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POOBAH – Burning In The Rain: An Anthology

~ 2024 (Ripple Music) – Stil: Hardrock ~


Sie haben bereits den komplett obskuren Underground vor etwa 25 Jahren verlassen, als ihre 70er Musik durch einige Reissues einem jüngeren, nach fettem US Hardrock lechzenden Publikum angeboten wurde. So auch mir Jungspund, damals. Mit 22 hatte ich 1996 eine halblegale CD Pressung von ´US Rock´, ihrem 76er Werk. Das Album war cool, heavy, recht straight und für Freunde straighterer Rocksachen gut geeignet. Danach hab ich ´Let Me In´ 1972 und ´Steamroller´ von 1979 gekauft. 1998 war ich vom Comeback ´Wizard Of Psyche´ etwas enttäuscht, gutes Rockalbum, aber etwas zu frisch klingend. Weiter hab ich sie nie verfolgt.

Hätte ich mal machen sollen, wie mir die jetzt bei „Ripple Music“ erscheinende ´Burning In The Rain – An Anthology´ Zusammenstellung schmerzhaft klar macht. Das wird teuer und nicht leicht. Erstmal die Best Of ranholen und genießen.

Ja, der kauzige Heavy Rock ist auf den Alben ab 1998 etwas frischer und moderner geraten, kann aber immer noch mit dem alten Spirit aufwarten, der die ersten drei Scheiben so geil gemacht hat. Die Songs aus den letzten 20 Jahren sind fantastische Heavyrocker mit mal bluesigem, mal düsterem Feeling, toll gespielt, locker, wie 70s Rock, aber tight auf dem Punkt sitzend.

Dabei sticht die markante, kauzige Stimme von Mastermind Jim Gustafsson heraus. Und neben ihr die ewig jaulenden und brodelnde Leadgitarre. Die ganzen Stücke 2020 bis 2005 zurück, die ersten acht dieser Platte, sind ein einziges Gitarrenbrodeln auf packenden Rhythmen. Die Melodien sind nicht extrem herausragend, aber dafür eindringlich und durch Jims Gesang immer als POOBAH zu identifizieren. Ich liebe seine kleinen Kiekser zwischendrin.

Ein herrlich sinistrer Song ist der 79er Klassiker ´Jump Thru The Golden Ring´ mit einer Gitarrenwand sondergleichen, die in ihrer Intensität die Haut von Deinem Gesicht pellt. Die Leadgitarre über den massiven Riffs und auch mal ohne sie hat beim Durchdrehen viel zu tun. Klassischer Trio Heavy Rock und absolut herausragend. 27 Jahre nach der Entdeckung für mich und 45 Jahre nach Erstveröffentlichung ist der Song noch immer eine der finstersten Hardrockhymnen ever.

Die entspannten Classic Rocker mit Westcoast und Psychedelic Einschlag von der ´Wizard Of Psyche´ haben ihren Weg gemacht, sind gereift und zeigen sich als frische und erdige, wild verspielte und leidenschaftliche Rocker mit immer mal eingestreuten schwebenden Parts.

Und ´2 Faced Liar´ ist sogar ein wenig kräftiger und im Grunde ein auf 80er Heavy Rock Feeling getrimmter 70s Rocker. Schön schmutzig. Nach dem geschmeidigeren 76er Hit ´Keep On Rollin´ kommt wieder POOBAH Heavy Psyche Rock nach 2000. 2004 auf der´Furious Love´ gab es das frivole ´You Give Me Such Pleasure´ und man kann richtig mitfiebern, wenn Jimmy sich musikalisch vergnügt. Intensiv, kochend, betörend, mit geilen Riffs und der ewig brennenden Leadgitarre.

´Mr. Destroyer´ vom 72er ´Let Me In´ Scheibchen haben ja sogar MONSTER MAGNET gecovert, eh eine coole Band. Gehen wir erstmal daran vorbei und schauen auf ´I Want Peace´ von der 2012er ´Peace Farmers´-CD. Ja, wow. Bluesiger, schleppender und schmutziger Heavy Rock, die Gitarre sägend und knurrend, die Riffs durchdringend, aber cool erdig und die Rhythmen spinnen Dich ein, umschlingen Dich und Du wirst tanzen. Wilde Sologitarre inklusive hier. Jim ist ein Shredmaster, aber auch ein leidenschaftlicher Liebkoser, er entlockt der Gitarre verrückte Geräusche und kantige Akkorde.

Es sind oft nicht die Kompositionen an sich, nicht der Stil, in dem Jim seine Songs schreibt. Aber die Performance ist so genial, die Nummern hypnotisieren Dich förmlich. Deswegen braucht man diese Alben. ´Thru These Eyes´ auf Position 15 ist wieder ein lässiger Hardrocksong mit Stadionappeal, Arenarock der 70er, entsprechend auch von 1976 auf ´US Rock´. Gehört für mich zum besten geradlinigen Amihardrock der Mittsiebziger.

Spannend dann nochmal ´Dirty´ von 1998, dreckiger, heißer Heavy Rock. Zum Abschluss das mir unbekannte ´Destination Or Debris´ nicht auf einem der Alben enthalten, eventuell ganz neu, eventuell bisher unreleased. Stilistisch folgt es dem psychedelisch bluesigen Heavy Rock der jüngeren Alben und kann mit Performance und coolen Ideen Punkten.

Kultig und kauzig geht also noch nach 1979. Und POOBAH gehören zu den Allergrößten in ihrem Segment. Kein Wunder, daß Todd von „Ripple“ da zugelangt hat. So klingt neuer Heavyrock am geilsten, frisch und modern, aber mit alter Seele und klassischen Elementen aufgepeppt. Durch die hypnotische Ausstrahlung kann die Band auf jedem Stoner Event die Herzen im Sturm erobern. Aber auch klassische Hardrocker dürfen das hier lieben.

Ich bin begeistert und empfehle die Compilation Neueinsteigern als Orientierung, alten Fans als Auffrischung, „Ripple Music“-Fanatikern als weiteren Sammlungsmeilenstein und Heavy Rock-Liebhabern generell wegen der geilen Musik. Kann man als genialen Schnelldurchgang durch die POOBAH-Geschichte gut in einem Rutsch hören, auch wenn man die ganzen Alben haben sollte.

 

https://www.facebook.com/poobahband


(VÖ: 07.06.2024)