PlattenkritikenPressfrisch

WO FAT – The Singularity

~ 2022 (Ripple Music) – Stil: Psychedelic Stoner Rock ~


Mathematisch gesehen, ist eine Singularität eine Definitionslücke innerhalb eines Lösungsraums, bei der das Ergebnis einer Funktion gegen unendlich strebt. Als technische Singularität wird in der Zukunftsforschung der Zeitpunkt bezeichnet, an dem eine künstliche Intelligenz so schnell dazu lernt und sich so schnell weiterentwickelt, dass Menschen diese Entwicklung nicht mehr nachvollziehen können. Diese KI wäre somit die letzte Erfindung, die die Menschheit machen würde, womit unsere Zukunft nach diesem Ereignis nicht mehr definiert, also nicht mehr vorhersehbar wäre. Genau dieser Moment wird von WO FAT bereits in den ersten Zeilen des Titelstück beschrieben:

She passed the turing test, self aware!
Now you think it’s your friend
Super-intelligence awoken, source code rewritten
No longer beholden
Deceived into opening the box
Behind us, Rubicon crossed
Humans, such soft targets
Set free! Now it’s time to panic

Die KI ist nicht mehr von einem Menschen zu unterscheiden (siehe „Turing Test“). Die Menschheit hat, wie einst Cäsar, den Rubicon überschritten. Es gibt nun kein Zurück mehr. Die Singularität ist erreicht!!

Aber auch eine astronomische Singularität, das Synonym für ein Schwarzes Loch, wäre durchaus passend gewesen, um die Musik von WO FAT zu umschreiben. Zwar bewegt sich die von einem klassischen Trio, bestehend aus Gesang und Gitarre (Kent Stump), Schlagzeug (Michael Walter) und Bass (Zack Busby), gespielte Musik von WO FAT in dem definierten Rahmen, den ihr das Genre des mit Doom-Komponenten angereicherten psychedelischen Stoner Rock bietet, weitet diese Grenzen aber bis jenseits des Ereignishorizontes aus, in welchem die Naturgesetze wie wir sie aus unserem Alltag kennen nicht mehr gelten und Begriffe wie Masse, Raum und Zeit nicht mehr definiert sind.

 

 

Die bereits 2003 in Dallas gegründeten WO FAT haben nämlich mit ´The Singularity´ ein alles zermalmendes Soundmonster erschaffen, dessen Intensität und Anziehungskraft in ihrem Genre ihresgleichen sucht. Während Michael Walter und der erstmals auf diesem Album in Erscheinung tretende Zack Busby ein massives Fundament legen, sorgt Kent Stump für einen wahren Tropensturm an Riffs, deren Schwere sich stellenweise tatsächlich dem Unendlichen nähert. Wie in einem Schwarzen Loch verliert auch der Faktor Zeit zwischen diesen Doom-Stoner-Riffs, melodischen, oftmals bluesigen Gitarrensoli und manchmal sogar mit funkigen Einsprengsel garnierten Grooves, seine Bedeutung. Mit enormer Spielfreude wird gejammed was das Zeug hält und Erinnerungen an legendäre und schon fast vergessene Bands aus grauer Vorzeit, wie beispielweise der ALLMAN BROTHERS BAND und den GRATEFUL DEAD, werden geweckt. Dabei muss im Hinterkopf behalten werden, dass nicht mehrere Gitarren, sondern nur die eine von Kent Stump bediente zum Einsatz kommt, die dafür aber in allen Klangfarben und mit vielfältigen Effekten, vom WahWah bis zum Fuzz, eingesetzt wird. Dabei tritt die Liebe zur Musik von Jimi Hendrix, die ich mit ihm teile, in seinem Gitarrenspiel deutlich zu Tage. Nicht von ungefähr haben WO FAT bereits zu einigen Jimi Hendrix Tribut-Samplern ihren Beitrag geleistet.  Selbstredend lässt man sich für diese Kompositionen ausgiebig Zeit, wodurch keines der sieben Stücke unter 7:42 Minuten bleibt und das gesamte Album eine stolze Laufzeit von knapp unter 76 Minuten aufweist.

Gesungen wird zwar auch, aber da Kent mit seiner Stimme eher unspektakulär agiert, steht der Gesang bei Wo FAT nicht im Vordergrund. Tatsächlich existiert, auch wenn es einem nach dem ersten Durchlauf zunächst anders vorkommen mag, nur ein einziges Instrumentalstück auf der Scheibe. Dieses ist dann aber auch mit sechzehneinhalb Minuten der längste Song darauf und bildet den Abschluss dieses epochalen Werkes…und was für einen. Ich habe das Album bestimmt bereits zehn Mal gehört und verharre jedes Mal, auch noch lange nachdem der letzte Ton bereits verklungen ist, weiterhin in andächtiger Trance.

´The Singularity‘ ist bereits das siebte Studioalbum von WO FAT, aber da von der Band in den letzten sechs Jahren kein Lebenszeichen zu vernehmen war, konnte man mit einem derartig starken Output kaum rechnen…oder gerade deshalb?
Ich freue mich jetzt also erstmal über dieses Album und kann die nächste Tour, die hoffentlich wieder in meiner Nähe vorbeiführt, kaum abwarten.

In der Zwischenzeit werde ich dieses gewaltige Album weiterhin genießen und vergebe großartige

9 Punkte

 

 

´The Singularity´ kann als Doppel-LP in schwarzem Vinyl, aber auch in einer limitierten farbigen Version erworben werden, von der es 250 Exemplare in gelb-rot mit schwarzen Splatter gibt. Daneben kann man das Album auch als limitiertes Digipak-CD und natürlich auch digital erwerben.

WO FAT sind:
Kent Stump – Gitarre und Gesang
Michael Walter – Schlagzeug
Zack Busby – Bass

http://www.wofat.net/
https://www.facebook.com/wofatriffage/
https://wofat.bandcamp.com/
https://ripplemusic.bandcamp.com/album/the-singularity