
MIKE OLDFIELD – Amarok
1990/2025 (Mercury/Universal Music Recordings) - Stil:
1990 präsentiert Mike Oldfield ein Werk von außergewöhnlicher Eigenständigkeit. Die Musik von ´Amarok´ entfaltet sich in einer ununterbrochenen, sechzigminütigen Suite, die wie ein Fluss von unvorhersehbaren Wendungen durch verschiedene Klanglandschaften gleitet.
Mike Oldfield hebt sich von seinen vorherigen Alben klar ab, verzichtet weitgehend auf seine Synthesizer aus den Achtzigerjahren und verlässt sich stattdessen auf handgespielte Instrumente. Meisterhaft schichtet er sie vom Steinway-Piano über diverse Gitarrenarten, Hammond-, Farfisa- und Lowrey-Orgeln bis hin zu bodenständiger Percussion. Jeder Ton wirkt bedacht gesetzt, selbst unkonventionelle Klangerzeuger wie Staubsauger, Schuhwerk oder der Inhalt eines Modellbaukasten fügen sich organisch in das Gesamtgefüge ein. Sie verleihen dem Album sogar eine verspielte, oft überraschende Lebendigkeit.
Unterstützt von Bridget St. John, Clodagh Simonds, Paddy Moloney und Janet Brown, deren Stimme eine skurrile Margaret-Thatcher-Imitation einbringt, entsteht ein dichtes Geflecht aus musikalischer Virtuosität, Rhythmus und Humor.

´Amarok´ eröffnet mit zarten, filigranen Melodien, die immer wieder auftauchen, sich entwickeln und miteinander verschmelzen. Oldfields Gitarrenton durchzieht die Komposition wie ein Leitmotiv, während der mehrstimmige Zulu-Chor und ausgefeilte Percussion die rhythmische Energie stetig steigern. Die Suite wechselt zwischen klassischen Themen, Folk, Ethno und progressivem Rock, erschafft überraschende Kontraste und verbindet disparate Elemente zu einem großen, durchkomponierten Ganzen. Die letzten Minuten steigern sich in einem treibenden afrikanischen Rhythmus, überlagert von Chor, elektrischen Gitarren und satirischen Interjektionen, bis die Musik in einem fulminanten, emotional aufgeladenen Höhepunkt mündet.
Das Album verlangt Aufmerksamkeit und belohnt Geduld. Wiederholtes Hören offenbart unzählige Details, kleine Nuancen und versteckte Hinweise, die sich bei jedem Durchlauf neu entfalten. Die musikalische Reise ist komplex, aber niemals beliebig; jede Wendung, jeder instrumentale Einfall trägt zu einem Gesamtbild bei, das sowohl melodisch überzeugt als auch überraschend bleibt. Oldfield gelingt es, die künstlerische Integrität zu wahren, ohne sich der Kommerzialisierung zu unterwerfen, und schafft ein Werk, das gleichermaßen herausfordert und begeistert.

Die aktuelle 35. Jubiläumsauflage als Doppel-LP, von Miles Showell im Half-Speed-Verfahren gemastert, steigert die Detailtreue und räumliche Tiefe von ´Amarok´ auf ein bisher unerreichtes Niveau. Die ursprüngliche sechzigminütige Suite wurde in vier fünfzehnminütige Abschnitte aufgeteilt, um die Tonqualität auf Vinyl zu optimieren. Dabei kommt jeder Klang in unvergleichlicher Klarheit zur Geltung, selbst kleinste Instrumente wie die „Long Thin Metallic Hanging Tubes“, und die räumliche Staffelung der Instrumente eröffnet dem Hörer neue Perspektiven. Die Pressung überzeugt mit makelloser Wiedergabe, ohne störende Knackgeräusche oder Verzerrungen, und lässt die Musik so lebendig erscheinen wie am Tag der Aufnahme.
´Amarok´ bleibt ein unvergleichliches Kapitel in Mike Oldfields Schaffen. Es ist ein Werk, das Virtuosität, Experimentierfreude und emotionale Intensität vereint. Es lotet die Grenzen des Progressive Rock aus und verliert dabei nie die menschliche Note. Wer sich auf diese musikalische Reise einlässt, erlebt ein Universum voller Klangfarben, Rhythmusenergie und detailreicher Schönheit. ´Amarok´ offenbart bei jedem Hören neue Facetten und bewahrt seine Faszination bereits seit mehreren Jahrzehnten.
(Klassiker)
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