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MARDUK – Memento Mori

~ 2023 (Century Media) – Stil: Black Metal ~


Sie sind ja keine Unbekannten und auch keine Unumstrittenen. Grauzone, Verherrlichung von Krieg, man sagt ihnen so viele Dinge nach. Sie sind in gewissen Kreisen auch nicht wohl gelitten und gerade Zwischenfälle, wie unlängst der Imperatorengruß des sturzbesoffenen Bassisten sind da nicht förderlich, außerhalb ihrer Fanbase größere Sympathien zu erwecken. Aber nun, sie haben Dinge öffentlich in Interviews klargestellt und ich betrachte sie als reingewaschen. Kohlrabenschwarz statt Grau.

Rein musikalisch muss man ihnen aber zugestehen, daß sie stets ihr Ding auf hohem Level durchgezogen haben und jede ihrer Platten etwas reißen konnte. Sie haben die deftigere Seite des schwedischen Blackmetal der 90er bis ins Heute geprägt und sie werden damit nicht aufhören.

Die Gewalt des eröffnenden Titelhiebs ist nicht so roh und nackt, wie man denken könnte. Nach eher epischem Anlauf nimmt das Stück zwar mittendrin Fahrt auf, aber die Riffs von Bandchef Morgan sind sehr präzise und klar strukturiert. Thrash und Doom machen ihre Aufwartung, schöne, einfache Melodiebögen zeigen sich. Aber das ist nur eine anfängliche Illusion.

Mittelschnell drischt dann ´Heart Of The Funeral´ auf uns ein. Tolle Gitarrenmelodien gibt es, die an mittelalterliche Folksongs aus Skandinavien und eventuell dem Baltikum und Russland erinnern. Gemässigte Blastbeats thrashen im weiteren Verlauf des Songs die Seele des Hörers gut durch.

Mit dem Klang einer Schaufel, die ins Erdreich dringt und wohl das Zuschaufeln eines frischen Grabes symbolisieren soll, beginnt das explosive ´Blood Of The Funeral´ und bringt uns genau jene rhythmische Raserei und eruptive Bissigkeit mit leicht chaotischen Zügen, wie wir sie von den Schweden lieben. FUNERAL MIST und TRUMPHATOR Macher Mortuus keift und grantelt mehr als charismatisch und vollkommen angewidert aus den Boxen, dass es eine wahre Freude ist. Bäm!

Was darin an packender Gitarrenarbeit und unmenschlichem Trommeln noch passiert, macht dem Ruf der Schweden alle Ehre. Die Melodien, welche hinter den mächtigen Rasereien mitschwingen, haken sich dabei sogar recht gut in der Seele fest und zementieren den epischen Charakter der Platte. Epic Metal auf Hyperspeed halt. Bei allem Chaos haben selbst die infernalischsten Gitarrenläufe noch Hitcharakter. Sind da Keyboards zu hören? Oder tiefe grollende Trompeten? Immer an bestimmten Punkten eine kurze Fanfare abgebend? Alter, das klingt mächtig. Und diese wie ein aufgescheuchter Wespenschwarm umherschwirrenden Leadgitarren machen Dich kaputt. Dazu das biestige Hassgekotze von Mortuus und Du stirbst tausend Tode.

´Shovel Beats Sceptre´ hat einen coolen Anfang mit pulsierendem Pochen, verzerrten Schlägen auf Metall, wie ein gewaltiger Gong, Glockenklängen und grollendem Schimpfen, welches Befehle darstellen könnte. Ein wogender, pompöser Song entwickelt sich, alles niederwalzend bei relativ entspanntem Drumming. Aber die aggressiven Gitarren reißen es raus und die wiederum einfachen, hymnischen Melodien eingebettet in massive Riffs. Im hinteren Teil kommt nochmal dieser garstige Parolen Schreihals ins Spiel und heizt die zornige Masse an. Und weg ist der Song.

Wer mag nun der im nächsten Stück beschworene ´Charlatan´ sein? MARDUK peitschen sich selbst wieder vorwärts, ohne aber blindwütig zu rasen. So schnell ist diese Nummer nicht, dafür aber wieder ultimativ aggressiv. Hier und da bricht das Schlagzeug in Blastbeats aus, aber man lässt den Trommler lieber wuchtvoll wogen und das Tempo geschickt variieren. Der Bass, wohl noch von Ex-Tieftöner Joel eingespielt, dem Trunkenbold, zaubert zuweilen sehr schöne kleine Läufe zu den massiven Gitarrenwänden. Chapeau.

Warum sie ein Lied ´Coffin Carol´ nennen und wer denn jene Dame aus dem Sarg sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Freude an der Musik jedoch ist gegeben. Flottes Gedresche, nackenbrecherische Riffs, tolle Gitarrenmelodien, Mortuus fieses Gekeife, alles da, was der MARDUK-Banger liebt.

Marschierende Schritte, gegrollte Befehle, einzelne klappernde Bassnoten, cooles Intro. Der Song an sich ist wieder aggressiv, dabei eingängig und treibend, aber nicht ganz so schnell und sehr majestätisch wogend. Auch hier hat sich ein altes Thrash- und Crustcore-Feeling eingeschlichen. Die melodische Harmoniegitarre setzt dunkle, infernalische Tonfolgen auf die schmutzigen, brutalen Riffs.

Ob MARDUK mit diesem Album ihre Fanbase auf andere Bereiche der stählernen Klangkunst erweitern können, sei mal dahingestellt. Aber auch 31 Jahre nach dem Debüt fällt ihnen noch etwas ein, womit sie ihre Fans, dazu zähle ich mich ja auch, glücklich machen können.

Und ich hab mir dieses Album gekauft, goldenes Vinyl, man gönnt sich ja sonst nix.

Auch ´Year Of The Maggot´ bildet keine Ausnahme auf der Platte. Riffs mit Thrashseele, rasende, aber coole Beats, wüstes Gekeife, was man so kennt und liebt. ´Red Tree Of Blood´ schließt sich an. Und bei allem Festklammern an den Genretraditionen, die Riffs sind es, welche den Song und im Grunde alle Speedbrecher des Albums in die Champions League katapultieren.

Im Grunde labere ich viel über die Songs und Ihr da draußen wisst eh, was Ihr bekommt. MARDUK haben natürlich dieses biestige Element an sich, die Atmosphäre der absoluten Garstigkeit und des Andersweltlichen. Ohne diesen Aspekt funktioniert Black Metal nicht und Black Metal waren Sie, sind sie und bleiben sie.

Auch wenn es nicht nur eine einzige Band gibt, die sich die „ROLLING STONES“ des Black Metal nennen darf, also eine lang stehende und auch nach 30 Jahren und mehr noch saftige Einheit, die Qualität abliefert, so würde ich MARDUK als unaufhaltsam fleißige Arbeitstiere genau dort einordnen. Man weiß, was für Musik man von ihnen bekommt, aber auch die neuen Songs sind immer wieder geil.

2023 sind MARDUK eine Bastion des Heavy Metal, Black Metal und Thrash Metal, unbeugsam, abseitig positioniert und musikalisch absolut integer. Pure Liebe vom SIR LORD DOOM für dieses Stahlfest!

(9 Punkte)

 

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