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ROLAND KIRK QUARTET – Domino (Live at Radio Bremen TV-Studios 1963)

2025 (Moosicus Records/MiG Music) - Stil: Jazz

Roland Kirk war schon als Teenager ein echtes musikalisches Naturtalent. Geboren am 7. August 1935 in Columbus, Ohio, verlor er allerdings im Alter von zwei Jahren durch einen medizinischen Fehler sein Augenlicht. Aber statt sich davon unterkriegen zu lassen, hörte er umso genauer hin und fühlte die Musik intensiver. Klang, Rhythmus und Atem wurden zu seiner Welt. Schon früh hatte er ein unglaubliches Gehör und ein Gespür für Klänge, das ihn zu einem der interessantesten Multiinstrumentalisten im Jazz machte.

Mit 16 Jahren startete er seine Karriere als Musiker und spielte zunächst mit Größen wie Charles Mingus und Quincy Jones. Aber Roland Kirk war nicht der Typ für die zweite Reihe. Er wollte seine eigenen Klangwelten erschaffen und mehrstimmige Saxophon-Improvisationen in Echtzeit machen. In den frühen Sechzigerjahren gründete er eigene Bands, darunter die Vibration Society, und nutzte dabei Techniken, die für andere wie Magie wirkten – wie z.B. Zirkularatmung und das gleichzeitige Spielen auf drei Saxophonen.

In den Sechzigerjahren hatte er schon einige wichtige Platten veröffentlicht – etwa ´Kirk’s Work´ (1961), ´Rip, Rig And Panic´ (1965) und ´The Inflated Tear´ (1967) – und sich einen Ruf als wildes Genie erarbeitet, das Soul Jazz, Hard Bop, Blues und Avantgarde mühelos verband.

Am 30. September 1963 passierte zur passenden Gelegenheit etwas Besonderes: Roland Kirk trat mit seinem Quartett in den Fernsehstudios von Radio Bremen auf – für die Show “Domino”, die frischen Wind ins deutsche Fernsehen brachte. In der kleinen und fokussierten Umgebung des Studios zeigte Kirk seine beeindruckende Kraft. Mit ihm spielten drei großartige Musiker: der Schweizer Pianist George Gruntz, der französische Bassist Guy Pedersen und der Schweizer Schlagzeuger Daniel Humair.

Kirk, oft mit drei Hörnern um den Hals, ließ sein Publikum nicht nur Jazz hören – er ließ es den Jazz fühlen. Seine Versionen von Klassikern wie ´Better Git It In Your Soul´ und ´I Remember Clifford´ waren äußerst lebendig. Auch seine eigenen Stücke wie ´Three In One´ und ´Domino´ zeigten die Weite seines musikalischen Schaffens.

Regie führte ein junger Mike Leckebusch, der mit dieser Show seine TV-Karriere startete – später wurde er bekannt für Formate wie »Beat-Club« und »Musikladen«. Dass die Aufnahmen all die Jahre im Archiv lagen und erst 2025 wiederentdeckt wurden, ist ein Geschenk für die Jazzliebhaber und ein beeindruckendes Zeitdokument von einem Mann, der Musik nicht nur spielte, sondern sie zum Ereignis machte – besonders bei diesem einmaligen Moment in Bremen.

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