
GREEN CARNATION – A Dark Poem, Part I: The Shores Of Melancholia
2025 (Season of Mist) - Stil: Progressive Metal
GREEN CARNATION sind zurück. Mit einem Paukenschlag. Mit ´A Dark Poem, Part I: The Shores Of Melancholia´ schlagen die Norweger ein neues Kapitel auf, das zugleich eine Rückkehr zu alten Stärken und ein mutiger Schritt in die Zukunft ist. Wer die Band kennt, weiß um ihre Geschichte voller Wandel, Pausen und Comebacks. Gegründet Anfang der 90er vom ehemaligen EMPEROR-Bassisten Tchort, haben sich GREEN CARNATION über die Jahre von einer Underground-Formation zum festen Begriff im Progressive Metal gemausert. Ihr Opus Magnum, ´Light Of Day, Day Of Darkness´, ist längst Legende – eine fast einstündige epische Reise durch Dunkelheit und Melancholie. Nach einer längeren Pause und einem fulminanten Wiederaufstieg 2020 fühlt sich ´The Shores Of Melancholia´ wie das sehnlich erwartete Kapitel an, das diese Geschichte weiterschreibt.
Schon der Opener ´As Silence Took You´ greift die melancholische Stimmung auf, die sich wie ein Schatten über das ganze Album legt. Schwere, fast schleppende Bassläufe, klare, eindringliche Gesänge von Kjetil Nordhus und eine fast greifbare Stille, die in den Song einbricht. Langsam nimmt eine sich verstärkende Wirkung jeden Zuhörer gefangen. Eigentlich wartet man nur noch auf den letzten, lauten und hohen Schrei von Kjetil Nordhus, doch der bleibt aus. Mit ´In Your Paradise´ geht es umgehend etwas direkter zur Sache. Eingängige Melodien, kraftvolle Refrains, eine Mischung aus roher Energie und atmosphärischer Dichte, zwischendurch auch einmal ein energischerer Gesang. Der progressive Ansatz bleibt durchgehend spürbar, während die Notenfolgen den Gesang theatralisch umspielen.
Der dritte Siebenminüter in Folge heißt ´Me My Enemy´ und lässt Raum für klassischen Gesang und ein Instrumentenleben im Sinne des Prog und Neo Prog. Es ist eine introspektive Reise, bei der Kjetil Nordhus’ Stimme mit jeder Zeile an Intensität gewinnt. Als Gegengewicht tritt ´The Slave That You Are´ in die Handlung ein, wobei hier die Vergangenheit der Band auf die Gegenwart trifft. Black-metallische Schreiattacken von Grutle Kjellson (ENSLAVED) krachen zerstörerisch herein, um von den klaren und wundervollen Gesangslinien wieder gereinigt abgelöst zu werden.
Der episch schwingende Titeltrack ´The Shores Of Melancholia´ ist wie ein geheimnisvoller Spaziergang durch die bittersüße Schönheit der Finsternis. Melodisch, mit subtilen Keyboards und warmen Gitarrenlinien, bleibt die Atmosphäre schwer und eindringlich. Sie öffnet sich erst im Refrain mit der ihr möglichen Freiheit und Pracht. Den Schlusspunkt setzt ´Too Close To The Flame´, fast zehn Minuten voller dramatischer Höhepunkte und progressiver Wendungen. Der Song reitet in einem würdigen Finale auf einer Welle, mal sanft, mal mit voller Kraft, die besonders in ihren herrlichen Höhepunkten ein großes Versprechen auf die kommenden Teile der Trilogie ist.
GREEN CARNATION gelingt mit ´A Dark Poem, Part I: The Shores Of Melancholia´ das Kunststück, ihre Fans sowohl mit vertrauten Elementen zu beglücken als auch Neugier auf das Kommende zu wecken. Diese Musik ist ein intensives Erlebnis, das nachhallt – so, wie es ein echtes dunkles Gedicht eben tun sollte.
Wer auf atmosphärischen, intelligenten und ehrlichen Progressive Metal steht, wird mit ´The Shores Of Melancholia´ sein Seelenheil finden. GREEN CARNATION sind endlich wieder da – mit einem dunklen Gedicht, das uns noch lange begleiten wird.
(9 Punkte)
https://www.facebook.com/GreenCarnationNorway
(VÖ: 05.09.2025)