
Wenn eine Band wie JET JAGUAR ein neues Album veröffentlicht, horcht der eine oder andere auf. Die Formation aus Cancún hat sich seit ihrer Gründung mit einem Stil zwischen melodischem Power Metal und schnörkellosem Heavy/Speed Metal einen Platz in der Szene erspielt. Vier Jahre nach ihrem Debüt ´Endless Nights´ folgt nun ´Severance´, das zweite Studioalbum, auf dem die Band ihren Kurs beibehält, aber auch spürbar nachschärft. Der Wechsel zu “Steamhammer” hat sich ausgezahlt – der Sound wirkt druckvoller, das Songwriting strukturierter, und die Band klingt fokussierter als je zuvor.
Der Einstieg mit ´Eternal Light´ gelingt mit klassischem Uptempo und sofort zündenden Harmonien der Gitarristen Ariyuki Saddler und Raiden Lozenthall. Letzterer, der neue Frontmann, bringt mit seiner wandelbaren Stimme auch frischen Wind in den Sound. Zwischen melodischem Gesang und kräftigen Grunts schafft er es, die Songs intensiver wirken zu lassen, ohne den melodischen Kern der Band zu verwässern. Besonders in ´Fool’s Paradise´ kommt seine Vielseitigkeit zur Geltung. Der Song überrascht mit sozialkritischen Untertönen und zeigt, dass JET JAGUAR nicht nur vom Metal-Pathos leben.
´Mach 10´, inspiriert von den Pilotengeschichten aus der Familie von Schlagzeuger Jimmy Lozano, gehört zu den energetischsten Momenten der Platte. Hier treffen Speed und Präzision auf ein hymnisches Refrainmotiv, das sich tief ins Gedächtnis brennt. Doch genau in dieser Perfektion liegt auch die kleine Schwäche des Albums. Zu oft wirkt die technische Brillanz vorhersehbar. Die Soli sind makellos, aber selten riskant. Man wünscht sich an einigen Stellen etwas mehr Wildheit, mehr Überraschung, ein wenig Unberechenbarkeit.
Mit ´Severance´, dem Titelstück, gelingt der Band dann doch ein starker atmosphärischer Kontrast. Das Midtempo sorgt für Luft, die düstere Grundstimmung steht JET JAGUAR gut. Im Mittelteil zeigt dann das Quartett, dass es nicht nur auf Geschwindigkeit setzt. ´Disposable Minds´ verbindet Härte und Melodie mit einem leichten modernen Anstrich, während ´Anthropocene´ mit progressiven Akzenten überrascht und textlich den Umgang des Menschen mit seiner Umwelt reflektiert.
Die beiden Remixe – ´Hollow Drive´ und ´Evil Within´ – erweitern den Soundkosmos, ohne ihn wirklich zu verändern. Sie klingen sauber, aber eher wie Bonusmaterial als zwingender Bestandteil des Albums. Mit den beiden zusätzlichen Stücken ´Call Of The Fight´ und ´Hunter´ rundet die Band das Werk ab, ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Im Gesamtbild ist ´Severance´ ein handwerklich reifes Album, das den Geist des klassischen Metal atmet und zugleich einen modernen Anspruch erkennen lässt. Es fehlt nur der letzte Funke, der das Ganze über das solide Niveau hinaushebt. Doch die Band bleibt sympathisch und leidenschaftlich. Wer melodischen Metal mit Charakter und Herz sucht, wird hier fündig.
(7,5 Punkte)