
COSMIC CATHEDRAL – Deep Water
2025 (InsideOutMusic/Sony Music) - Stil: Prog Rock
Stell dir vor, es ist Sommer `79, du sitzt auf einem Boot an der kalifornischen Küste, die Sonne funkelt auf den Wellen und aus den Lautsprechern perlt cooler Yacht Rock – aber auf einmal wird es ein bisschen komplexer mit einem 7/8-Takt. Willkommen bei COSMIC CATHEDRAL. Mit ihrem Debütalbum ´Deep Water´ wagen sich die Herren auf neues musikalisches Terrain – irgendwo zwischen STEELY DAN, YES und Beach-BEATLES mit einem Hauch Jazz.
Das Projekt COSMIC CATHEDRAL wurde von Neal Morse ins Leben gerufen, bekannt durch SPOCK’S BEARD und unzählige andere Formationen. Statt auf alte Bekannte zu setzen, hat er ein neues Team aus erfahrenen Musikern zusammengestellt, die alle über 40 Jahre im Business sind. Chester Thompson, der bekannte Schlagzeuger von GENESIS und WEATHER REPORT, bringt coole, jazzige Grooves mit – ganz anders, als man es von Mike Portnoy kennt. Phil Keaggy, ein talentierter Gitarrist und Sänger, sorgt für die bittersüßen Melodien, die man irgendwo zwischen George Harrison und Pat Metheny einordnen könnte. Byron House, ein versierter Bassist, liefert funkige Wärme und eine Prise Fretless-Charme. Und Neal Morse, der Kopf hinter alle dem, ist natürlich als erfahrener Komponist, Sänger und Keyboarder ohnehin gänzlich ausgelastet.
Im Gegensatz zu Neal Morses sonst eher strukturiertem Stil kam ´Deep Water´ fast nur aus Jam-Sessions zustande. Die Musik klingt dementsprechend hörbar locker und nicht überproduziert. Jerry Guidroz, der jahrelange Engineer und Co-Produzent, hat das Beste aus den vielen Stunden Jam-Material herausgeholt und zu richtigen Songs gemacht.
Gleichwohl weicht die 14-minütige Eröffnungsnummer ´The Heart Of Life´ nicht so sehr vom Neal Morse’schen Kanon ab. Die Botschaft – das Leben pulsiert, unberechenbar und schön – wird von gewohnt komplexen Strukturen und eingängigen Refrains getragen. Doch bereits das eigenständige Gitarrenspiel von Phil Keaggy und der gemeinsame Harmoniegesang mit Neal Morse sorgen für frischen Wind auf der Yacht. Zu den Harmoniegesängen kommen bei völliger Entspannung zur Vollendung des Yacht und Jazz Rock in ´Time To Fly´ noch einige Bläser hinzu. Die gefühlvolle Ballade ´I Won’t Make It´, getragen von Phil Keaggys Gesang, erhält hingegen zur Untermalung einige Streicher. Der Westcoast-Groove von ´Walking In Daylight´ wird sogar von funky Jazz-Rhythmen begleitet.
Doch dann folgt die große musikalische Fahrt, die ´Deep Water Suite´ über 38 Minuten. Inspiriert von Neal Morses persönlicher Vision – als Metapher für den Glaubenssprung und den Mut, das Unbekannte zu wagen, springt er in das tiefe Wasser – wird die in einige Abschnitte unterteilte Suite von den drei Kern-Stücken ´Launch Out´ harmonisch als auch gitarrenknusprig zusammengehalten. Der Abschnitt ´Fires Of The Sunrise´ holt verstärkt die Akustische heraus, ist hell und fast pastoral. Dagegen ist der Abschnitt ´Nightmare In Paradise´ mit groovigen Riffs eher dunkel und fast nachtschwarz. Mit großer Erleichterung wird das Gefühl eines Sonnenaufgangs nach einer stürmischen Nacht im Abschnitt ´New Revelation´ begangen und mit einem emotionalen Ende im finalen Abschnitt ´The Door To Heaven´ der Kreis zur Einleitung geschlossen und die Erlösung gefeiert.
´Deep Water´ ist eine Schallplatte wie eine luxuriöse Yacht mit viel Klasse. Sie glänzt und hat trotzdem genügend Tiefgang. Die Mischung aus Prog, Jazz, Yacht Rock und christlichen Geschichten funktioniert tadellos. COSMIC CATHEDRAL kreieren ihren eigenen Sound im Wellengang mit einem ehrfurchtsvollen als auch sehnsuchtsvollen Blick in die Ferne.
(8,75 Punkte)
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Pic: Chad Hoerner