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PATRICIA BRENNAN – Of The Near And Far

2025 (Pyroclastic Records) - Stil: Jazz

Manchmal kommt ein Album, das klingt, als wäre es direkt aus einer Galaxie zwischen Jazzclub und Planetarium gefallen. Patricia Brennan hat mit ´Of The Near And Far´ genau so ein Werk hingelegt, das gleichermaßen Kopf und Herz beschäftigt. Vibraphon, Marimba, Elektronik, Streicher und eine Jazzband vom Feinsten verschmelzen zu einem Sound, der mutig, magisch und unmittelbar greifbar ist, und konservativ gesehen nicht weniger als neun von zehn Punkten verdient.

Der Opener ´Antlia´ legt sofort das Fundament für das Album, ein pulsierendes, fast mechanisches Stück voller Präzision und Intensität, das an einen jazzigen Maschinenraum erinnert, in dem Patricia Brennan mit dem Vibraphon über die verschachtelten Grooves von John Hollenbeck am Schlagzeug und Kim Cass am Bass wirbelt, während Miles Okazaki mit der Gitarre funkt, flirrt und fliegt. Die Streicher – Modney, Pala Garcia, Kyle Armbrust und Michael Nicolas – setzen rhythmische Akzente, die das Stück lebendig, fokussiert und unverschämt energisch wirken lassen. Das ergibt einen modernen Jazz, der organisch ist und zugleich außerirdisch leuchtet.

In ´Aquarius´ öffnet sich der Raum weiter, die Musik wirkt flüssig, hypnotisch und sphärisch, während Patricia Brennan und Miles Okazaki ihre Melodien umeinander kreisen lassen, wie zwei Planeten auf einer perfekt austarierten Umlaufbahn. Der Sound bleibt schwebend, offen und verträumt, strukturiert und doch frei, akademisch und emotional zugleich, und lässt den Hörer die für Patricia Brennan typische Magie spüren.

´Andromeda´ zeigt die kraftvolle Seite des Albums, das Stück wirkt explosiv, energetisch und wuchtig, mit verzerrten Gitarren, treibenden Drums und vibrierender Intensität. Patricia Brennan spielt hier fulminant, während die Streicher mit Texturen zwischen Post Rock und Kammermusik zusätzliche Schichten aufbauen. Die Musik bleibt spannend, aufregend und nahezu ekstatisch, als würde sie die Grenzen zwischen Jazz, Rock und Kammermusik auflösen.

Auf ´Citlalli´ treten Elektronik und abstrakte Texturen in den Vordergrund, Arktureye lässt die Klänge vibrieren, während Patricia Brennan ihre vibrierenden Linien durch die digitale Landschaft führt. Es entsteht eine psychedelische, schillernde und geheimnisvolle Klanglandschaft, die zwischen Minimal Music und zeitgenössischer Experimentalmusik oszilliert und den Hörer auf einen eigenständigen, explorativen Trip mitnimmt.

´Lyra´ verlangsamt das Tempo und öffnet einen Raum voller Klarheit, in dem Sylvie Courvoisier am Piano das Ensemble elegant führt, während Patricia Brennan mit kristallklaren, zarten Linien über den Streichern schwebt. Die Musik wirkt intim, harmonisch und reflektiert, voller Kommunikation, Vertrauen und dynamischer Feinfühligkeit.

Mit ´Aquila´ nimmt das Album wieder Fahrt auf, strahlt hell, rhythmisch und straff, während Vibraphon und Gitarre in einer mitreißenden Interaktion stehen. Das abschließende ´When You Stare Into The Abyss´ bildet einen leisen, schwebenden Epilog, in dem elektronische Klänge und langsam atmende Streicher ineinanderfließen, während die vibrierenden Töne wie Sterne im Morgenlicht verschwinden und Patricia Brennan in dieser Musik buchstäblich ins All blickt. Das Stück wirkt majestätisch, weitläufig und meditativ.

´Of The Near And Far´ ist ein Erlebnis, das Jazz weiterdenkt, ohne sich in Konzeptkunst zu verlieren, Brücken zwischen Mathematik und Gefühl, Himmel und Erde, Nähe und Ferne baut und dabei sowohl klanglich brillant als auch emotional aufgeladen und kompositorisch messerscharf bleibt. Es ist ein Album, das fordert und verzaubert, das nachhallt, das zeigt, wie weit Jazz heute gehen kann, wenn jemand den Mut hat, wirklich Neues zu wagen. Patricia Brennan zeigt hier auf eindrucksvolle Weise, dass sie die Königin der vibrierenden Sterne ist.

https://www.facebook.com/patriciabrennanvibes


(VÖ: 24.10.2025)

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