The Heart´ zeigt Prince seine zerbrechliche und melodramatische Seite, eine intime Klavierballade, in der die Stimme verletzlich und nah klingt. Diese Momente belegen seine Fähigkeit, mit minimalen Mitteln große emotionale Wirkung zu erzielen. Doch dann schiebt sich die Sonne durch die Wolken, ´Raspberry Beret´ bringt eine helle Melodie und federnde Arrangements, knackige Handclaps, sanften Gesang aus dem Hintergrund und wunderschöne Streicherarrangements. Ein makelloser Popsong, der trotz seiner Leichtigkeit handwerklich ausgefeilt ist und zum Mitsingen einlädt.
Auf ´Tamborine´ reduziert Prince die Dinge auf Rhythmus und Drive, er spielt selbst den sparsamen Schlagzeugpart und lässt Raum für kleine, klangliche Details, die das Stück lebendig und funky machen. ´America´ fungiert als gesellschaftlicher Blick, ein funky Rockstück, das Widersprüche und Ängste einer Zeit in tanzbare Spannung übersetzt. ´Pop Life´ schließlich reflektiert den Preis des Ruhms mit scharfem Blick und eingängiger Eleganz, ein Song der mit zwei Bass-Linien Spott, Nachdenklichkeit und Popbegabung zugleich verbindet.

Im abschließenden Teil des Albums verschieben sich die Perspektiven noch einmal in Richtung Spiritualität und Erzählung. ´The Ladder´ bringt gospelhafte Züge und vokale Weite in einen Song über Suche und Verheißung, während ´Temptation´ mit stoischer Intensität und theatralischer Inszenierung das Album beendet. Dort begegnet man Prince als Grenzgänger, als Künstler der zwischen Verführung und Buße, zwischen Mensch und Mythos steht.
Insbesondere die Art und Weise, wie das Album in dieser einzigartigen Zeit realisiert wurde, ist entscheidend für sein Verständnis. Vieles entstand parallel zur monumentalen Maschine ´Purple Rain´ und oft in flüchtigen Sessions, Proben und mobilen Aufnahmen. Prince zog sich nicht zurück, um nach Erfolgen zu streben, er suchte Orte, an denen er die Kontrolle über Klang, Arrangement und Veröffentlichung behalten konnte. Die “Revolution” war dabei nicht immer in den Vordergrund gerückt, doch Wendy Melvoin und Lisa Coleman, Doctor Fink, Bobby Z. sowie Brown Mark und andere Musiker lieferten präsente Bausteine und trugen spürbar zur Farbigkeit der Aufnahmen bei.
Historisch gesehen markiert ´Around The World In A Day´ einen Wendepunkt in Princes Verhältnis zur Popwelt und zur Industrie. Er reagierte auf eine Phase intensiver medialer Aufmerksamkeit und auf Erwartungen, die er nicht erfüllen wollte, indem er sich musikalisch öffnete und neue Einflüsse zuließ. Das Album trat in eine Landschaft ein, in der politische und gesellschaftliche Fragen sichtbar wurden, und Prince nutzte die Form des Pop, um zugleich zu unterhalten und zu provozieren. Die Entstehung des “Paisley Park Labels” und des gleichnamigen Studios ist Teil dieser Geschichte, weil Prince damit die Infrastruktur schuf, seine Vision und die von Künstlern seines Kosmos auf eigene Weise zu realisieren.

Die “40th Anniversary Edition” legt das Werk nun in erweitertem Klang vor, und die drei LPs erzählen die Geschichte mit neuem Glanz. Die Verpackung der Mehrfach-LP bleibt bewusst schillernd glänzend und funktional, sie verzichtet auf opulente Extras und setzt stattdessen auf eine zurückhaltende Präsentation, die der Musik den Vorrang gewährt. Klanglich bietet die von Bernie Grundman frisch remasterte Neuauflage eine veränderte Balance und mehr Präsenz in den Mitten, wobei die Wärme des Originals erhalten bleibt und das Hören in den Details neue Facetten aufzeigt.
Dieses Album fordert den Hörer noch immer heraus und belohnt, wer sich hineinbegibt. Prince wollte nicht dieselbe Songsammlung nochmals wiederholen, er wollte die Musik weiterdenken, und genau darin liegt die ungebrochene Strahlkraft von ´Around The World In A Day´. Wenn man das Album heute hört, neben dem remasterten Original-Album enthält die 3-LP-Edition remasterte B-Sides, Mixe und Edits, spürt man nicht nur den Mut der Entstehung, sondern auch die Spur dessen, was Prince in den folgenden Jahren mit ´Parade´ und ´Sign ‘O’ The Times´ noch an radikaler, einflussreicher Musik vorlegen sollte.
Meisterlich.



