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GALAHAD – Alive At Loreley

2025 (Independent/Just For Kicks Music) - Stil: Prog Rock

Die Sonne brannte auf die Felsen der Loreley, der Rhein glitzerte tief unter dem Amphitheater, als GALAHAD an diesem Septembernachmittag 2010 die Bühne betraten. Was zunächst wie ein Festivalauftritt im Rahmen des „Night of the Prog V“ begann, sollte sich fünfzehn Jahre später als historischer Moment erweisen. ´Alive At Loreley´ hält diesen Tag fest, voller Energie, voller Emotionen und als letztes klingendes Zeugnis von Bassist Neil Pepper, dessen Spiel noch einmal alles in sich trug, was diese Band so besonders machte.

GALAHAD traten damals in voller Stärke auf und beeindruckten mit einer Einheit, die man fühlen konnte. Stu Nicholson führte mit seiner unverkennbaren Stimme, die gleichzeitig klar, ausdrucksstark und einnehmend war. Dean Baker ließ Synthesizer sowie Piano über den Rhein schweben und erweiterte den Klangraum der Band. Roy Keyworths Gitarrenläufe verbanden Schärfe mit Melodie. Neil Pepper erdete alles mit seinen Basslinien, und trotz seiner Krankheit trug er an diesem Tag die Musik mit einer Intensität, die spürbar war. Er bildete eine untrennbare Einheit mit Spencer Luckmans Schlagzeug, das wie ein Herzschlag die gesamte Band zusammenhielt. An ihrer Seite trat Gitarrist Mark Spencer erstmals als Gast auf, nur für ein Stück, doch selbst dieser kurze Moment ließ spüren, dass hier Ende und Anfang sich trafen.

Das Set beginnt mit ´Sleepers´, einem Epos, das sofort die Aufmerksamkeit fesselt. Über dreizehn Minuten hinweg spannt sich ein musikalischer Bogen vom tastenzarten Beginn bis zur monumentalen Explosion, die das ganze Amphitheater erfüllt. Gleich danach steigert ´Empires Never Last´ die Dringlichkeit und vermittelt die Kraft und Dramatik von Aufstieg und Vergänglichkeit auf eine Art, die zugleich bedrängt und begeistert. Mit ´Richelieu’s Prayer´ tauchen GALAHAD tief in ihre frühen Jahre ein, und die Version der Loreley strahlt eine Majestät aus, die der Studioaufnahme von 1991 neue Dimensionen verleiht. Ruhige Passagen bieten Raum zum Atmen, bevor die Band das Stück zu einer kraftvollen Steigerung führt.

Dann folgt ´Bug Eye´, eine zwölfminütige Reise, in der die atmosphärischen Keyboardflächen von Dean Baker den Raum füllen und die Band mit reichlich Electronica Stück für Stück zu einem fiebrigen Höhepunkt treibt. Stu Nicholson und Dean Baker zeigen hier ihre untrennbare Verbindung, die bis heute in Duo-Auftritten erlebbar ist. Mit ´Seize The Day´ öffnet sich die Tür zur Zukunft. Obwohl der Song 2010 noch unveröffentlicht war, wirkt er in diesem Set wie eine selbstverständliche Erweiterung des Programms. Keyboards treiben das Stück nach vorne, während die Gitarren das Stück kraftvoll untermauern, und die Band beweist schon hier, dass sie stets bereit war, Grenzen zu überschreiten und Neues zu wagen.

Zum Abschluss entfaltet ´Termination´ seine volle Wucht. Mit Mark Spencer an der Gitarre wird die Band zur Sechserformation, die den Song wie einen Sturm über das Amphitheater jagt. Stu Nicholson treibt seine Stimme in höchste Höhen, Spencer Luckman hämmert unerbittlich, und Neil Pepper spielt, als wolle er jeden Moment in Klang und Intensität einbrennen. Das Finale wirkt wie ein letzter Triumph und hinterlässt den Hörer atemlos und ergriffen.

Die Band selbst hat später erzählt, dass die Performance nicht makellos war. Kleine Fehler blieben erhalten, doch genau das verleiht dem Album seine Authentizität. Karl Groom hat die Aufnahmen so gemischt, dass alle Emotionen, die rohe Energie und die Leidenschaft der Band erhalten bleiben. Man hört jeden Atemzug, jeden Herzschlag und spürt die physische Präsenz der Musiker auf der Bühne.

´Alive At Loreley´ ist daher ein klingendes Denkmal für Neil Pepper und zeigt eine Band auf der Höhe ihrer Ausdruckskraft. GALAHAD spielen ihre meisterhaften Fähigkeiten aus, melodischen Prog, harte Energie und emotionale Tiefe zu verbinden. Wer dieses Album hört, mit all seinen überraschend episch langen Stücken, steht mitten auf den Stufen des Amphitheaters, sieht die Sonne über dem Rhein glitzern, hört die Gitarren und Stimmen in den Himmel steigen und erkennt, wie lebendig und intensiv diese Musik ist. Fünfzehn Jahre nach der Aufnahme klingt sie immer noch stark, ergreifend und triumphierend und beweist, warum GALAHAD nach vier Jahrzehnten nichts von ihrer Genialität verloren haben.

(9 Punkte)

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