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COCHISE – Live Open Ohr Festival 1981

2025 (Sireena Records) - Stil: Politfolkrock

Wenn du den Namen COCHISE hörst, denkst du sofort an Widerstand. Die nach einem Apachen-Häuptling benannte Band war Ende der Siebzigerjahre zur Stimme einer aufmüpfigen Jugend in Westdeutschland geworden. Ihr veröffentlichtes Live-Album von ihrem Auftritt beim “Open Ohr Festival 1981” in Mainz ist ein kraftvolles Zeitzeugnis, das für die unzufriedene Stimmung der damaligen Zeit steht, ganz so wie ein Molotow-Cocktail, der in die tristen Tage der Bonner Republik geworfen wurde.

Die Dortmunder Band war bereits damals auf dem Höhepunkt ihres Schaffens, gerade mal ein paar Jahre nach ihrer Gründung, aber sie hatten sich längst einen festen Platz in der linksalternativen Szene erkämpft. Mit der neuen Besetzung – Pit Budde, Klara Brandi, Günther Holtmann, Martin Buschmann und Tom Kühn – brachten sie eine unglaubliche Energie auf die Bühne. Was hier aufgezeichnet wurde, war eine Art politisches Statement, ein gemeinschaftliches Erlebnis, das den Geist des Aufstands einfing.

Musikalisch waren sie ein wahres Chaos aus akustischem Folk, krächzenden Rock-Gitarren, jazzigen Bläser-Arrangements und einer direkten Rhythmik, die manchmal echt nach den Anfängen des Punk klang. Aber COCHISE waren niemals einfach nur Protestfolk oder Liedermacherei mit Verstärker, sie hatten etwas Eigenes geschaffen. Es klang nach dem Leben in einer linken Wohngemeinschaft, nach Blockaden und einem gemeinsamen Kochen, aber auch nach Poesie und Ernsthaftigkeit. Die Texte erzählten von eigenen Erlebnissen und politischen Themen und gaben der Musik eine bleibende Bedeutung. Egal, ob sie ´Platanen Statt Autobahnen´ spielten oder mit ´Das Anarchistenschwein´ die tristen Zeiten aufs Korn nahmen, es traf immer ins Schwarze.

Auf der Bühne in Mainz waren sie Teil einer Bewegung, die nicht mit oberflächlichen Veränderungen zufrieden war, sondern echte Umwälzungen gefordert hatten. Die Songs aus ihrer Setlist stammten hauptsächlich von den ersten zwei Alben, ´Rauchzeichen´ und ´Wir Werden Leben´, die damals schon längst als Klassiker der alternativen Musik galten. Live klangen die Stücke viel rauer, direkter und erdiger. ´Kannst Du Das Mitansehn´ wurde zu einer direkten Anklage und ´Rolltreppe Abwärts´ zu einem zynischen und gleichzeitig unterhaltsamen Opener. Besonders eindrucksvoll war ´Jetzt Oder Nie, Anarchie´, dieses Lied rief nicht einfach nur nach Umsturz, es verkörperte den Mut zur Utopie.

Und das Publikum, die Leute, waren mittendrin, gaben zustimmendes Geschrei und kollektives Jubeln von sich. Kein Wunder, denn 1981 war ein Jahr voller Aufruhr. Kämpfe um Häuser, Anti-AKW-Proteste, Polizeigewalt und aufkeimende Wut auf das System. COCHISE gehörten zu den wenigen Bands, die aktiv an den Brennpunkten dabei waren. Das ist aus jeder Ansage und aus jedem Ton herauszuhören.

Der Sound der Aufnahme ist roh, aber auch sehr ehrlich. Authentizität steht an erster Stelle und genau das macht ´Live Open Ohr Festival 1981´ zu einem echten Live-Album. Daher ist es mehr als ein nostalgisches Erinnerungsstück aus der Zeit der Anti-AKW-Demos und der Hausbesetzungen, es ist ein musikalischer Ausdruck von Wut gegen Ohnmacht. Denn, wie Pit Budde mal gesagt hat: “Wir waren eine Band aus der Bewegung – für die Bewegung.” Und das kannst du hören. Jede verdammte Minute.

https://www.facebook.com/SireenaRecords/

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