
Wenn in Wien die Sonne untergeht und irgendwo zwischen Donaukanal und Vorstadt plötzlich der Boden zu vibrieren beginnt, dann könnten es TRIPTONUS sein, die einen ihrer magischen Klangmomente heraufbeschwören. Seit über einem Jahrzehnt zieht dieses sechsköpfige Instrumentalkollektiv durch Europas Bühnen und verwandelt Konzerte in fiebrige Klangrituale. Keine Stimme lenkt hier ab, nur pure Schallwellen, die Geschichten erzählen.
´Terra´, ihr neues Werk, ist die logische, aber zugleich überraschend weiträumige Fortsetzung dieser Reise. Fünf Stücke, rund fünfundvierzig Minuten, und Gitarre sowie Bass verschmelzen mit Percussion-Instrumenten wie Djembe, Darbuka und Didgeridoo, während elektronische Texturen aus Samplern und Wavedrum wie glühende Nebelschwaden durch das Geschehen ziehen. Das Ergebnis ist ein schwereloser, aber zugleich erdverbundener Klangkosmos, der Psychedelic Rock, tribale Rhythmen, Progressive-Energie und experimentelle Electronica zu einem wuchernden Ganzen verknüpft.
Der Einstieg ´Sultana´ hält treibende Percussion, Gitarrenfantasien von Clemens Hackmack und Fabian Kummer, kurze Atempausen für Bass und Trommeln, dann plötzlich wieder eruptive Riffs sowie ganz am Ende Max Mayers Didgeridoo parat. ´Discordia´ wirkt dagegen wie ein psychedelischer Trip, in dem Roxanne Szakovich’ Violine sphärisch über feinen Sechssaiter-Linien flirrt. ´Nüwa´ fühlt sich in ekstatischer Aufruhr wie ein taumelnder Tanz auf dem Vulkan an. Breaks, Handtrommeln und ruhige Gitarrenpassagen sorgen für das Besondere. Der Titelsong ´Terra´ schwebt mit den Synthesizern von Lukas Plautz in einem hypnotischen Groove, der letztlich im Wiener Walzer endet. Der Abschluss ´Stroke Trigger´ bündelt die gesamte Energie der Platte, lässt sie in jazzrockige Wirbel und improvisierte Explosionen stürzen, ehe alles ins Nichts zerfällt.
Mit ´Terra´ haben TRIPTONUS ein Klangmonument errichtet. Es atmet, pulsiert und hallt nach, wie eine Naturgewalt, wie Lava in Zeitlupe, schwer und glühend.
(8 Punkte)