
DUKE JORDAN – Flight To Jordan
1960/2025 (Blue Note) - Stil: Jazz
Als Duke Jordan im August 1960 das Studio von Rudy Van Gelder betrat, hatte er bereits ein bewegtes Musikerleben hinter sich. Geboren 1922 in Brooklyn, wuchs er inmitten einer pulsierenden Musikszene auf, in der Jazz mehr bedeutete als nur ein Musikstil. In den späten 1940er-Jahren wurde er Teil von Charlie Parkers berühmtem Quintett. Dort lernte er, wie man Spannungen baut, wie man Raum lässt, wie man den Kern einer Melodie findet, ohne sie je zu überfrachten. Doch nach diesen frühen Sternstunden verlief Duke Jordans Karriere nicht mit jener Wucht weiter, die man einem ehemaligen Bird-Pianisten zutrauen würde. Er spielte, er komponierte, er begleitete, aber er stand selten im Zentrum.
Mit ´Flight To Jordan´ trat er 1960 erstmals als Bandleader bei “Blue Note” hervor und schuf ein Werk, das in seiner stillen Autorität wie ein Manifest seines musikalischen Wesens wirkt. Das Quintett, das er zusammenführte, vereinte Musiker von bemerkenswerter Homogenität. Dizzy Reece an der Trompete zeichnet jede Phrase mit warmer Klarheit und erzählerischer Tiefe, Stanley Turrentine verleiht dem Tenorsaxophon durch bluesgetränkte Intention eine unmittelbare Strahlkraft, Reggie Workman am Bass und Art Taylor am Schlagzeug formen ein tragendes, doch flexibles Fundament, das Duke Jordan den Raum lässt, seine Tonfolgen mit gelassener Präzision zu gestalten.

Der Titeltrack ´Flight To Jordan´ öffnet das Album mit einer ruhigen, klaren Melodie, die zugleich Bewegung vermittelt, wie ein bewusster Aufbruch. Duke Jordan lässt die Melodien frei fließen, setzt Atempausen zwischen den Akkorden und schafft einen Dialog, der das Quintett organisch atmen lässt. ´Star Brite´ bildet den emotionalen Kern, eine Ballade von schwebender, nach innen gerichteter Schönheit, in der Dizzy Reece erzählerisch den Ton angibt und Duke Jordan kleine melodische Fäden spinnt, die sich zu einem intensiven, stimmigen Ganzen verweben.
´Squawkin’´ fängt die lebendige, raue Atmosphäre Brooklyns ein. Straßen, Gespräche und Geräusche scheinen durch die Musik hindurch, während Stanley Turrentine mit klarer Direktheit das Tenorsaxophon führt und Duke Jordan mit fließender Eleganz darauf reagiert. ´Deacon Joe´ öffnet eine fast spirituelle Sphäre, das Thema erinnert an Gospels und Kirchenmusik, während Reggie Workman und Art Taylor eine federnde, warme Grundlage legen, auf der Duke Jordans fragiles, aufrichtiges Spiel meditative Klangräume entstehen lässt.
In ´Split Quick´ zeigt Duke Jordan die bebop-geprägte Seite seines Könnens. Schnelle Linien formuliert er mit Eleganz und Leichtigkeit, ohne je gehetzt zu wirken, und lässt gleichzeitig die gesamte Band aufblühen. ´Si-Joya (No Problem)´ bringt eine leichte, beinahe sonnige Note, die Melodie legt sich über einen subtil schwingenden Latin-Rhythmus und öffnet das Album für einen Nachklang, der nicht endet, sondern weiterschwingt.

Was ´Flight To Jordan´ so außergewöhnlich macht, ist die stille Souveränität, mit der Duke Jordan seine Musik gestaltet. Er beansprucht nicht das Rampenlicht, er erzählt und schafft Räume, in denen jede Melodie, jede Stimme des Quintetts Raum gewinnt. Die Kompositionen sind durchdacht, emotional tief und doch frei von Sentimentalität.
Lange wurde das Album unterschätzt, doch in der sorgfältig remasterten “Tone Poet Edition” auf Vinyl zeigt sich die zeitlose Kraft der Musik deutlicher denn je.
Vollständig analog von den Originalbändern remastert und auf schwerem 180g-Vinyl gepresst, entfaltet die Aufnahme eine Tiefe, die das Quintett aufleben lässt. Die Musiker treten in voller Präsenz hervor, das Spiel wirkt lebendig, unmittelbar und vollkommen unaufdringlich zugleich.
´Flight To Jordan´ ist ein Werk von nachhaltiger Schönheit, ein Eintritt in die verborgene Klangwelt eines Pianisten, dessen Musik standhält und immer wieder neu berührt. Die “Tone Poet Edition” bringt diese Qualitäten in einer Klangfülle zum Vorschein, die die subtile Größe des Albums in jedem Moment fühlbar macht und die unvergleichliche Stimme eines Künstlers bewahrt, der sich nie aufdrängte und dessen Werk unvergänglich bleibt.
(Klassiker)

https://www.facebook.com/bluenote
Duke Jordan – Klavier – Solo-Track 8
Dizzy Reece – Trompete
Stanley Turrentine – Tenorsaxophon
Reggie Workman – Bass
Art Taylor – Schlagzeug



